Beziehung zwischen Deutscher und Syrer?
Hallo zusammen,
ich würde gerne eure Meinung zu meiner aktuellen Beziehung hören. Ich habe meinen Freund im Wohnheim von meiner Berufsschule kennengelernt, als ich gerade ausgezogen bin – wir haben beide die Erzieherausbildung an derselben Schule gemacht. Er ist 26 Jahre alt, lebt seit 11 Jahren in Deutschland, ich bin 20.
Seine Mutter und Schwester (Vater leider verstorben) wissen, dass wir uns kennenlernen, und er hat sogar ein Foto von mir gezeigt. Außerdem hat mir seine Schwester, die nach Deutschland geflüchtet ist, ein kleines Geschenk seiner Mutter übergeben: darauf stand mein Name auf Arabisch mit Herzen drumherum – ein liebevolles Detail, das mir viel bedeutet hat.
Wir sind seit zwei Wochen zusammen, also noch frisch. Er ist sehr respektvoll und aufmerksam, wir unternehmen viel zusammen und sind insgesamt glücklich.
Allerdings gibt es auch ein paar Schwierigkeiten. Er ist islamisch aufgewachsen, hat sich aber selbst nicht für den Glauben entschieden. Er ist zwar in gewisser Weise gläubig, aber nicht streng religiös, fastet z. B. selten zu Ramadan. Religion ist für uns kein Problem (ich bin christlich aufgewachsen, habe mich aber ebenfalls dagegen entschieden), unsere Kulturen führen jedoch manchmal zu Konflikten.
Er tut sich schwer damit, dass ich männliche Freunde habe, und manchmal gibt es Diskussionen über Kleidung. Ich gehe ihm dabei sehr entgegen – ich trage keine engen Kleider oder ausgeschnittenen Sachen mehr und habe meinen Kontakt auf meinen besten Freund beschränkt, der zwar Gefühle für mich hat, die Situation aber respektiert. Wir sind seit acht Jahren befreundet und er ist für mich wie ein Bruder, weshalb ich die Freundschaft nicht beenden möchte.
Wir hatten uns vor unserer Beziehung darauf geeinigt, dass er diese Freundschaft akzeptiert, solange ich keine neuen Freundschaften zu Männern eingehe und er meinen besten Freund kennenlernen kann. Jetzt kam allerdings das Problem: Was, wenn mein bester Freund ihn nicht kennenlernen will? Für ihn wäre es vielleicht schmerzhaft, mich mit einem anderen Mann zu sehen. Mein Freund meinte, dass unsere Abmachung so nicht erfüllt sei und er es dann schwer akzeptieren könne. Das führte zu einer großen, aber respektvollen Diskussion, bei der ich auch geweint habe. Weil er gesehen hat, wie sehr es mich verletzt, sagte er schließlich, dass er es versuchen würde, damit klarzukommen, falls mein bester Freund ihn nicht kennenlernen möchte.
Vor diesem Gespräch gab es schon eine Situation: Ich schrieb ihm, dass ich mich am Wochenende gern einen Tag mit meinem Kumpel treffen würde und fragte, ob Freitag oder Sonntag besser passt. Er fragte nur, warum wir uns überhaupt treffen wollen. Ich erklärte, dass man als Freunde eben auch mal etwas unternimmt. Dann wollte er wissen, wann wir uns zuletzt gesehen haben – ich sagte vor einem Monat. Er meinte darauf: „Da kannten wir uns schon. Und du hast mir nichts gesagt.“ Das empfand ich als Vorwurf. Ich erklärte, dass ich es ihm erzählt hatte, er es aber wohl vergessen hat. Zwei Tage später haben wir die Sache persönlich geklärt.
Was ihn ebenfalls stört, ist, dass mein Kumpel noch nichts von unserer Beziehung weiß. Ich habe es meinen anderen Freunden und meiner Familie erzählt, obwohl ich dachte, dass meine Familie – besonders mein Vater – sehr kritisch reagieren würde. Ich wollte mich zuerst darauf konzentrieren und unsere Anfangszeit genießen, weil unsere Kennlernphase schon viele ernste Gespräche enthielt. So ganz akzeptieren konnte er das aber nicht.
Von seinen Freunden kenne ich 1–2 bereits, die ich vom Wohnheim kenne. Seine Familie weiß wie gesagt von mir, aber nicht, dass wir zusammen sind, weil seine Mutter und Schwester Beziehungen vor der Ehe nicht kennen. Sie hätten nichts gegen eine nicht-arabische Partnerin, wollen nur, dass er glücklich ist.
Mein Freund hat keinen deutschen Pass, aber eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Er möchte nicht nach Syrien zurück, könnte sich aber vorstellen, irgendwann auszuwandern. Kleidungsmäßig habe ich mich sehr an ihn angepasst, bleibe mir selbst aber treu – z. B. würde ich nie ein Kopftuch tragen, was er auch nie verlangen würde. Im Gegenteil, er findet, man sollte sich dem Land, in dem man lebt, anpassen.
Er ist sehr lieb, eher extrovertiert, aber absolut nicht aggressiv, auch nicht in Streitsituationen. Gewalt lehnt er stark ab. In Dingen wie Haushalt und Arbeit denkt er modern. Er zeigt mir oft, wie gern er mich hat, nimmt mich zu Unternehmungen mit und stellt mich seinen Freunden vor.
Da alle aus dem Wohnheim ausziehen mussten und ich mir nichts anderes leisten konnte, bin ich nach zwei Jahren allein lebend wieder zu meinen Eltern gezogen. Er weiß, dass ich mich mit meinem Vater nicht immer gut verstehe und bot mir sogar an, zu ihm zu ziehen, aber ich habe abgelehnt, weil ich mit dem Zusammenziehen noch warten möchte.
In vier Wochen wird er dann zum ersten Mal meine Familie treffen.
P.s. Mein bester Freund weiß jetzt von uns, ich werde ihn also auch um das Kennenlernen bitten.