Wo liegt der Unterschied zwischen Habermas und K.O Apel's Diskursethik?

1 Antwort

Karl-Otto Apel und Jürgen Habermas haben verhältnismäßig nahestehende philosophische Auffassungen vertreten. Beide befürworten eine Diskursethik, beziehen sich auf einen Konsens (in einem idealen Diskurs) und haben einen rationalen und universalen Ansatz.

Karl-Otto Apel vertritt eine Transzendentalpragmatik, Jürgen Habermas eine Universalpragmatik (dabei wird das Transzendentale nur minimalistisch herangezogen, indem kommunikatives Handeln bzw. Diskurs Bedingungen der Möglichkeit hat, die unhintergehbar sind).

Die grundlegenden Unterschiede zwischen Apel und Habermas in ihren Fassungen einer Diskursethik betreffen folgende Fragen:

1) Begründung des ethischen Prinzips/Moralprinzips

2) Art der Orientierung am ethischen Prinzip/Moralprinzip

Begründung des ethischen Prinzips/Moralprinzips

In einer Ethik gibt es Geltungsansprüche für ethische Prinzipien, Normen und Regeln. Ihre Verbindlichkeit bedarf irgendeiner Begründung.

Karl-Otto Apel ist in der Begründungstheorie ehrgeiziger, während Jürgen Habermas dabei schwächere Ansprüche vertritt. Gemeinsam ist ihnen der Gedanke, die Verbindlichkeit des diskursethischen Moralprinzips könne von denkenden Wesen prinzipiell nicht ohne Selbstwiderspruch bestritten werden.

Habermas betont bei einer Konsenstheorie der Wahrheit eher kommunikationstheoretisch die Gewährleistung eines richtigen Diskurses zur Einlösung von Geltungsansprüchen, also einfach ein Verfahren, Apel dagegen erkenntnistheoretisch die Gewährleistung einer konsensfähigen Auswertung sachlich verfügbarer Wahrheitskriterien. Apel erklärt, die Konsenstheorie bedürfe eine Ergänzung durch eine Theorie der Evidenz der Korrespondenz (einer Entsprechung zwischen Aussagen, die etwas behaupten, und den Phänomenen, auf die sich diese Aussagen beziehen).

Habermas lehnt eine Letztbegründung ab. Er hält Letztbegründung für unmöglich und auch unnötig. Seiner Meinung nach gibt es keine definitiven Begründungen. Alle Standpunkte betrachtet er als vorläufig und fehlbar. Bei allen Theorien, auch überzeugend begründeten und als gültig akzeptierten Theorien, ist nach seiner Auffassung die Möglichkeit einer Falsifikation (Nachweis der Falschheit/Ungültigkeit) nicht ausgeschlossen. Habermas verweist gegen eine Letztbegründung auf einen seiner Meinung nach bestehenden internen Zusammenhang zwischen der Beschreibung und der Bewertung von Gründen.

Apel dagegen vertritt die Auffassung, eine Rationalitätstheorie und eine Diskursethik könnten ohne Letztbegründung nicht zureichend durchgeführt werden. Er hält eine Letztbegründung für möglich, durch reflexive Evidenz, nämlich eine Reflexion auf die subjektiv-intersubjektiven Bedingungen der Möglichkeit intersubjektiv gültiger Argumentation Ein Apriori der Kommunikationsgemeinschaft). Apel lehnt einen uneingeschränkten Fallibilismus (erkenntnistheoretischer Standpunkt, nichts sei mit Sicherheit erkennbar und als endgültig wahr anzuerkennen) ab.

Art der Orientierung am ethischen Prinzip/Moralprinzip

Apel meint, nicht nur das diskursethische Moralprinzip selbst begründen zu können, sondern auch auch gewisse praktische Zielorientierungen als verbindlich erweisen zu können. Solche Ziele sind als grundlegende regulative Prinzipien, a) das Überleben der menschlichen Gattung als der realen Kommunikationsgemeinschaft sicherzustellen und b) in der realen Kommunikationsgemeinschaft immer mehr eine ideale Kommunikationsgemeinschaft zu verwirklichen.

Habermas hält es dagegen für unmöglich, Anwendungsbedingungen der Diskursethik zum Inhalt einer diskursethisch begründeten moralischen Verpflichtung zu machen. Er fügt nur zu einem Universalisierungsprinzip einen Diskursgrundsatz hinzu.

Insiderpilz93 
Fragesteller
 15.05.2020, 20:11

Wow super vielen vielen Dank!

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