Ich möchte niemanden angreifen, aber ich verstehe nicht wie man an ein Buch glauben kann, das viele Widersprüche hat.
Klar gibt es Widersprüche in der Bibel. Ich nenne mal ein harmloses Beispiel: In Mt 27,9 zitiert Matthäus den Propheten Jeremia. Doch versuchen Sie einmal, das Zitat bei Jeremia zu finden! Manche versuchen es mit Jer 32,8-9, doch wird Matthäus wohl eher Sach 11,12-13 gemeint haben; und auch wenn er Sach 11,12-13 zitiert haben sollte, war er ein bisschen ungenau. Somit hat sich Matthäus geirrt und war dann noch ungenau beim Zitieren.
Wenn jemand mit dem Verständnis an die Bibel herangeht, dass jeder einzelne Vers in jeder Hinsicht (auch naturwissenschaftlich und historisch) absolut irrtumslos ist (z.B. Chicago Statement on Biblical Inerrancy), dann wird er sich natürlich sehr schwer tun mit Widersprüchen und muss viele Zusatzannahmen aus dem Hut zaubern, um dann doch noch eine widerspruchsfreie Bibel zu bekommen.
Doch sollte man auch jene Punkte sehen, wo die Bibel sehr konsistent ist (Gott existiert, er ist nicht Teil der Welt, Gott hat die Welt erschaffen und erhält sie im Dasein, Gott teilt sich dem Menschen mit, Jesus ist Gottes Sohn und hat Gottes Botschaft zu den Menschen gebracht, er ist für das Heil der Welt gestorben, er ist von den Toten auferstanden, es gibt ein Leben nach dem Tod, der Mensch ist die Krone der Schöpfung, der Mensch kann zu Gott beten, es gibt bestimmte Regeln des Zusammenlebens usw.). Genau diese Inhalte gehören ja zur Kernbotschaft der Bibel. Deshalb vertreten viele christliche Gemeinschaften die Meinung, dass die Bibel in den heilsrelevanten Themen, die ich beispielhaft aufgezählt habe, unfehlbar und irrtumslos ist, aber nicht in jedem einzelnen Komma.
Gott ist doch perfekt und Allwissend, es kann einfach nicht sein, dass er Widersprüche in seiner Botschaft zulässt.
Zuerst müsste man einmal schauen, wieviele wirkliche (kontradiktorische) Widersprüche es in der Bibel gibt, im Sinne von: "Jesus ist von den Toten auferstanden" und "Jesus ist nicht von den Toten auferstanden". Und selbst dann müsste man noch schauen, ob die einzelnen Wörter alle dasselbe meinen. Viel öfter lassen sich einzelne Stellen der Bibel als Ergänzung zu einander lesen. Die Auferstehungsbotschaft des Neuen Testaments wird meines Erachtens ergänzt durch durch das Buch Prediger, das besonders einschärft, dass man sich vor allem um das Leben hier und heute kümmern solle und nicht so viel über das Jenseits nachdenken solle.
Dann frage ich mich, wie denn eine solche perfekte Bibel denn aussehen müsste. Sollte Gott im ersten Kapitel, einmal alle Begriffe, die er später verwenden wird, genau definieren, damit es ja keine Missverständnisse oder Widersprüche gibt? Diese Definitionen wären mittlerweile aber auch schon wieder ein paar Tausend Jahre alt und man bräuchte erst wieder Experten, die sich mit alten Sprachen auskennen. Gott hat wohl keine wissenschaftliche Abhandlung verfasst. Anscheinend hat Gott Familiengeschichten (z.B. 1 Mos) und poetische Texte (z.B. Psalmen) für besser geeignet gehalten, um seine Botschaft zu den Menschen zu bringen.
Damit Gottes Botschaft für den Menschen verständlich sein kann, muss Gott zu ihm nach Menschenart sprechen. Ich glaube nicht, dass man die Bibel wie einen Meteor aus einen anderen Welt sehen sollte, der auf der Erde gelandet ist. Denn dieser Meteor könnte uns ja nichts sagen und würde völlig unverständlich bleiben. Und selbst ein Meteor ist ja schon wieder den Bedingungen auf der Erde unterworfen. So ist auch Gottes Wort nur im Menschenwort zugänglich; das Menschenwort ist aber fehlbar. Anscheinend hat die Allmacht Gottes bei uns Menschen seine Grenze.