Meine Frau Jutta und ich sind beide selbstständig und haben deswegen wenig Zeit, sie persönlich zu kontrollieren und nachzusehen, was sie in ihrer Freizeit so macht. Deswegen haben wir vor gut einem Jahr angefangen, Überwachungsgeräte im Haus einzubauen. Im gesamten Haushalt haben wir insgesamt sechs Kameras in Küche, Wohnzimmer und Flur installiert, die ständig eingeschaltet sind und die wir jederzeit übers Internet abrufen können, um zu sehen, was unsere Tochter gerade treibt. Dazu muss sie immer einen GPS-Sender und ein Handy mit einem Ersatzakku bei sich tragen, wenn sie das Haus verlässt, damit wir immer sehen können, wo sie sich gerade aufhält.
Isabell findet unsere Maßnahmen alles andere als gut, sie sagte sogar einmal, wir seien krank! Vor zwei Wochen wollte ich dann einmal in meiner Firma nachsehen, was meine Tochter gerade macht, rief die Bilder der Überwachungskameras ab – und hatte plötzlich kein Bild auf dem Monitor. Ich sagte sofort meiner Frau bescheid und wir beide fuhren auf direktem Weg nach Hause, um nachzusehen, ob ihr vielleicht was passiert sei, doch als wir
ankamen sahen wir, dass sie die Kameras mit doppelseitigem Klebeband abgeklebt hatte. Sie kann doch nicht einfach die Kameras abdecken, damit wir sie nicht mehr sehen — das kann doch nicht wahr sein! Spinnt das Mädchen denn jetzt total? Was ist denn, wenn ein Einbrecher in dem Moment ins Haus gekommen wäre und sie bedroht hätte?
Für Isabell waren unsere Handlungen wieder völlig übertrieben. Sie sagte, wir seien paranoid und würden ihr keine Privatsphäre lassen. Was ist denn aber falsch daran, wenn man sich um sein Kind sorgt und nicht möchte, dass ihm etwas zustößt? Außerdem finden meine Frau Jutta und ich, dass sie immer noch mehr als genug Freiheiten hat. Wir haben sogar darauf verzichtet, Kameras in ihrem Zimmer zu installieren!
Der Fall wiederholte sich in den letzten Wochen und meine Frau und ich schöpften Verdacht, dass sie sich vielleicht heimlich mit einem Jungen in unserem Haus trifft. Wir ließen deshalb einen IT-Techniker kommen, der – während Isabell in der Schule war – ihren Computer so einrichtete, dass wir über unseren Laptop ständig sehen konnten, was sie gerade am PC macht. Außerdem installierten wir eine Wanze in ihrem Telefon, damit wir ihre Gespräche mithören konnten.
Der Verdacht bestätigte sich eines Tages, als wir wie gewohnt ihre Internet-Chats mitlasen. Sie unterhielt sich tatsächlich mit einem Jungen! Und sie tauschten Herzchen-Smileys aus und verabredeten sich zu erneuten treffen – in UNSEREM Haus! Da platzte mir dann der Kragen. Ich stellte den Laptop zur Seite, riss Isabells Zimmertür auf und sagte ihr, dass ich so etwas in meinem Haus nicht dulden werde. Ich nahm ihr den Computer und das Telefon weg und sagte ihr, dass sie das auch nicht wiederbekäme, wenn sie den Kontakt zu diesem Jungen nicht auf der Stelle abbrechen würde.
Seitdem schließt sie sich täglich über mehrere Stunden im Badezimmer ein und will nicht mehr herauskommen, nicht mal z