Ja, Richter sind unterbezahlt und sollten mehr verdienen

Der Beruf des Richters ist mit hohen Einstiegshürden und einem exorbitanten Maß an Verantwortung verbunden. Jeder Richter muss zuerst die Hochschulreife erlangen und dann ein rechtswissenschaftliches Studium absolvieren, wobei er in Deutschland noch Bestnoten braucht, um diesen Beruf ergreifen zu dürfen. Leute mit derartigen Qualifikationen schaffen es in der Privatwirtschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit, sich ein beträchtliches Vermögen anzuhäufen. Die Gesellschaft braucht aber, wenn sie das Rechtsschutzsystem des GG aufrechterhalten will, unbedingt Richter. Sie halten (freilich gemeinsam mit anderen, wie etwa Polizei, Staatsanwaltschaft, Verwaltung und auch der Privatwirtschaft) das alltägliche Geschäftsleben in Gang (was bringen Verträge, wenn man ihre Erfüllung nicht einklagen kann?), schützen die Gesellschaft vor gefährlichen Straftätern und kontrollieren als Verwaltungsrichter unabhängig die entweder politisch besetzte oder an die Weisungen von Politikern gebundene Verwaltung.

Bei solch niedrigen Gehältern wie heute sollte man froh sein, dass sie sich trotzdem für eine Karriere als Richter entscheiden, ist es doch ein Beruf, auf den die Gesellschaft in einem Rechtsstaat von modernem Rechtsstaatsverständnis, wie ihn sich viele Wünschen, unentbehrlich für die Gesellschaft ist.

Besonders zur "Rekrutierung" von geeigneten Leuten ist noch, ohne irgendjemandem etwas unterstellen zu wollen, anzumerken, dass bei viel zu niedriger Besoldung meines Erachtens auch das Risiko steigen dürfte, Leute anzulocken, die den Beruf aus den falschen Beweggründen ergreifen. Nicht das Geld der einzige Beweggrund wäre, gehört zum Richtersein auch viel Leidenschaft für die Lösung komplexer juristischer Probleme, dennoch ist mit dem Beruf auch ein nicht unerhebliches Maß an Macht verbunden. D.h., dass es womöglich Leute gibt, die von der Macht angelockt und deswegen Richter werden (diese Neigung ist natürlich mit einem gewissen Risiko verbunden, das Recht zu beugen), während andere, für die dies keinen Pull-Faktor darstellt, ihre juristische Leidenschaft lieber in anderen Berufen ausleben.

Man sollte also aus gleich mehreren Gründen dringend besser bezahlen, einerseits aus Respekt vor dieser teils sehr anstrengenden und verantwortungsvollen Arbeit, andererseits aber auch, um künftig weiter überhaupt genug und charakterlich geeignete Leute zu haben, die diesen Beruf ergreifen wollen.

PS: Ich selbst bin weder Richter noch sind es meine Eltern/Großeltern. Ich will zwar mal Jurist werden, strebe selbst aber eine anwaltliche und/oder notarielle Karriere an. Des Weiteren soll mein Beitrag nicht als pauschales Lob gegenüber allen verstanden werden, die derzeit als Richter tätig sind. Durch mein Studium (in dem ich mich gerade befinde) weiß ich, dass viele Gerichte das Recht schon äußerst fragwürdig interpretiert haben, um auf die von ihnen gewünschten Ergebnisse zu kommen und das hohe Vertrauen, dass der Staat und die Gesellschaft in die Richterschaft legt, leider nicht selten von schwarzen Schafen, die es aber bis in die höchsten Instanzen geschafft haben, enttäuscht wird, teils vorsätzlich, teils wirklich unter Verkennen der Rechtslage. Dennoch sollte man zwei Fehler nie machen:

  1. Von Negativbeispielen auf einen ganzen Berufsstand schließen.
  2. Die Richter in Fällen, in denen sie das Gesetz angewendet haben, für "ungerechte Urteile" kritisieren und somit aus den Augen verlieren, dass es eben nicht Aufgabe des Richters ist, Recht zu schaffen, sondern es umzusetzen. Wer mit ausdrücklich gesetzlich festgelegten Bestimmungen ein Problem hat, soll sich immer an den Gesetzgeber wenden bzw. am demokratischen Diskurs beteiligen, nicht aber den Richter kritisieren, der aufgrund seiner Gesetzesbindung so oder so urteilen musste, selbst, wenn es seinem eigenen Gerechtigkeitsempfinden widersprach, Art. 20 Abs. 3 GG, § 2 GVG. (passt vielleicht nicht ganz zum Thema, ist aber teils in Teilen der Gesellschaft zu beobachten)
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