Bei den Halogenwasserstoffen würde man erwarten, dass die Säurestärke innerhalb der Hauptgruppe von oben nach unten abnimmt, d.h. HF>HCl>HBr>HI . Das ist damit zu begründen, dass die Elektronegativität innerhalb der Hauptgruppe abnimmt. F ist beispielsweise elektronegativer als Br. Die F-H Bindung ist somit stärker polarisiert als die Br-H Bindung, womit das Proton leichter abgespalten werden kann. Allerdings ist es so, dass die Säurestärke von oben nach unten zu nimmt. Das liegt daran, dass die Atomgröße innerhalb der Hauptgruppe von oben nach unten zunimmt. Dadurch kann die negative Ladung des Säurerestes (F-, Cl-, Br-, I-) besserer stabilisiert werden, da sie sich besser "verteilen" kann. Die entstehenden Anionen bei der Protolyse sind also stabiler, weshalb das Proton bereitwilliger abgespalten wird. Außerdem ist die Überlappung der Orbitale zwischen dem H und dem Halogen aufgrund der Größe schlechter.
Bei den Bortrihalogeniden würde man ebenfalls denken, dass die Stärke von oben nach unten zu nimmt, da das Boratom stärker polarisiert wird und besser von der Lewis-Base mit dem freien Elektronenpaar angegriffen werden kann. In der Realität ist es allerdings andersrum. Das Boratom weist ein freies p-Orbital auf, weshalb es schließlich eine Lewis-Säure ist. Die Halogene, die an das Bor gebunden sind, besitzen freie Elektronenpaare. Da die Größe der Orbitale in der Hauptgruppe von oben nach unten zunimmt, kann das Fluoratom mit seinen vollbesetzen Orbitalen besser mit dem freien p-Orbital des Bors wechselwirken als ein Chlor, Brom oder Iod. Die Orbitale des Bors und des Fluors haben eine ähnlichere Größe als die der anderen Halogen. Je größer die Orbitale sind, desto schlechter ist diese Wechselwirkung. Diese Wechselwirkung verschlechtert die Lewis-Acidität, da das p-Orbital, die Elektronenlücke, somit "besetzt" wird.

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