Kurze Zwischenbilanz:
Meine Tochter geht seit dieser Woche wieder in die Schule. Das heißt: ich bringe sie morgens in den Klassenraum und bleibe, bis der Lehrer da ist; mittags oder nachmittags hole ich sie dort ab, wo sie Unterrichtsschluß hat. Für die Zwischenzeit wurde ihr eine "Eskorte" aus mehreren Kindern ihrer Klasse beiseite gestellt, damit sie nicht allein unterwegs ist.
Bisher hat sie nur den kleineren der beiden Jungen getroffen, und sich dann versteckt... Inzwischen hat sich die gesamte Klasse entschieden, grundsätzlich zusammen zu bleiben und auf einander Acht zu geben - die treten nur noch in der Gruppe auf, und werden seitdem in Ruhe gelassen. Allerdings konzentrieren sich die Täter stattdessen halt auf andere Opfer.
Die Mutter des Kleineren war inzwischen in der Schule und bat um ein Gespräch am "runden Tisch", weil sie möchte, dass ich die polizeiliche Anzeige zurückziehe, was ich jedoch nicht zu tun gedenke.
Die Tätigkeit des Jugendamtes beschränkt sich vorerst wohl doch nur auf das Einschalten der Sozialarbeiterin, die den Jungen ins Gewissen reden möchte (und besagte Bilder malen läßt), um sie zu bekehren. Bisher war niemand in den Familien und dem Jugendamt bzw. KSD ist auch kein akuter Handlungsbedarf gemeldet worden, sagte man mir. Hier gedenke ich selbst nochmals tätig zu werden.
Die Eltern des großen Jungen, welcher mir gegenüber so respektlos auftrat, sind mehrfach in die Schule geladen worden, reagieren jedoch nicht. Auch nicht auf die polizeiliche Anzeige. Sie stellen sich einfach "tot".
Der Junge hat nach meiner Tochter noch ein anderes Mädchen ohne Vorwarnung geschlagen und ist der Mutter ebenfalls entsprechend dumm gekommen, als diese ihn zur Rede stellte (sie war bei dem Vorfall dabei!).
Auch hat sich noch ein Vater gemeldet, dessen Sohn nicht mehr in die Schule will, nur wegen dieses Jungen in der Klasse.
Beide Eltern sind willens, ebenfalls Anzeige zu erstatten, und verlangen den sofortigen Ausschluss der beiden Schläger sowie Umschulung in eine entsprechend geeignetere Einrichtung. Vielleicht gesellen sich noch mehr Eltern dazu, so dass die Chancen, etwas zu bewirken, größer werden.
Möglicherweise eignet sich der inzwischen auch über unsere Schule hinausreichend bekannte Vorfall auch, ein Exempel zu statuieren für alle anderen gewalttätigen Kids vor Ort.
Obwohl aktuell beide Täter nach wie vor Kinder drangsalieren, ganz gleich, ob der Kleinere der Sozialarbeiterin bereits einsichtig erschien oder nicht. Bei dem Größeren ist bisher von Einsicht überhaupt keine Spur zu entdecken.
Heute ist wieder Freitag.... der erste Schul-Freitag, nachdem meine Tochter wieder in den Unterricht geht, und nachdem ich die letzten Tage über den Eindruck hatte, sie würde wieder ganz gut Fuß fassen in der Schule, war die Angst heute früh schlagartig wieder da.
Heute wird sich die Situation allein zeit- und räumlich bedingt wiederholen: Ihr Weg nach Unterrichtsschluß führt durch die Mensa, wo beide Jungen wieder anwesend sein werden. Diesmal werde ich zwar dabei sein, aber so richtig weiß auch niemand, was passieren wird. Mittlerweile machte es auch die Runde, dass der große Junge schon versucht habe eine Lehrerin oder einen Lehrer zu schlagen an einer der vorherigen Schulen.
Auf jeden Fall habe ich heute ein Handy in der Tasche, um notfalls diesmal direkt die Polizei zu rufen.
Ich hoffe aber im Sinne meiner Tochter, dass wir heute friedlich ins Wochenende gehen können.
All jenen, die (wie auch ich zeitweilig) für einen Schulwechsel waren, möchte ich sagen, dass meine Tochter meint, sie wolle nicht bestraft werden und ihre Freunde etc. verlieren, sondern die beiden Schläger sollten gehen müssen. Und auch wenn sie Angst hat, so möchte sie nicht flüchten, sondern zeigen, dass sie sich nicht fertigmachen läßt. Sie glaubt, das sei auch wichtig für die anderen Kinder, die unter den gewalttätigen Mitschülern an dieser Schule so leiden.
Ich behalte mir natürlich dennoch vor, sie da herauszunehmen. Im Zweifelsfalle geht mir ihre Sicherheit vor! Aber ich respektiere ihre Einstellung und bin auch ganz schön stolz auf meine Achtjährige.
Allen, die sich hier jetzt noch so hilfreich eingebracht haben und uns irgendwie ein klein wenig durch diese schlimme Situation "begleiten", an dieser Stelle nochmals vielen Dank! Ihr habt mir wertvolle Infos gegeben, durch die ich wirkungsvoll agieren konnte, und nicht zuletzt habt Ihr mir ein bißchen Durchhaltevermögen verabreicht, wenn zwischendurch versucht wurde, das Ganze herunterzuspielen und unter den Teppich zu kehren, oder auch mich einzuschüchtern.
Das ist schon recht anstrengend, dann am Ball zu bleiben. Teilweise erscheint es auch zunächst aussichtslos. Dennoch war und ist es mir wichtig. Nicht nur für mein eigenes Kind.
Und offenbar habe ich da sprichwörtlich eine kleine Lawine ausgelöst. Vielleicht kommt letzten Endes ja noch etwas "Gutes" aus der bösen Sache heraus...