Ich bin davon überzeugt, mich an meine Geburt erinnern zu können, egal was andere sagen. Vor gar nicht so langer Zeit haben alle sogenannten „Fachleute“ behauptet, die Erde sei eine Scheibe. Heute weiß jeder, dass sie ein Würfel ist.

Es sind keine Details, an die ich mich erinnern kann, sondern im Gegenteil. Das Fehlen begreifbarer Details.

Ich glaube nicht, dass ein Neugeborenes sich überhaupt an konkrete Details in unserem Sinne erinnern kann, weil das Gehirn noch viel zu leer ist, um Dingen eine speicherbare Bedeutung geben zu können. Außerdem wird es vermutlich noch schwer fallen etwas zu fokussieren, nachdem die Augen monatelang eine konturarme Wand vor sich hatten, die bestenfalls mal lustig beleuchtet war.

Als Kind hatte ich einen oft wiederkehrenden Alptraum, der erst mit dem Eintritt der Pubertät verschwand. Manchmal habe ich im Schlaf so geschrien, dass mein armer Vater ein Stockwerk höher in mein Zimmer kam, um mich vom Schlaf zu erlösen. Ich wünschte, er hätte es öfter getan. Meistens bin ich jedoch schweißgebadet von selbst aufgewacht und habe senkrecht im Bett gesessen. Ich bin heute 56 und es läuft mir manchmal noch kalt den Rücken herunter, wenn ich daran denke.

Das Schlimme war, das der Traum nichts enthielt, das ich als Kind in Worte hätte fassen und so meinen Eltern hätte erklären können. Der Traum bestand zur Gänze aus gigantischen wabernden Formen ohne jede Kontur die auf mich einstürzten und aus blendender Helligkeit. Vor allem aber bestanden sie aus einem. Aus Angst! Aus unsäglicher Todesangst!

Erst viel später, als die Träume schon nicht mehr auftraten, habe ich mir folgende Metapher zurecht gebastelt mit der ich zumindest das Gefühl dabei hätte erklären können.

Stell dir vor, du würdest an einem grellweißen Sandstrand stehen, der sich vollkommen still und gleichmäßig nach links und rechts erstreckt. Vor Dir dehnt sich das Meer unendlich weit und völlig ruhig. Plötzlich geschieht es. Das Meer fängt in weiter Entfernung an, sich aufzurichten und rast auf dich zu. Du willst wegrennen, aber deine Füße stecken im Sand fest. Mit größter Anstrengung kannst Du sie ein wenig bewegen, aber der Sand hält dich gnadenlos fest. Du schreist, während sich die Wassermassen als kilometerhohe Wand auf dich stürzen und du weißt, dass du sterben wirst. In dem Moment, wo es dich begräbt, wachst du auf.

Wie gesagt, das ist nicht das was ich geträumt habe, sondern gibt nur eine schwache Vorstellung davon, wie es für mich war.

Später habe ich kaum noch an die Träume gedacht, aber im Unterbewusstsein hat mich immer die Frage beschäftigt, wovon ich da als kleines Kind geträumt habe. Erst ca. 25 Jahre später kam mir plötzlich die Antwort in den Sinn.

Es war meine eigene Geburt! Jedem, der mir etwas anderes einreden will, wünsche ich meine Träume.

Als unser Sohn zur Welt kam, habe ich jedenfalls das Licht im Zimmer ausschalten lassen...

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