Ich würde die Brille einfach tragen. Bei deinen Werten auch dauerhaft, denn du wirst da schon einen gewaltigen Unterschied merken. Die Brille deiner Freundin, die du getestet hast, korrigiert deine Sehschwäche vermutlich zu weniger als 50%, mit deiner eigenen Brille wird’s nochmal deutlich besser. Das ist echt ganz viel Lebensqualität, die du verschenken würdest, wenn du deine Brille nur dann trägst, wenn es gar nicht mehr anders geht. Morgens nach dem Aufstehen aufsetzen und abends vor dem Schlafen wieder absetzen ist da vermutlich die beste Lösung und du musst dann auch nicht ständig darüber nachdenken, ob du sie jetzt gerade aufsetzt oder nicht. Dass du (vermutlich dauerhaft) eine Brille brauchst, um gut zu sehen, ist halt eine Tatsache, mit der du leben musst, so hart das klingt. Damit bist du aber nicht alleine und es ist kein Grund, sich deshalb das Leben schwer zu machen.
Dann bist du eben eine „Brillenträgerin“, was soll’s?
Ich habe mich auch super lange vor meiner ersten Brille gedrückt und mich in der Schule mit Abschreiben von der Nachbarin durchgemogelt. In der 6. Klasse ging es dann gar nicht mehr und meine erste Brille hatte -3,5 Dioptrien (und -0,5 Hornhautverkrümmung), was ganz schön viel ist für eine erste Brille, (deutlich stärker als deine Brille). Inzwischen bin ich bei -8,25/-7,5, da stellt sich die Frage, ob ich Brille/Linsen tragen will, gar nicht mehr, weil ich ohne einfach fast nichts sehe. Als ich zum ersten Mal mit Brille in die Schule gegangen bin, habe ich mir vorher auch super viele Sorgen und Gedanken gemacht, war völlig umsonst. Bei der Brille gab es einen (1) Kommentar „steht dir gut“, bei der ansonsten von den Mitschülern überhaupt keine Reaktionen (meine Freundinnen wussten das schon vorher, die hatte ich eingeweiht). Glaub mir: es interessiert keinen, ob du eine Brille hast und wie stark die ist, die anderen sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Das musst du auch niemandem erklären, wenn jemand fragen sollte, sagst du einfach „Ja, ich hab jetzt ne Brille.“ Nach 3 Monaten mit Brille sprach mich dann zum ersten Mal eine Lehrerin darauf an („Ich wusste gar nicht, dass du eine Brille trägst. Willst du dich weiter nach vorne setzen?“). Und deswegen hatte ich mir vorher fast 2 Jahre lang (so lange war mir klar, dass ich nicht so gut sehe) den Kopf zerbrochen und voll viele Gedanken gemacht. Von dem ganzen Stress, meine Sehschwäche zu verheimlichen, mal ganz abgesehen😉 Setz die Brille einfach morgens auf, denk gar nicht drüber nach und genieße dein stressfreies Leben und die vielen Details im Alltag, die du bisher gar nicht wahrgenommen hast.
