Wo ich dir tatsächlich zustimmen würde, ist dass gerade im Osten dieser Unterschied noch stark in den Köpfen verankert ist. Hier in Bayern würde niemand auf die Idee kommen, sich als Westdeutscher zu bezeichnen. Entweder Bayer oder Deutscher, eine gemeinsame westdeutsche Identität gibt es nicht.

In den neuen Bundesländern gibt es diese durchaus und was dort glaube ich oft für Frust sorgt, ist, dass die "Wessis" bei dieser Frontstellung nicht mitmachen. Der Osten fühlt sich vom Westen benachteiligt, während der Westen sich gar nicht als solcher versteht.

Das soll nicht über materielle Unterschiede hinwegtäuschen, die es gab und teilweise immer noch gibt. Mir geht es hier nur um den mentalen Apsekt.

...zur Antwort
eher unwahrscheinlich

Kannst du mal belegen, dass Spahn das gesagt haben soll?

Zu deiner eigentlichen Frage: Natürlich ist es bei 30% in den Umfragen sehr komisch und unrealistisch über eine absolute Mehrheit nachzudenken. Dennoch ist sie gar nicht so weit weg, wie man das meinen könnte.

Schaut man sich die heutige Forsa-Umfrage an, gibt es momentan 13%, die auf sonstige Parteien entfallen würden. Dazu kommen 3% für die Linke, 4% für das BSW und 5% für die FDP. Wenn wir annehmen, dass die FDP ganz knapp nicht in den Bundestag kommt, macht das zusammen 25% an Wählerstimmen, die nicht im Bundestag abgebildet werden. Folglich umfasst der Bundestag dann nur 75% der Wählerstimmen, womit man für eine Mehrheit nicht mehr 50%, sondern nur noch 37,5% braucht. Diese 37,5% sind für die Union wiederum nicht allzu weit entfernt...

...zur Antwort
SPD

Das ist für die CDU sowohl aus der landespolitischen Perspektive, als auch aus der bundespolitischen Perspektive nur schlüssig.

Landespolitisch waren die Schnittmengen mit den Grünen nach 10 Jahren nicht mehr allzu groß. Natürlich hätte die CDU aufgrund des deutlich besseren Wahlergebnisses den Grünen, die ordentlich verloren hatten, inhaltlich mehr abverlangen können. Allerdings bestand und besteht die Gefahr, eine Revolte im Grünen Landesverband zu provozieren. Die Grünen waren in Hessen unter Tarek Al-Wazir 10 Jahre eine ultrapragmatische Regierungspartei, was intern nur durch gute Wahl- und Umfrageergebnisse hingenommen wurde. Jetzt haben die Grünen aber 5 Prozent verloren, was schon Diskussionen ausgelöst hat, ob man zukünftig wieder stärker auf die eigene Linie pochen sollte. In Kombination mit einer CDU, die sich in der stärkeren Position sieht und mehr CDU durchsetzen will, wäre eine Neuauflage wohl turbulenter gewesen. Die SPD auf der anderen Seite ist nach 25 Jahren Opposition auf einem historischen Tief angekommen und wohl einfach nur froh, wieder mitregieren zu können. Zudem kann so Nancy Faeser ihr Wahldebakel in einen Erfolg umdeuten ("Ich habe uns zurück in die Regierung gebracht"). Dazu kommen natürlich auch größere inhaltlichere Übereinstimmungen, die eine Koalition schon mal prinzipiell einfacher machen. Landespolitisch gesehen ist die Entscheidung für die SPD also schlüssig.

Bundespolitisch sind die Zeiten für die Grünen gerade desaströs. Nach Jahren der Entwicklung hin zu einer bürgerlicher und mittiger ausgerichteten Realo-Partei mit großen Wahlerfolgen, hat sich die Partei binnen eines Jahres durch das Festhalten am Atomausstieg, die Graichen-Affäre und insbesondere durch das handwerklich katastrophale Heizungsgesetz wieder zu einer linken Klientelpartei zurückkatapultiert. So schlecht sind die Umfragewerte zwar nicht, aber statt einer breit aufgestellten und anschlussfähigen "Zukunftspartei", werden die Grünen jetzt als die notorischen Oberlehrer und Ideologen angesehen, die kaum noch über ihr Stammwählerpotential hinaus wirken. Die CDU greift die Grünen in der Bundesregierung darum scharf an und eine Koalition aus CDU/CSU und SPD nach der BTW 2025 scheint mittlerweile das realistischste Szenario zu sein, da auch die SPD viel Ärger mit den Grünen hat. Es wäre für CDU-Wähler, die in den Grünen mehrheitlich das Übel der Bundesregierung sehen, schwer zu vermitteln, dass die CDU selbst jetzt noch freiwillig mit den Grünen koaliert, obwohl es andere Optionen gibt. Letztlich ist also auch bundespolitisch gesehen der Wechsel zur SPD folgerichtig.

...zur Antwort

Provozieren, provozieren, provozieren.

Wenn andere eine Aussage als absolut geschmacklos empfinden, musst Du sie gerade mit Fleiß besonders laut in die Welt setzen. Spare nicht an Ausländerkritik und verwende dabei möglichst martialische und nach gängiger Meinung nicht mehr sagbare Begriffe. Vergleiche die aktuelle Regierung mit den Nazis oder der DDR (was Dir lieber ist) und versuche, das Wort "Volksverräter" in jedem Satz unterzubringen. Vergess alles, was Du an "Debatten-Marnieren" jemals gelernt hast, je polteriger, lauter und aggressiver Du auftrittst, desto besser.

...zur Antwort

Manche völkische Äußerung der AfD hätte die CDU als Randerscheinung ihres damaligen nationalkonservativen Flügels um Alfred Dregger vor 30 Jahren wohl toleriert, sonst sehe ich wenig Gemeinsamkeiten.

Die AfD ist pro-russisch, anti-westlich und anti-europäisch, all das war die CDU zu keinem Zeitpunkt. Außenpolitisch ist die Lücke hier also sehr groß. Die AfD hat gegen die Verbesserung der Ausstattung der Bundeswehr gestimmt, das lässt sich mit der CDU von vor 30 Jahren auch nur schwer in Einklang bringen, womit auch die Verteidigungspolitik als verbindendes Element herausfällt. Vor 30 Jahren war die CDU zudem noch deutlich mehr als heute die Partei der sozialen Marktwirtschaft und des Mittelstandes, was sich mit den heute zunehmend staatsinterventionistisch daherkommenden Vorschlägen der AfD und insbesondere ihrer ostdeutschen Landesverbände auch nicht vereinbaren lässt. Die Liste lässt sich fortsetzen.

...zur Antwort

Nun ja, es gibt nicht wenige, die sagen, zumindest die letzten beiden Merkel-Grokos von 2013 bis 2021 seien im Grund sozialdemokratische Regierungen gewesen, bei der die SPD, trotz eines Rückstands von 12 bis 16 Prozent gegenüber der Union, inhaltlich mehr Gewicht hatte als die Union selbst.

Wenn man sich die großen inhaltlichen Projekte dieser Zeit anschaut, dann bleiben einem sozialdemokratische Sozialleistungen wie Grundrente, Gute-Kita-Gesetz, Mindestlohn, Rente mit 63, usw. im Kopf. Kann sich jemand an große Projekte der CDU erinnern, die sie konsequent umgesetzt hat? Ich nicht. Die CSU hat dagegen mit Mütterrente, Kindergeld, Maut und Obergrenze pro GroKo zumindest ein großes Projekt einbringen können, wobei mit Mütterrente und Kindergeld auch wieder sozialpolitische Maßnahmen auffallen, die die sozialpolitisch im Vergleich zur CDU immer schon deutlich linkere CSU hier durchgesetzt hat.

Opium fürs Volk war eben das, worauf sich die unterschiedlichen Partner einigen konnten, da sie sonst in verschiedene Richtungen gezogen haben, wie das heute in der Ampel-Koalition ebenfalls Usus ist. Die SPD wollte noch ein bisschen mehr soziale Fürsorge, ein Ende von Hartz IV und ein Ende der Schwarzen Null. Die Union wollte im Kern weniger Staat, mehr Regulation bei der Einwanderung, solide Finanzen und mehr Ausstattung für die Bundeswehr. Am Ende hat man viele Probleme links liegen gelassen, weil es keine Einigung gab und Merkel hatte am Ende meistens die Tendenz, Wünschen der SPD irgendwann nachzugeben und Ideen ihrer CDU abzulehnen. Tauscht man im letzten Satz Merkel gegen Scholz, SPD gegen FDP und CDU gegen SPD, hat man eine adäquate Beschreibung der heutigen Ampel-Politik.

Ich mag mich der Erzählung von "16 Jahren" Stillstand deshalb nicht recht anschließen, insbesondere wenn er von der SPD oder dem ehemaligen Groko-Vizekanzler Scholz kommt, entbehrt er zudem nicht einer gewissen Komik. Wo, außer beim zugegebenermaßen sehr wichtigen Thema erneuerbare Energien, gab es denn wirklich einen eklatanten Stillstand und die eigentlich viel wichtigere Frage ist, wo löst die Ampel denn diesen vermeintlichen Stillstand gerade auf?

Dass die Union seit Tag 1 ihrer Oppositionszeit den Status Quo kritisiert ohne ihre Mitverantwortung zu reflektieren, ist freilich etwas lächerlich. Dass die SPD ihrerseits 16 Jahre Stillstand und die "Vorgängerregierungen" permanent für die Misere verantwortlich macht, ist bei 21 Jahren Regierungsbeteiligung der SPD in den letzten 25 Jahren allerdings auch nicht ganz ernst zu nehmen.

...zur Antwort
Ja

Das ist zumindest denkbar.

Gegeben dem Fall, dass die Union 30 Prozent bekommt, die SPD 17, die Grünen 12, die FDP 10, die AfD 18 und die Linken 8, dann erreicht weder Schwarz-Grün, noch Schwarz-Rot, noch die Ampel, noch Rot-Rot-Grün eine Mehrheit. Optionen wären bei so einem Ergebnis eine Jamaika-Koalition, eine Kenia-Koalition oder eine Deutschland-Koalition.

FDP und Grüne sind tief zerstritten und dürften allein gegenüber ihrer jeweiligen Basis kaum eine weitere gemeinsame Koalition (und das wäre Jamaika) durchbekommen, damit fällt Jamaika raus. In letzter Zeit haben es die Grünen zudem geschafft, sich zielstrebig zurück in ihre alte Rolle der ideologischen und verbohrten Verbotspartei zu manövrieren. Grüne Politiker wie Habeck ziehen momentan die Wahrnehmung der gesamten Regierung nach unten. Wäre das nach einer Wahl 2025 noch immer so, dürften sowohl Union als auch SPD ein Interesse daran haben, ohne Grüne zu regieren. Eine erste Rückannäherung gab es in Berlin dieses Jahr ja schon und so mancher Genosse räumt mittlerweile ein, dass das Regieren mit der Union zwar nicht zwingend einfach war, aber weniger hitzig als jetzt mit den Grünen. Die Union würde eine Deutschland-Koalition gegenüber Kenia sowieso präferieren und die SPD kommt mit der FDP momentan recht gut zurecht. Ein solches Wahlergebnis könnte also durch relativ unschwer zu erdenkende politische und taktische Überlegungen, sowie durch die normative Kraft des Faktischen was bei einem solchen Ergebnis geht und was nicht, zu einer Deutschland-Koalition führen.

Meine Werte sind hypothetisch, aber sie liegen absolut im Schwankungsbereich aktueller Umfragen. Das soll nicht heißen, dass es so kommen muss, sondern nur aufzeigen, dass der Weg zur Deutschland-Koalition je nach Wahlergebnis kurz sein kann.

...zur Antwort

Das Bewusstsein um eine eigenständige österreichische Nationalität wurde nach dem Zweiten Weltkrieg bewusst gefördert und aufgebaut.

Als aus der Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie 1918 das Land Österreich in seinen heutigen Grenzen wurde, bezeichnete man es als Deutsch-Österreich und war der Meinung, dass dieser "Rumpfstaat" alleine nicht lebensfähig sei. Hätten es die Siegermächte des Ersten Weltkrieges nicht verboten, hätte sich Deutsch-Österreich 1919 an das Deutsche Reich angeschlossen. Während der gesamten Ersten Republik gab es in Österreich dann eine starke deutsch-nationale Bewegung, die die "Wiedervereinigung" mit Deutschland zum Ziel hatte und als Hitler 1938 nach Österreich kam, wurde der Anschluss Österreichs in Österreich selbst bejubelt. Letztlich ist das auch konsequent gewesen, da es die Bestrebung zu einem Deutschen Nationalstaat über den gesamten deutschen Sprachraum hinweg schon im 19. Jahrhundert gab und dieser auch daran scheiterte, dass Österreich-Ungarn so viel mehr war, als nur "Deutsch-Österreich".

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand für Österreich die Chance, einigermaßen "straffrei" davonzukommen, indem man sich für unabhängig und zum ersten Opfer Deutschlands erklärte. Das war schlau und ermöglichte 1955 mit dem Staatsvertrag das Ende der Besatzung und den Gang in die Neutralität. Seit dieser Zeit wurde, wesentlich mehr als zwischen 1918 und 1938, versucht, Österreich als eigene Nation in den Köpfen der Menschen zu verankern, was auch letztlich zum, von Dir beklagten, Erfolg geführt hat.

Diese Aussage soll Österreich als Nation gar nicht abwerten, denn jede Nation ist ein Gedankenkonstrukt, es zeigt aber, wie sich das Bewusstsein der Menschen wandeln kann.

...zur Antwort

Ich glaube nicht in ihrer Mehrheit.

Natürlich gibt es eine gewisse Abneigung gegen (Ober-)Bayern und München im Speziellen und das "mia san mia"-Getue nervt auch in Franken einige Leute, aber unterm Strich nehmen die Franken die Sonderrechte, die sich Bayern herausnimmt, dankend an und profitieren davon. Man versteckt sich sozusagen ganz gern hinter den selbstbewussteren Altbayern und macht sich gerne über sie lustig, ist aber auch dankbar für das, was sie für den gesamten Freistaat erreichen.

Der chronische Minderwertigkeitskomplex der Franken ist zudem momentan ganz gut in Schach gehalten, da mit Markus Söder ein Franke bayerischer Ministerpräsident ist und man generell seit einigen Jahren nicht mehr den Eindruck hat, alles Geld in Bayern ginge nach München und Umland.

...zur Antwort

37 Prozent waren es 2018, das ist ein wichtiger Richtwert.

Unter diesen 37 Prozent würde es schwierig werden für Söder, allerdings dürfte er sich wohl halten können, solange die Koalition mit den Freien Wählern bestätigt wird. Sind es weniger als 37 Prozent und muss die CSU eine Dreierkoalition mit der FDP und den Freien Wählern eingehen, wäre Söder wohl fällig. Ilse Aigner, Manfred Weber oder Michaela Kaniber stehen dann sicherlich nicht mehr hinter Söder, um ihn zu stützen :)

Über 37 Prozent ist Söder sicher, wobei ein Ergebnis zwischen 37 und 40 Prozent sicherlich ein gewisses Grummeln in der Partei verursachen würde und er beispielsweise den Kandidaten für den neuen Fraktionschef nicht nur nach seinem Willen durchdrücken könnte.

Zwischen 40 und 42 Prozent wird die Partei zufrieden sein und Söder wird gestärkt weitermachen können.

Mehr als 42 Prozent würden wohl als Triumpfzug wahrgenommen werden, Söder wäre noch mehr der Alleinherrscher der CSU als bisher schon und auch die K-Frage würde wohl wieder ein Thema. Zudem ist bei 42 Prozent aufwärts eine absolute Mehrheit denkbar, wenn die FDP und möglicherweise auch die SPD nicht in den Landtag kommen.

Momentan sind die Umfragen für Söder ja recht gut und bewegen sich zwischen 40 und 44 Prozent. Die größte Gefahr für ihn ist aber, dass er in seiner Hyperaktivität den Bogen überspannt und CSU-Wähler zu den Freien Wählern vertreibt. Letztlich sind sie die größte Gefahr für ein gutes CSU-Ergebnis im Herbst. Zwischen 37 + 15 und 45 + 7 halte ich da alles für denkbar.

...zur Antwort
CSU behalten

Die CSU wird darauf pokern, über 5 Prozent zu kommen und die Regelung wieder zu ändern, wenn sie selbst wieder Teil der Regierung ist. Auch die CDU hat das ja bereits so angekündigt. Außerdem ist nicht gesagt, dass die Streichung der Grundmandatsklausel vor dem Verfassungsgericht überhaupt haltbar ist.

Bei der letzten Wahl war die CSU mit 31% so schlecht wie nie in Bayern, bedingt durch viele widrige Umstände wie einen schwachen Kandidaten, einen CSU-Vorsitzenden, der den eigenen Wahlkampf nach Kräften boykottiert hat und durch unglückliche Aktionen wie Laschets Lachen im Ahrtal. Aus der Opposition heraus wird der nächste Bundestagswahlkampf für die CSU erfahrungsgemäß deutlich einfacher. Sie kann nicht mehr für die Verfehlungen der letzten Jahre verantwortlich gemacht werden und leichter ihr eigenes Programm vertreten, als das aus der Regierung heraus möglich ist. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass die CSU bei der nächsten Wahl eher über den 31% als darunter liegen wird und so die 5% im Bund erreichen sollte.

Zudem wird die Streichung der Grundmandatsklausel die Situation in Bayern für die CSU gleich doppelt vereinfachen, denn sie hilft ihr, sich als alleinige Vertreterin bayerischer Interessen und als Opfer der "preußischen" Ampel darzustellen. Das ist hilfreich, um ihre Klientel zu mobilisieren. Die CSU hat 2021 insbesondere darunter gelitten, dass die FDP und die Freien Wähler ihr viele bürgerliche Stimmen abgenommen haben, um der CSU, die sich nach deren Meinung zu sehr an CDU und SPD angepasst hatte, einen Denkzettel zu verpassen. Die FDP macht als Regierungspartei eine so schlechte Figur, dass unzufriedene CSUler, die sich mehr Marktwirtschaft wünschen, beim nächsten Mal definitiv nicht für die FDP stimmen werden. Außerdem hat die CSU jetzt ein gutes Argument um gegen diese "Abweichler" im bürgerlichen Millieu vorzugehen: "Wählt uns, denn nur wenn wir stark genug sind, können wir im Bundestag bayerische Interessen vertreten". Ein bürgerlicher Wähler, der in Bayern mal CSU, mal FDP oder mal Freie Wähler wählt, hat jetzt einen guten Grund, sich zweimal zu überlegen, ob er nicht am Ende trotzdem die CSU wählen soll, um ihre Existenz und ihre Stimme zu sichern.

Deshalb: die Lage ist für die CSU jetzt rechnerisch gefährlicher geworden, politisch gesehen ist die Reform ein großer Mobiliserer für die CSU und letztlich ein Geschenk.

...zur Antwort

Dass eine Reform nötig ist, bestreitet angesichts der absurden Größe des Bundestags niemand. Ebenso wäre es lächerlich, in Abrede zu stellen, dass sich insbesondere die CSU in den letzten 10 Jahren höchst destruktiv in diesem Prozess verhalten hat. Außerdem ist es klar, dass das neue Wahlrecht nicht fairer/demokratischer sein kann, als das bisherige, das m.E. eines der cleversten und umfassensten Wahlrechte überhaupt ist.

Das was jetzt beschlossen wurde, ist allerdings schon kritisch zu sehen. Gerade in Zeiten, in denen es ganze Landstriche gibt, die sich von der Politk vergessen fühlen, an den direkten Wahlkreisvertretern den Rotstift anzusetzen, finde ich unklug. Es macht einen Unterschied, ob ich bei einem Problem in das örtliche Wahlkreisbüro meines MdB gehen kann, um Hilfe zu bekommen oder die Aufmerksamkeit des Bundestags auf ein Thema zu lenken, oder nicht. Zudem sind direkt gewählte Abgeordnete unabhängiger von der Partei und können sich mehr Widerspruch erlauben, da sie nur von ihrer ötlichen Basis nominiert werden müssen und keine Partei "von oben" bestimmen kann, wer ins Rennen geht.

Nun darf man durchaus die Frage stellen, wie legitimiert ein Abgeordneter ist, der nur mit 20% seinen Wahlkreis "gewonnen" hat und ich finde deshalb die Idee, die schlechtesten Direktmandate zu streichen auch nicht komplett verkehrt.

Der jetzt beschlossene Reformvorschlag läuft aber gar nicht darauf hinaus, die schlechtesten Direktmandate insgesamt zu streichen. Er streicht nur die schlechtesten Direktmandate einer bestimmten Partei in einem bestimmten Bundesland. Hat zum Beispiel die SPD in Niedersachsen zu viele Direktmandate gewonnen oder die CSU in Bayern, wird gestrichen. Ein mit 20 Prozent siegreicher Direktkandidat der Grünen wird aber immer einziehen können, da die Partei insgesamt wenige Direktmandate gewinnt. Wozu führt das? In bestimmten Wahlkreisen wird eine bestimmte Partei künftig nie wieder einen Abgeordneten stellen können. Das wird insbesondere die Union und städtische Wahlkreise treffen, denn dort schneidet die Union traditionell am schlechtesten ab. In München sind etwa die innerstädtischen Wahlkreise traditionell eng umkämpft, Grüne und SPD erhalten dort meist ihre besten Ergebnisse in Bayern, die CSU die schlechtesten. Die CSU braucht dort letztlich also niemanden mehr aufstellen, denn egal ob derjenige gewinnt oder nicht, in den Bundestag wird er kaum einziehen können. Die Hochburgen der Parteien bleiben allerdings unberührt, was dazu führt, dass die Demokratie in den wirklich interessanten Wahlkreisen teilweise ignoriert wird.

Dazu kommt die Abschaffung der Grundmandatsklausel, die theoretisch natürlich sinnvoll ist, aber an der praktischen politischen Parteienlandschaft in Deutschland vorbeigeht. Die CSU hatte bei der letzten Wahl 5,2% bundesweit und in Bayern trotzdem 45 der 46 Wahlkreise direkt gewonnen. Mal angenommen, es wären 4,9% gewesen, dann wären 45 der 46 Wahlkreise nicht vertreten gewesen. Da kann man dann eben nicht mehr von vereinzelten Wahlkreisen sprechen, die keinen Abgeordneten entsenden können, sondern muss von einem flächendeckenden Nachteil bayerischer Wahlkreise sprechen.

Kein Wahlrecht ist dafür da, der CSU den Einzug in den Bundestag zu garantieren, aber dieses Wahlrecht birgt in Anbetracht der politischen Realitäten eine Benachteiligung Bayerns, die schwer hinnehmbar ist.

Die Art und Weise, wie diese Reform durchgeboxt wurde, spricht Bände. Wie gesagt, die Rolle der CSU ist absolut unrühmlich, wenn man die letzten Versuche dieser Richtung Revue passieren lässt. Die Ampel hat aber entgegen des parlamentarischen Brauchs eine politisierung des Wahlrechts vorgenommen, wie es sie bisher nie gab. Änderungen des Wahlrechts wurden fraktionsübergreifend vorgenommen und nicht nach dem Schema "Regierung gegen Opposition". Wenn wir Pech haben, war das der Auftakt dazu, dass von nun an jede Regierung ihre eigene Wahlrechtsreform macht und sie ohne jede Rücksicht gegen die Opposition durchdrückt. Das ist einfach stillos. Auch die Art, wie mit Linker und Union umgegangen wurde, ist schwer verständlich. Im Entwurf aus dem Januar wurde die Grundmandatsklausel weiterhin zugesichert, sogar mit dem expliziten Vermerk, man wollte der Linken und der CSU nicht bewusst schaden. Die Streichung der Grundmandatsklausel wurde am Sonntag öffentlich und am Freitag wurde die Abstimmung trotz wiederholter Bitten, sie um 2 Wochen zu verschieben, um zu einem Kompromiss zu kommen, durchgezogen.

Das jetzt häufiger gebrauchte Argument "wer nicht hören will, muss fühlen" bezüglich der CSU ist absolut unangebracht, denn ein Wahlrecht darf nicht nach dem Prinzip geändert werden, dass man der Partei, die einem in den letzten Jahren nicht gepasst hat, das Leben schwer macht. Sie muss fair sein und den Realitäten Rechnung tragen. Das ist diese Reform nicht.

...zur Antwort

Das Wort "Reich" ist weder nationalsozialistisch noch undemokratisch. Das Deutsche Reich zwischen 1918 und 1933 war ein demokratisches System und wäre Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nicht geteilt worden, hätte es möglicherweise weiter "Deutsches Reich" geheißen.

...zur Antwort

Stand jetzt wird Olaf Scholz 2025 wieder antreten, die Wahl verlieren und die SPD wird in die Opposition gehen müssen.

Kanzler würde wohl der Unionskandidat, sei es Merz, Wüst, Söder, Günther oder wer auch immer kandidiert. 2029 wäre Klingbeil als SPD-Kandidat gut denkbar, ob er dann gewählt wird oder nicht, ist allerdings sehr unsicher.

...zur Antwort

Ich bin zwiegespalten.

Die Fastenpredigt fand ich wirklich langweilig und oberflächlich. Bissig war Schafroth nicht, sondern beließ es bei Slapstick-Humor, der Niemandem wehtut. Seine Moralpredigt am Ende mag zwar inhaltlich richtig gewesen sein, war aber am Nockherberg fehl am Platze. Ich habe in den letzten Tagen einige Wiederholungen aus den 00er-Jahren gesehen, als Bruno Jonas die Fastenpredigt hielt. Das war tiefgründig, intellektuell und bissig.

Das Singspiel dagegen war hervorragend, das Beste an das ich mich erinnern kann. Das neue Söder-Double Thomas Unger hat den heutigen Söder wesentlich besser getroffen als Stefan Zinner, der den jungen Generalsekretärs-Söder nie überwunden hatte und auch Nikola Norgauer als Olaf Scholz war klasse.

...zur Antwort
Helmut Kohl war der ideale Kanzler zwischen 1982-1998

Eigentlich nicht wirklich, aber man muss ja auch ein bisschen die politischen Realitäten in Deutschland betrachten.

Deutschland ist im Wesentlichen ein bürgerlich geprägtes Land, die Union ist die "strukturelle Mehrheitspartei" und muss mehr dafür tun, eine Wahl zu verlieren, denn eine Wahl zu gewinnen.

Die SPD-Kandidaten, die in Deutschland Kanzler geworden sind, waren Realpolitiker und definitiv nicht vom linken Flügel der Sozialdemokratie. Willy Brandt ist hier etwas gesondert zu betrachten, aber ein SPD-Linker war er als Mitinitiator des Godesberger Programms auch nicht. Gerade über Helmut Schmidt wurde oft gesagt, dass er in der falschen Partei sei und dass die Wähler ihn als Person geschätzt haben, die SPD aber deshalb nicht zwingend gewählt haben. Schmidt hat als Kanzlerkandidat keine Wahl gewonnen, er bekam 1976 und 1980 jeweils rund 42 Prozent und verlor damit gegen Helmut Kohl (1976) und Franz Josef Strauß (1980). Da die FDP von vornherein mit der Aussage in den Wahlkampf gegangen war, mit der SPD koalieren zu wollen, ist es absolut unkritisch, dass Schmidt nach beiden Wahlen zum Kanzler gewählt wurde. Es zeigt aber auch, dass ein signifikanter Anteil der Leute, die Schmidt schätzten, auf die FDP ausgewichen sind und nicht die SPD wählen wollten. Nicht mal im Jahr 1980 als Franz Josef Strauß der Gegenkandidat der Union war.

Schmidt scheiterte 1982 nicht an Helmut Kohl, sondern an seiner Partei. Schmidt vertrat mit dem Nato-Doppelbeschluss einen militärfreundlichen Kurs, der zwar bei Union und FDP Anklang fand, in der eigenen Partei aber nicht (kommt einem irgendwie bekannt vor, gell?).

Was will ich damit sagen? Schmidt war 1982 nicht mehr regierungsfähig, weil er in der SPD nicht mehr mehrheitsfähig war. Ein Weiterregieren war nach 1982 nicht mehr denkbar, deshalb ist es müßig, darüber zu spekulieren, denn Schmidt wäre eine Lame Duck gewesen und wäre die FDP 1982 nicht zur Union gewechselt, hätte die Union bei der nächsten Wahl 1984 die absolute Mehrheit geholt, egal wen sie aufgestellt hätte.

Hans-Jochen Vogel wäre sicherlich ein guter Kanzler geworden, war aber aufgrund des offenen Nachrüstungskonflikts in der SPD auch gehemmt. Auf YouTube gibt es ein Video einer Vorwahldiskussion zur Bundestagswahl 1983, indem es Vogel nicht wagt, zum Nato-Doppelbeschluss eindeutig Stellung zu beziehen, weil dieser in der SPD so umstritten war. Auch er wäre eine lame duck gewesen, insbesondere wenn er mit den Grünen hätte regieren müssen, was damals seine einzige Option war.

Rau steht für eine vollkommen gescheiterte Industriepolitik in NRW, die Getreu der sozialdemokratischen Fortschrittskritik viel zu lange an den alten Strukturen aus Kohle und Stahl festhielt. Ihn hätte ich mir nicht als Kanzler vorstellen wollen.

Lafontaine war bzw. ist ein (SPD-) Linker und zu links um mehrheitsfähig in Deutschland zu sein. Man muss ihm anrechnen, dass er im Wahlkampf 1990 ehrlich benannte, dass die Einheit teuer werden würde, dennoch hätte er wohl starke Akzente gesetzt, um Deutschland aus der transatlantischen Westbindung heraus- und richtung Russland zu führen. Das war damals falsch und ist es heute umso mehr.

Darüber hinaus möchte ich eine Lanze für den viel gescholtenen Helmut Kohl brechen. Kohl war zu lange Kanzler, keine Frage, aber er war so ziemlich der Einzige, der im Herbst 1989 die Chance zur deutschen Einheit erkannte und sie auch umsetzte. Wenn heute gesagt wird, ihm sei die EInheit "in den Schoß gefallen", ist das wirklich Blödsinn. Er hat das schmale Zeitfenster erkannt, um die DDR aus dem Warschauer Pakt freizukaufen und hat sie genutzt. Weder die Franzosen, noch die Briten, noch die Russen waren dafür und wer sich Äußerungen der damals führenden SPD-Politiker Lafontaine, Engholm oder auch Brandt und Bahr anhört, der merkt, dass Kohl hier eine wirklich niemand war, der sich ins gemachte Nest setzte.

...zur Antwort