Liebe Luna2158,
deine Hilflosigkeit und deine Wut auf den Stiefvater kann ich verstehen. Da er dich sexuell belästigt (Belästigung ist eine Form von Missbrauch) hat, glaube ich, dass es gut ist, wenn du dir für deine persönlichen Erfahrungen Unterstützung suchst und die Ereignisse aufarbeitest, damit du sie los wirst.
Du hast geschrieben, dass du Angst hast – vor was genau? Vor der Reaktion deiner Mutter? Vor der Reaktion des Stiefvaters, wenn er hört, dass du mit ihr gesprochen hast?
Viele haben es schon angesprochen: es kann sein, dass deine Mutter dir kein Wort glauben wird und den Stiefvater in Schutz nehmen wird, dich beleidigen wird, dich als Lügnerin hinstellt. Das kann für dich sehr belastend sein. Es ist wichtig so ein Gespräch – wenn es denn stattfinden soll – gut vorzubereiten und dir Unterstützung (auch für den Zeitpunkt direkt im Anschluss an das Gespräch) zu holen.
Du hast geschrieben: bei den Großeltern schlief er von klein auf im gleichen Bett – d.h. deine Mutter war physisch bei dem sexuellen Missbrauch (in welcher Form auch immer er stattgefunden hat) dabei. Und die Frage bleibt somit offen, ob sie es nicht mitbekommen hat, mitbekommen wollte, ob sie es mitbekommen hat, in wie weit sie selbst daran beteiligt war.
Fakt ist: du musst deiner Mutter gar nichts erklären. Du bist ihr keine Erklärung schuldig. Und somit kannst du dir in Ruhe überlegen, was du ihr erzählen möchtest und womit du deinen Sohn schützt und auch womit du dich schützt, denn auch du warst Opfer.
Ich glaube, dass ein Gespräch mit Tätern/Mittätern/Mitwissern erst dann sinnvoll ist, wenn man seine eigene Geschichte aufgearbeitet hat – sonst können die Reaktionen des Gegenübers einen ziemlich verletzen.
Es ist gut, wenn du dich an eine Beratungsstelle wendest. Empfehlen kann ich dir zudem die Beratungsstelle Zartbitter e.V. Von denen gibt es auch ein Buch, welches Tipps beinhaltet wie man mit der Info über Missbrauch umgeht.
Und wenn du dir dann Unterstützung geholt hast, dann kannst du dir weiterhin überlegen, ob du den Täter anzeigen möchtest. Und was du tun kannst, damit dein Sohn weiterhin komplett aus dieser Sache herausgehalten wird. Bei einer Beratungsstelle kannst du dich auch darüber informieren, ob es sinnvoll ist, dass dein Sohn therapeutische Unterstützung bekommt, damit er die Erlebnisse aufarbeiten kann und sie nicht sein Leben lang mit sich tragen muss.
Ich wünsche euch beiden alles Gute!
K.