Das Zuflussprinzip: Was heißt das?
Hartz hat sich eine tolle Neuerung für die Bezieher der Arbeitslosenunterstützung ausgedacht, die ARGEN sparen damit sicherlich Millionen! Ich meine das sogenannte Zuflussprinzip, nach dem Gelder jeweils für den Monat anzurechnen sind, in welchem sie auf das Konto gehen, verfügbar sind. Entlehnt wurde das Zuflussprinzip dem Einkommenssteuerrecht, das aber jährlich berechnet. Wortwörtlich heißt es in den ALG II-V § 2 Abs. 2 und 3: “Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.”
Wie das Zuflussprinzip Gelder einspart
Erhält ein Arbeitnehmer seinen Lohn, der wie üblich im Nachhinein, also nach erbrachter Leistung gezahlt wird, am 31. eines Monats, ist er fein raus. Ab dem 1. des Folgemonats kann er laut Zuflussprinzip auch noch Gelder von den Ämtern einstreichen. Wird Lohn aber zum Beispiel bei Selbstständigkeit und Zahlung nach Rechnungsstellung oder aufgrund von Feiertagen verspätet ausgezahlt, erhält der Jobcenter-Kunde laut Zuflussprinzip für den Monat kein Geld (oder nur verrechnet), in dem er seinen letzten Lohn bekommen hat.
Die Asymmetrie des Zuflussprinzips: Obwohl Arbeitslosenunterstützung im Voraus bezahlt werden soll und der Lohn im Nachhinein gekommen war, behalten die Ämter mit der Begründung durch das Zuflussprinzip diese Gelder ein. Andersherum gibt es Überbrückungsgelder für Jobeinsteiger aber nur noch als Darlehen! Nehmen Sie aus der Arbeitslosigkeit heraus also einen Job an, der am 31. desselben Monats spätestens ausbezahlt wird, besagt das Zuflussprinzip, dieses Geld rückwirkend auf den ersten Arbeitsmonat noch anzurechnen! Übrigens gilt das auch für Abfindungen, die nicht als Vermögen gälten (Süddeutsche dazu).
Was bedeutet das Zuflussprinzip schlimmstenfalls für den zukünftigen Arbeitnehmer?
Sobald dem Amt mitgeteilt wird, dass ein Arbeitsvertrag unterzeichnet wurde, sei er auch nur auf Probe oder sogar befristet, wird kein Geld mehr gezahlt. Erst wollen die Sachbearbeiter die Arbeitsveträge und Lohnbescheide sehen. Melden Sie den Arbeitbeginn niemals an, bevor nicht das letzte Geld geflossen ist! Auch ohne Zuflussprinzip. Dass Sie laut diesem Zuflussprinzip von dem Gehalt nicht einmal im Nachhinein Miete und Lebensunterhalt sowie den nächsten Monat ebenfalls bestreiten können, interessiert seit Hartz offenbar niemanden mehr.
Welche Möglichkeiten gibt es, dem Zuflussprinzip zu entkommen?
Wenn sie die Personalabteilung ihres zukünftigen Arbeitgebers nicht direkt belatschern wollen ihren Lohn mal ausnahmsweise etwas später zu zahlen, versuchen Sie es mit einem Schreibfehler bei der Bankleitzahl. Die Argen, die auf ihrem unfairen Zuflussprinzip beharren, verweisen dagegen auf Vorschüsse vom neuen Arbeitgeber (oh, was für ein Eindruck! Zumal am ersten die Miete fällig ist und zu dieser Zeit noch nicht ein Tag gearbeitet wurde…). Darlehen, die ihren Arbeitsbeginn über Gebühr belasten würden, wurden mit Beginn 2009 eh abgeschafft.
Werden sie noch in der Probezeit entlassen oder endet ihre Befristung bald, lasten meist noch immer die Schulden des Zuflussprinzips auf den ehemaligen Arbeitnehmern. Wichtige Anschaffungen wie neue Anzüge oder eine Arbeitstasche, ggf. ein Auto oder anderes, können dank Zuflussprinzip bei Arbeitsaufnahme oft nicht getätigt werden, weil Schulden drücken. Den Arbeitsvertrag sollte also nur unterzeichnen, wer ihn sich auch leisten kann! Dem Zuflussprinzip sei Dank. Übrigens ist das Zuflussprinzip auch vom BSG inzwischen abgesegnet (siehe hier).