Noch ein Antwortversuch von mir, Vera, weil ich sehe, wie ernsthaft Du Dir Gedanken machst.
(1) Bildungsforschung ist ein winziger Teil der Pädagogik. Zur Pädagogik gehören zum Beispiel auch alle Fachdidaktiken. Die arbeiten daran, wie man ganz konkreten Stoff besser vermitteln kann. M.E. vielseitiger, interessanter und produktiver als was die quantitative empirische Bildungsforschung produziert. Meine vorige Antwort war zynisch formuliert, aber völlig wörtlich gemeint: lies erstmal tausend Seiten PISA-Reports, dann wird Deine Begeisterung für diesen speziellen Forschungszweig mit ziemlicher Sicherheit verfliegen. Dann lies zum Vergleich mal, was Jahnke, Meyerhöfer und Wuttke gegen PISA schreiben: wieviel bessere wissenschaftliche Prosa, wieviel tiefere Argumente. Diese Kritiker haben Mathematik oder Physik studiert und sich erst ad hoc in die Methodik von PISA eingearbeitet - durchblicken sie aber gründlicher als so mancher hauptberufliche Bildungsforscher, der aus der Pädagogik kommt und sowohl den Untersuchungsgegenstand (die Schulmathematik) als auch die Untersuchungsmethodik (sehr spezielle statistische Verfahren) nur oberflächlich versteht.
(2) Schön, dass Du in die Forschung willst. Wenn Du Dir das zutraust und bereit bist, Opfer zu bringen (Verzicht auf Freizeit, jahrzehntelange berufliche Unsicherheit, gnadenlose Rivalitätskämpfe, geographische Flexibilität, notfalls Auswanderung), dann wirst Du es schaffen. Aber dann lege Dein Studium möglichst breit an. Wenn Du Dich in zehn Jahren auf eine Juniorprofessur bewirbst, wird das Thema PISA hoffnungslos außer Mode sein. Wenn Du Dich von meinen kritischen Bemerkungen nicht davon abbringen lässt, Forschung im Stil von PISA interessant zu finden, dann beginne in aller Breite Soziologie, Psychologie und Statistik zu studieren, arbeite in den Semesterferien an verschiedenen Lehrstühlen und suche Dir für den Master einen erstklassigen Professor in einem neueren, aufstrebenden Forschungsgebiet.