Was fällt alles unter Seelsorge?

Hallo,

es geht um folgendes Anliegen bei dem ich Rat suche:

Mein Bruder und der Großteil meiner Familie ist tief in der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas verankert. Bei unserem letzten Gespräch, dessen Thema unter anderem die "2-Zeugen-Regel" im Missbrauchsfall war, erzählte er mir, dass er eine Frau betreut, welche sexuellem Missbrauch innerhalb der Gemeinschaft zum Opfer gefallen ist. Das Gespräch kam zustande, da ich immer wieder von Familienmitgliedern angehalten werde, meiner Tochter (13) doch ein "Bibelstudium" zu erlauben. Ich habe auch 2 Älteste beim letzten Besuch zu diesem Sachverhalt angesprochen, die mir dazu allerdings keine Auskunft erteilen wollen.

Ich fühle mich sehr unwohl mit diesem Wissen, da ich der Überzeugung bin, dass derartige Fälle zur Anzeige gebracht und nicht von Laien ohne jegliche Ausbildung gehandhabt werden sollten.

Ich erinnere mich, wie ich im Rahmen meiner Tätigkeit einen Auftrag für ein Communityportal mit dem Thema Partnersuche programmiert habe und ich für die Betreiber dann einige Funktionen wieder entfernen musste, da diese nach rechtlicher Beratung festgestellt hatten, das manches der "Lebensberatung" zuzurechnen gewesen wäre und sie für dieses keine Berechtigung hatten.

Da mein Bruder auch keine Ausbildung in nur annähernder Form hat und auch kein "Ältester" ist, vermute ich, dass dies auch nicht im Rahmen der Seelsorge geführt werden kann.

Weitere Stellungnahmen dazu zu erhalten, scheint ausgeschlossen, da mein Bruder den Kontakt zu mir abgebrochen hat und mich auch nicht mehr grüßt. Dies sei "seine persönliche Entscheidung, mich in Zukunft zu meiden" (Zitat der Ältesten). Dass mein Bruder das Opfer nicht ermutigt hat und es auch nicht machen wird, den Fall an die Behörden weiterzuleiten, ist nach der derzeitigen Informationslage mit großer Sicherheit anzunehmen.

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Vielen Dank für die ausführlichen Antworten und Ratschläge.

Zwischenzeitlich habe ich Kontakt zu verschiedenen Stellen aufgenommen. Offenbar ist die Problematik derartiger Fälle bekannt, jedoch könne nichts weiter unternommen werden. Auch eine Anzeige führe zu nichts, da dies das Opfer selbst machen müsse. (Tatsächlich musste ich schon am eigenen Leib erfahren, dass die Polizei bei uns erst aktiv wird, wird ein Rechtsanwalt eingeschalten.)

Schockiert über diese Auskünfte, ist es mir gelungen, dass ein Kontakt aus der Versammlung meinen Bruder nochmal darauf ansprach und dieser teilte mir mit, "ich hätte da etwas falsch verstanden. Er würde lediglich eine Frau kennen, deren Fall behandelt wurde."

Nun weiß ich, dass ich mich nicht verhört habe und mein Bruder ein, hmm wie soll ich sagen, Egoproblem schon immer hatte und da mir nun auch bekannt ist, dass nur Älteste solche Fälle behandeln, so denke ich, dass er mir dies nur "aus der Not" heraus gesagt haben könnte.

Auch dachte ich, Zeugen Jehovas dürfen niemals lügen. Nun laß ich, dass Außenstehenden nicht immer die Wahrheit gesagt werden müsse und sich dies "theokratische Kriegslist" nennt. Vielleicht mag mir noch ein "Insider" erläutern, was das zu bedeuten hat? Vielen Dank nochmals.

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