Wussten DDR Bürger von ihrer Scheindemokratie?

21 Antworten

Da ich davon ausgehe, dass die Bürger der ehemaligen DDR mit dem gleichen hellen Köpfchen gesegnet waren und sind wie die Bürger der BRD, schlußfolgere ich, dass sie sehr wohl um die Stärken und die Schwächen ihres politischen und gesellschaftlichen Systems wußten. Dasselbe hoffe ich, manchen Anzeichen zum Trotz, auch immer noch von den Bewohnern der heutigen GesamtBRD.

Wissen alleine kann aber nichts verändern, wenn ein Machtapparat fest verankert ist und auch noch starke kräfte an seineer Seite hat, die die Aufrechterhaltung des bestehenden Systems wünschen. Notfalls mit Gewalt.

Was sagst du dazu, wenn in diesem unseren Staate propagiert wird, wir wären ein Sozialstaat, der seine Bürger abgesichert hat? Diese Aussage wird doch immer wieder gebetet und die WIrtschaft pocht drauf und haut mit dem Argument, was sie alles dafür tut, ihre gierigen Forderungen durch.

Fakt ist aber. alle Bürger wissen, dass das Rentenalter zwar auf 68 angehoben wurde, dass es aber de Facto keine Arbeit für die Bevolkerung gibt. Dass besonders die Arbeitnehmer ab 50 schon Schwierigkeiten am Markt haben.

Fakt ist, die Schulzeit wird auf Deibel komm raus verkürzt. Wir haben keinen zwingenden Lehrstellenüberschuß. Bildungsmäßig liegt immer noch einiges im argen. (Kann aber auch leicht hier bei GF erfahren werden :-))

Fakt ist, immer mehr Frauen wollen nicht zwingend Arbeiten während der Kindererziehungszeit, müssen es aber, da das Familieneinkommen eines Arbeitenden nicht ausreicht. Gleichzeitig stehen nicht genugBetreuungsplätze für Kinder aller Alterstufen zur Verfügung, damit meine ich auch die Hortkinder!!

Fakt ist, obwohl viele Frauen arbeiten gehen, erhalten sie in der Regel eine Rente, die sprichwörtlich zuwenig zum Leben und zuviel zum Sterben ist. Vorprogramierte Altersarmut.

Fakt ist, dass der Sozialstaat noch immer keine Lösung gefunden hat, ein Gleichgewicht zwischen den Arbeitenden untereinander herzustellen. Mit der Ausweitung der Leiharbeitermöglichkeit wurde eine ZweiklassenArbeitnehmergesellschaft zementiert. Gleiche Arbeit, ungleiches Geld.

Fakt ist, das die Absicherung der Bedürftigen, die Hilfe vom Staat erhalten nicht ausgewogen gestaltet wurde im Bezug auf die arbeitende Bevölkerung. Die derzeitige Gesetzeslage läßt es oftmals sinnvoller erscheinen, nicht arbeiten zu gehen, weil die Bedingungen für den Arbeitenden deutlich schlechter sind, als die mögliche staatliche Hilfe. offensichtlich haben hier auch Industrie und Arbeitgeber ein gezieltes Interesse, die beste Arbeit für den geringsten Lohn zu erhalten.

Fakt ist, alle wissen, welche Bedeutung Kinder für die Gemeinschaft haben, was Kinder aber auch kosten. Der Staat gibt Unsummen für Heimunterbringung, für Hilfe zur Erziehung, für Sozailverbände in der Familienbetreuung aus, aber die Familien selbst erhalten ein Kindergeld, welches eigentlich nur als ein Taschengeld zu bezeichnen ist.

Fakt ist, dass man in diesem Staat ruhig mit Hitlerfrisur rumlaufen darf und relativ ungeschoren davon kommt. Aber wehe man outet sich als proLINKS eingestellt. Da wird man zum Freiwild in der Nachbarschaft, die berufliche Karriere ist im A... und im Extremfall darf man mit liebevollster Begleitung unserer Gesetzeshüter an allen möglichen Stellen rechnen..

Vielleicht etwas lang geworden die Antwort, doch überleg, Was macht die Mehrzahl der Bürger in diesem unserem Staate, der sich als Sozial gerecht und demokratisch definiert???

Humpelschtilz  10.10.2012, 10:52

Liebelein er hat wg. DDR gefragt.

Aber Deins is auf Gegenwarzpolitik gesehn alles-alles richtig un verdient dicken DH.

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BigTumbler  12.10.2012, 20:43

DH-Merzherian! Diese Fragen kann man nur richtig beantworten, indem man Vergleiche anstellt.

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Man konnte nur versuchen, das Beste draus zu machen. Hat nicht jeder geschafft, wenn die Beziehungen fehlten. Und das politische wie Wahlen und so hat mich eh nicht genervt. Da bin ich sowieso nicht hingegangen. Weil wir keine Wohnung bekommen haben, sind wir halt nach Berlin zum Staatsrat gefahren, zwecks persönlicher Eingabe. Irgendeine Marionette hat das registriert und etwa zwei Wochen später durften wir uns die Wohnung anschauen. Was mir noch fehlt ist meine Stasi-Akte, die wurde nicht gefunden. Nur die entsprechende Karteikarte. Denn leise war ich nicht gerade manchmal.

Gegenfrage: Wussten die damaligen Bürger der Bundesrepublik von ihrer Scheindemokratie?

Die DDR-Bürger haben über Demokratie im Staatsbürgerkunde-Unterricht das gelehrt bekommen, was ins System der DDR passt, und in der Bundesrepublik wurde die Schüler das gelehrt, was zur "freiheitlichen Grundordnung" passt.

Beide Auslegungen von Demokratie und die Art und Weise, wie sie sich darstellte und darstellt, sind in großen Teilen fragwürdig und haben weder auf der einen noch auf der anderen Seite das Monopol auf Wahrhaftigkeit. Dazu braucht man sich nur die Gegenwart vor Augen zu führen und welchen Stellenwert das Volk (Demos) in der gegenwärtigen Demokratie einnimmt.

Weißt du, joshii, der Ex-DDR-Bürger hat einen Vorteil: Er hat sich von der Scheindemokratie sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik überzeugen können. Diesen Vorteil hatte der Schon-immer-BRD-Bürger nicht...

Humpelschtilz  10.10.2012, 10:49

grins - wissen die heutigen Bundesbürger von ihre Scheindemokratie? Ich denk ma: Nachdenker ja - aber se könn genauso nischt machen. Unse berümten Sachzwänge.... Gelddiktatur..... Verdummungsmanipulation.... un so weiterweiterweiter....... is überall auffe Welt so, woanders schlimmer oder besser aber is so.

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Huckebein  10.10.2012, 14:26
@Humpelschtilz

@Humpelschtilz, manchmal beneide ich dich um deine einfache Sicht der Dinge, und der Zuspruch zu deiner Antwort zeugt davon, dass einige genau so denken (oder denken wollen...). Auf jeden Fall hast du es leichter durch die Welt zu kommen als so manch anderer.:)

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Auch wenn das im Westen ein weit verbreitetes Vorurteil ist und war - nur weil die DDR-Kosumgüterproduktion um Jahrzehnte zurückgefallen war, waren die Ostdeutschen ja nicht dämlich! Im Gegenteil!

Könnte die DDR heute noch an PISA-Studien teilnehmen, so würde sich mancher in Westdeutschland erschrecken, wie elend weit vorne die DDR trotz Miss-Bildung Margot Honecker rangieren würde. Echten Bildung hat eben nicht allzuviel mit Fach- und Spezialwissen und den Möglichkeiten, dieses auf einem freien Markt anzuwenden, zu tun. Das nur nebenbei.

Natürlich war man sich dieses Umstands bewusst. Die Frage war nur, ob die indoktrinierten Kräfte das wissen wollten!

Sie sprachen ja ganz dezidiert von der Diktatur des Proletariats als der sublimierten höchsten Erscheinungsform der Demokratie und wiesen in gestelzten Traktaten nach, dass der Bonner Parlamentarismus die verscheleierte Diktatur des Kapital wäre. Soweit die Kommunisten, die ihr eigenes Verständnis von der Volksherrschaft (Demokratie) rechtfertigten.

Der Rest machte politische Witze, deren Nivaue teilweise Lichtjahre über dem lag, was heute so kurisert.

Fazit: Selbstverständlich! Nur, Wissen und Handeln, bzw. Äußern des Wissens waren und sind zwei verschiedene Paar Schuhe! Was tun, wenn Du bei der entsprechenden Aktivierung dieses Wissens damit rechnen kannst, Deine nächsten Lebensjahre in Bautzen, Hoheneck, Brandenburg-Görden, Torgau, Schwedt a. d. Oder, Lehnin... zu verbringen. Und ich rede jetzt nicht explicite von den teils malerischen Ortschaften, sondern von den in ihnen liegenden Gefängnissen, Strafanstalten und Jugendwerkhöfen!

PeVau  07.10.2012, 13:45

und wiesen in gestelzten Traktaten nach, dass der Bonner Parlamentarismus die verscheleierte Diktatur des Kapital wäre.

So gestelzt diese Traktate auch gewesen sein mögen, waren sie doch nicht falsch.

Das möchte ich jetzt nicht als Aussage über die DDR-Demokratie verstanden wissen, denn diese hatte in der Tat inakzeptable Mängel. Aber aus der mangelnden Demokratie in der DDR zu schließen, dass es dafür in der Bundesrepublik echte Demokratie gäbe erscheint mir denn doch zu einfach. Daran ändern die hierzulande größeren individuellen Freiheiten gar nichts.

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Bajun  07.10.2012, 15:36
@PeVau

Das die hiesige "Demokratie" keine Demokratie im Sinne des Wortes ist, weiß ich alleine. Ich bin ZONI! Und ich habe die kommunistische Gesellschaftskritik des Kapitalismus gelernt und halte sie nach wie vor für wasserdicht.

Dennoch bin ich der Ansicht, dass diese Demokratie, um mit Churchill zu sprechen, die beste aller schlechten Regierungsformen ist. Ich sehe jedenfalls keine funktionell suffiziente Alternative.

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Merzherian  07.10.2012, 21:48
@Bajun

:-(( und genau dies macht mir Angst. Seit ich die Frage mit ihren vielen erhellenden Antworten las, ging mir wieder einmal soviel durch den Kopf, zurück bis THomas Morus, doch den Schlüssel, wer hat den Schlüssel um die graue Theorie endlich in die Wirklichkeit umzusetzen.

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ahoi1  09.10.2012, 17:21
@Bajun

Das ist meiner Meinung nach die klügste Aussage zu dieser Thematik; damit komme ich klar, und darin erkenne ich mich selbst wieder:

"Dennoch bin ich der Ansicht, dass diese Demokratie, um mit Churchill zu sprechen, die beste aller schlechten Regierungsformen ist. Ich sehe jedenfalls keine funktionell suffiziente Alternative."

Bajun, du hast ein für meine Wenigkeit wichtiges und wahres Wort gesprochen!

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Die meisten wurden in den DDR-Schulen einer Gehirnwäsche unterzogen, sodass sie den kommunistischen Begriff der (Volks-) Demokratie verinnerlichten. Das ist in etwa eine Rätedemokratie, bei der das Volk Deputierte (Räte) wählt, die in einem Kongress (Volkskammer / Oberster Sowjet - Sowjets heißt „Räte“) den von einem Politbüro gemachten Gesetzen per Akklamation zustimmen. Dieser Art von Demokratie fehlen wichtige Aspekte der westlichen Demokratie, wie Gewaltenteilung und freie, geheime Wahl unterschiedlicher Parteien (d.h. Parteien mit echt unterschiedlichen Programmen). Außerdem fehlt die Meinungs- und Pressefreiheit völlig. Erst gegen Ende der DDR haben wohl die meisten dort gemerkt, dass zur Demokratie mehr gehört als die Merkmale der Rätedemokratie. Die Parole „Wir sind das Volk“, verbunden mit den Massendemonstrationen im Oktober / November 1989, beweist das. In den DDR-Schulen wurde dagegen die Demokratie der BRD als Scheindemokratie dargestellt, d.h. als ein Staatsgebilde, bei dem die Abgeordneten in Wahrheit „Knechte des Kapitals“ sind. Auch dieses Geschichtsverständnis haben die DDR-Bürger wohl weitgehend verinnerlicht – wie gesagt, bis 1989. – Ob damals in der „BRD“ oder heute in Gesamtdeutschland eine echte Demokratie gegeben war / ist, kann man tatsächlich bezweifeln. Man spricht ja heute von den Konsensparteien im Bundestag, sodass echte Alternativen in den Programmen kaum noch ersichtlich sind. Die Freiheit der Wahl (von echt unterschiedlichen Parteien) ist kaum noch gegeben. Auch die Meinungs- und Pressefreiheit ist in bedenklicher Weise eingeschränkt. Wer sich in seiner Meinung außerhalb der „politischen Korrektheit“ bewegt, wird zwar nicht verhaftet, aber sofort (in der Presse, von Politiker-Kollegen) niedergeschrieen, manchmal vor Gericht gezerrt. Ein Journalist, der sich nicht an die politische Korrektheit hält, verliert meistens seinen Job. Auch mit der Gewaltenteilung scheint es mir nicht weit her zu sein. Wenn ein ehemaliger Ministerpräsident, der also zur Exekutive gehörte, plötzlich im Bundesverfassungsgericht in der roten Robe auftaucht (Müller vom Saarland), ist das bedenklich. Die Wahl der Bundesverfassungsrichter müsste transparenter als demokratische Wahl gestaltet werden. Politiker, die es gewohnt sind, einseitig im Sinne der Parteilinie zu reden und zu handeln, sollen jetzt plötzlich nach dem Maßstab der Wahrheit und Gerechtigkeit urteilen. Es ist zu bezweifeln, ob sie dazu willens und in der Lage sind. (Politiker sind laut Schelsky „Halbdenker“!). - Dass in den „Wandelgängen“ des Bundestages Lobbyarbeit der Wirtschaftsunternehmen und Banken betrieben wird, steht außer Frage. Ein Abgeordneter kann nicht nur seinem Gewissen unterworfen sein, er muss auch auf die Lobbyisten hören, wenn es bei Gesetzen um die existenziellen Interessen der Unternehmen und Banken geht (hier stehen auch Arbeitsplätze in den Industrieunternehmen auf dem Spiel). Die Frage ist nur, ob der Einfluss der Wirtschaft und Banken nicht zu groß ist.