Islamische Theologen streiten sich,
aber was sind die Gründe für die Muslime, die davon überzeugt sind, dass Musik haram ist?
Die Frage soll jetzt nicht den Islam "zerstören" und ist auch nicht böse gemeint.
Keine Sorge, das tut sie nicht.
Was (dich) hier zur Verwirrung führt ist dein Verständnis im Bezug auf dieses Thema und da bist du nicht alleine, denn das verwirrt viele Muslime, dich sich nicht ausgiebig mit ihrer Religion beschäftigen und irgendwas aufnehmen, nur damit sie eine Rechtfertigung für ihr Handeln finden.
Das nennt man bei uns "Fatwa-Shopping".
Diese Leute suchen solange eine Fatwa, bis sie die Erlaubnis für ihr Handeln finden.
Musikinstrumente sind nach allen 4 großen Rechtsschulen verboten. Es gibt niemanden von den Gelehrten der ersten drei Generationen, das heißt, die Generation des Propheten, die seiner Gefährten die Schüler der Gefährten und die Schüler der Schüler der Gefährten, die Musikinstrumente erlaubt hätten.
Der Dispus, welcher eigentlich kein Dispus war, bis sich "Laien" anfingen in diese Thematik einzumischen, in unserer heutigen Zeit, hat seinen Anfang hauptsächlich bei den beiden Gelehrten "Imam Ghazali" und "ibn Hazm", nachdem sie eine Fatwa gaben, dass Musik erlaubt sei.
Diese beiden Gelehrten, die nicht zu den ersten drei Generationen gehörten, waren unter den Großgelehrten die beiden einzigen, die unter bestimmten Voraussetzungen Musik als erlaubt ansahen.
Und mit dieser "Ansicht" stehen diese beiden Großgelehrten sehr allein.
1. Imam Ghazali.
Imam Ghazali ordnete sich der "sufistischen" Lehre ein und tatsächlich erlaubte er unter bestimmten Voraussetzungen Musik.
Die "Musik" die Imam Ghazali als "erlaubt" oder "verpönnt" bezeichnete ist kein Vergleich zur heutigen Musik. Wir reden hier von einer Zeit von vor über 900 Jahren.
Das Argument also, das Imam Ghazali mit "heutiger" Musik kein Problem hätte ist nichts weiter als eine Lüge über ihn und eine Mutmaßung.
Imam Ghazali war ein frommer Gläubiger, der zwar einen Teil seines Lebens auf einer falschen Glaubenslehre gewesen ist, jedoch vor seinem Tod seinen Weg bereute und wieder zurück kam zur Glaubenslehre der "Salaf" (als "die Salaf" bezeichnet man die ersten drei Generationen der Muslime).
2. ibn Hazm Al-Andalusi.
War ein Großgelehrter, der auch nicht zu den ersten drei Generationen gehörte. Er lebte ungefähr zur selben Zeit wie Imam Ghazali und genoß auch großes Ansehen, sogar bis heute noch.
Sein "Fehler" in dieser Fatwa, den viele Gelehrte mit Beweisen korrigierten war, dass er den Hadith (die Überlieferung) im Bezug auf Musikinstrumente als nicht authentisch klassifizierte, während derjenige, der diesen Hadith überlieferte, Imam Al Buchary, ihn in seinem "Sahih" Werk (Sahih al Buchary) aufgenommen hatte.
Imam Buchary ist in der islamischen Welt, sogar bei vielen nicht-Muslimen ein bekannter Name, weil er einer derjenigen war, der die Hadithse des Propheten und seiner Gefährten sammelte, auf ihre authenzität prüfte und sehr streng war im Bezug dessen, wann ein Hadith "Sahih" (richtig) oder nicht Sahih war.
Um mal kurz aufzuzeigen wer eigentlich Imam Buchary ist und ob er vertrauenswürdig war in der Einstufung von Hadithsen muss man sich nur mal seine Lehrer ansehen.
Imam Buchary lernte unteranderem von Ahmad ibn Hanbal, dem Begründer der Hanablitischen Rechtsschule, dessen Lehrer war Imam Ash Schafi'i, der Begründer der Schafi'itischen Rechtsschule der zum Stammbaum der Familie des Propheten "banu Hashim" gehörte, dessen Lehrer war unteranderem Imam Malik ibn Anas, der Begründer der Malikitischen Rechtsschule, dessen Lehrer war unteranderem Nafi, dem Bediensteten von "ibn Umar", einem Gefährten des Propheten, Frieden und Segen mit ihm und der Sohn vom zweite Khalifen "Umar ibn al Chattab".
Das heißt, wir haben vom Propheten bis Buchary eine sehr starke Überlieferungskette von Lehrern von den ersten drei Generationen, womit wir deutlich sagen können, dass Imam Buchary definitiv stärker war in der Wissenschaft des Hadith, als Ibn Hazm, der hunderte Jahre später erst nach ihm kam.
Wo genau ibn Hazm den Fehler machte, kannst du grob hier nachlesen:
https://hadithwissenschaften.de/hadith-musikinstrumente/
Beachte bitte, dass das nur eine grobe Erklärung des Sachverhalt ist. Die Originalen Werke von den Gelehrten, die diese Thematik von Imam Ghazali und Ibn Hazm im Bezug auf Musikinstrumente veranschaulichten, gibt es nur auf Arabisch. Zumindest kenne ich keines der Bücher, das vollständig auf deutsch übersetzt wurde.
Auch solltest du verstehen, dass die Bücher der Gelehrten "von Gelehrte für Gelehrte" geschrieben sind und nicht für uns "Laien".
Die Gelehrten sind diejenigen, die dann das Wissen in vereinfachten Antworten an uns weiterleiten.
Und genau hier kommt das Problem.
Leute die anfingen die Bücher dieser großen Gelehrten zu lesen, ohne selbst eine Stufe des "Wissen" erreicht zu haben, oder zumindest große Namen als Lehrer hatten, für das richtige Verständnis der Fragestellungen in der islamischen Jurispudenz, im Bezug auf die Hadithwissenschaft, fingen an einfach ihre Meinungen rauszuposaunen, ohne zu erwähnen, dass die Mehrheit der Gelehrten von damals, bis heute klar und deutlich sagten, dass diese beiden großen Gelehrten in ihrem Urteil einfach einen Fehler gemacht haben.
Deswegen sage ich, du zerstörst nicht den Islam damit, sondern tust genau das, was damals schon passiert ist. Gemeint ist, die eigene Analogie ohne diese Wissenschaften studiert zu haben.
Kleines Beispiel. Imam Ahmad ibn Hanbal hat ein Buch über die Regelungen der Menstruation der Frau im Bezug auf die Religion geschrieben und er hat über 10 Jahre gewartet bevor er dieses Buch veröffentlichte, weil er fürchtete, dass er vielleicht einen Hadith überlesen hat.
Kannst du mir heute eine Person nennen, die so sehr darauf achtet bevor sie ein Urteil über eine Sache gibt?
Und das ist der Grund, wieso wir in Rechtsurteilen immer zurück gehen zu den ersten drei Generationen.
Sie liegen so nah an der Quelle des Islam (dem Propheten), dass sie das beste Verständnis der Religion haben, mit den besten Lehrern, in der besten Zeit des Islam.
3. Alle Musikinstrumente sind verboten. Unter diesem allgemeinen Verbot gibt es eine Außnahme und das ist der Duff.
Man muss verstehen, dass es ein allgemeines Verbot gibt und spezielle Situationen, wo dieses Verbot durch die Außnahme bestätigt wird. Zum Beispiel bei einer Hochzeit.
Oder auch Schweinefleisch. Jeder weiß, dass Schweinefleisch verboten ist im Islam, trotzdem gibt es Situationen, wo Schweinefleisch "erlaubt" wird, wie wenn jemand in einer Situation gerät, indem er am Verhungern ist und es nichts anderes gibt als Schweinefleisch.
In solch einem Fall wird die "Außnahme Situation" von der allgemeinen Regel des verbots aufgehoben.
Damit der Text nicht zu lang wird, schreibe ich den Rest in die Kommentarspalte.