Mit einer entsprechenden Thematik setzt sich Sokrates in den Dialogen Menon, Phaidon und Phaidros auseinander. Schau vielleicht dort mal nach.
Wenn Du vorher Einsicht in alle Flugdaten hattest und trotzdem zugestimmt hast, dann wirst Du nicht viel machen können...
Karl Marx würde im Grab rotieren? Das glaub ich kaum. Schauen wir doch mal kurz ins Kommunistische Manifest und gleichen es mit der angeblich nicht-marxistischen Realität des Ostblocks ab.
Marx meint am Ende des zweiten Teils, nach der Revolution soll auf despotische Weise in das Wirtschaftssystem eingegriffen werden, was zu ökonomischer Misere führen wird ("Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen"). Diese Maßregeln fasst er in einem Zehnpunkteprogramm zusammen, das folgendermaßen aussieht:
- Expropriation des Grundeigentums und Verwendung der Grundrente zu Staatsausgaben.
- Starke Progressivsteuer.
- Abschaffung des Erbrechts.
- Konfiskation des Eigentums aller Emigranten und Rebellen.
- Zentralisation des Kredits in den Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol.
- Zentralisation des Transportwesens in den Händen des Staats.
- Vermehrung der Nationalfabriken, Produktionsinstrumente, Urbarmachung und Verbesserung aller Ländereien nach einem gemeinschaftlichen Plan.
- Gleicher Arbeitszwang für alle, Errichtung industrieller Armeen, besonders für den Ackerbau.
- Vereinigung des Betriebs von Ackerbau und Industrie, Hinwirken auf die allmähliche Beseitigung des Unterschieds von Stadt und Land.
- Öffentliche und unentgeltliche Erziehung aller Kinder. Beseitigung der Fabrikarbeit der Kinder in ihrer heutigen Form. Vereinigung der Erziehung mit der materiellen Produktion usw.
Das ist zu großen Teilen genau das, was z.B. die DDR gemacht hat - mit genau den Folgen, die Marx prophezeit hat. Bloß hat Marx gehofft, dass diese Misere "im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreib[t]" und dann dem Kommunismus die Bahn bricht. Das heißt, die Maßnahmen der DDR sind von Marx so empfohlen, bloß die Folgen haben sich halt nicht eingestellt - wohl deshalb weil Marx falsch lag.
Ähnliche gilt für die Rolle der Partei. Auch die wird im Manifest beschrieben:
"Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus."
Die Kommunisten sind als diejenigen, welche die historischen Entwicklungsgesetze kennen. Sie sind die Avantgarde, der es zu folgen gilt, denn im Unterschied zu allen anderen Arbeiterparteien, haben sie Einsicht in den Geschichtsprozess und sind daher befähigt "das Interesse der Gesamtbewegung" zu vertreten. Allen anderen Arbeiterparteien fehlt diese Befähigung, weshalb sie sich auf Dauer den Kommunisten unterordnen müssen. Damit hat die Partei den absoluten Führungsanspruch inne. Entsprechend ist Marx mit oppositionellen Stimmen innerhalb der Internationalen umgegangen, wie er an Friedrich Bolte schreibt: "Und die Geschichte der Internationalen war ein fortwährender Kampf des Generalrats gegen die Sekten und Amateurversuche, die sich gegen die wirkliche Bewegung der Arbeiterklasse innerhalb der Internationalen selbst zu behaupten suchten." Hier ist nicht nur das Wahrheitsmonopol der Kommunistischen Partei vorweggenommen (eine Kirche, die gegen Häresien kämpft), sondern auch die Tendenz der Kommunisten, zuerst gegen andere Arbeiterparteien zu kämpfen - siehe z.B. die Bekämpfung der Sozialdemokraten in der Weimarer Republik (anstatt sich gegen die Nazis zu verbünden).
Abschließend aber nicht erschöpfend noch einen Blick darauf, was Marx von Sozialreformen gehalten hat. Man schaue dazu in die Ökonomisch-philosophischen Manuskripte. Dort heißt es: "Eine gewaltsame Erhöhung des Arbeitslohns (von allen andren Schwierigkeiten abgesehn, abgesehn davon, daß sie als eine Anomalie auch nur gewaltsam aufrechtzuerhalten wäre) wäre also nichts als eine bessere Salairierung der Sklaven und hatte weder dem Arbeiter noch der Arbeit ihre menschliche Bestimmung und Würde erobert."
Marx war gegen eine Erhöhung der Löhne, weil dies erstens die Entfremdung des Menschen nicht aufhebt. Diese Entfremdung kann nur durch die Revolution aufgehoben werden, welche zweitens durch Lohnerhöhungen bloß verzögert wird. Es ist daher also gut, dass es dem Proletariat schlecht geht: "Auf diese absolute Armut mußte das menschliche Wesen reduziert werden, damit es seinen innern Reichtum aus sich herausgebäre."
Die Revolution selbst ist im Übrigen auch keine bloße Reform, wie die Deutsche Ideologie zeigt: "Der heilige Kirchenvater wird sich doch sehr wundern, wenn der jüngste Tag, an dem sich dies alles erfüllet, hereinbricht - ein Tag, dessen Morgenrot der Widerschein brennender Städte am Himmel ist, wenn unter diesen "himmlischen Harmonien" die Melodie der Marseillaise und Carmagnole mit obligatem Kanonendonner an sein Ohr hallt, und die Guillotine dazu den Takt schlägt; wenn die verruchte "Masse" ca ira, ca ira brüllt und das "Selbstbewusstsein" vermittelst der Laterne aufhebt."
Im letzten Halbsatz natürlich der Hinweis, dass man die Idealisten, gegen welche sich Marx so vehement wehrt, am Ende aufhängen wird...
Insgesamt glaube ich nicht, dass die Realität allzuweit von Marx entfernt war... Jene machtgeilen Politiker, von denen in der Frage gesprochen wird, haben ihren Marx sogar recht gut gekannt...
Falls es jemanden interessiert oder es jemand brauchen kann: Ich habe die Koranstelle gefunden. Es handelt sich um Sure 4,160f: "(Wegen all dieser Vergehen) und weil von seiten derer, die dem Judentum angehören, gefrevelt wurde, haben wir ihnen gute Dinge verboten, die ihnen (an sich) erlaubt waren, und (deswegen) weil sie viele vom Weg Gottes abhielten (...)"