Wirkungsgrad bei einer Windkraftanlage erläutern?

3 Antworten

Der Wirkungsgrad ist der Anteil an eingesetzter Energie, den man als Nutzenergie herausholen kann.

Der Gesamtwirkungsgrad einer Umsetzungskette ist das Produkt der Einzelwirkungsgrade.

Dummerweise sind hier keine Einzelwirkungsgrade gegeben, sondern die Verlustanteile bezogen auf die Ausgangsenergie. Das macht die Berechnung etwas mühsamer.

(Außerdem ist das sehr missverständlich formuliert: In "Die im Getriebe entstehenden Verluste durch Reibung betragen 4%" erwartet man, dass sich die Prozentangabe auf die Energie/Leistung bezieht, die ins Getriebe eingeht und nicht auf den Windrotor. - Aber so was kommt bei Journalisten regelmäßig vor. Würde mich nicht wundern, wenn der Ingenieur tatsächlich 96% Wirkungsgrad des Getriebes gemeint hat und der Journalist die Zeichnung nach seinem falschen Verständnis angefertigt hat. Aus solchen Gründen hat mein Vater immer empfohlen, den Journalisten bei einer hohen Vertragsstrafe zu verbieten, etwas ohne Korrekturlesen und Freigabe durch den Interviewten zu veröffentlichen.)

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Hier ist die eingesetzte Energie die Bewegungsenergie des Windes. Der Wind wird abgebremst, und ein Teil der Bremsenergie wird in elektrische Energie umgewandelt.

Die verschiedenen Mechanismen des Energieverlustes sind im Artikel zumindest angedeutet. Hier musst du noch etwas mehr dazu erläutern.

Windenergie: Den Wind kann man nicht zum Stillstand abbremsen (was eine vollständige Entnahme der kinetischen Energie bedeuten würde). Warum nicht?

Hinzu kommen noch Wirbel, die sich immer bilden, wenn sich Luft und ein fester Gegenstand zueinander bewegen.

Getriebe: dürfte selbsterklärend sein

Generator: siehe auch die Stichworte "Kupferverluste" und "Eisenverluste".

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium, Hobby, gebe Nachhilfe

Was da über 60% Verluste am Rotor steht, ist falsch. Die Verfasser haben nicht richtig verstanden, worüber sie schreiben.

Daß der Rotor dem Wind nur höchstens ca. 40% seiner Energie entnehmen kann, hat nichts mit Reibung und Wirbeln zu tun. Es folgt einfach daraus, daß die strömende Luft, wenn man ihr Bewegungsenergie entnimmt, sich staut und der nachströmenden Luft den Weg versperrt. Bleibt sie stehen, dann kann keine weitere Luft nachströmen und es kommt auch keine Energie mehr nach. Darum kann man der strömenden Luft höchstens 16/27 (≅ 40 %) ihrer Bewegungsenergie wegnehmen. (Wer die Berechnung sehen will, der findet sie unter "Betzsches Gesetz".)

Die 60% der deshalb ungenutzten Windenergie "Verlust" zu nennen, ist Unsinn, denn niemand hat etwas eingesetzt und verloren. Es ist ja auch kein "Verlust", wenn man Fische über die festgelegte Fangquote hinaus nicht fängt, sondern leben läßt, weil sie sonst aussterben und es nichts mehr zu fangen gibt.

Gegner der erneuerbaren Energie reden zuweilen von solchen "Verlusten" der Windkraftanlagen oder ebenso irreführend von ihrem dementsprechend geringen "Wirkungsgrad", um sie als minderwertige Technologie zu diskreditieren.

Energieverluste durch Reibung und Wirbel gibt es bei der Windkraftanlage übrigens wirklich, aber sie sind viel kleiner als die 60%, von denen hier die Rede ist. Die Wirbel entstehen zum Teil dadurch, daß der Rotor Drehimpuls an die abströmende Luft abgeben muß. (Das folgt aus dem Prinzip der Drehimpulserhaltung.) Andere Wirbel entstehen an den Enden der Flügel. Hier macht es eher Sinn, von Verlusten zu reden, weil man sie durch überlegte Konstruktion vermindern kann.

Grundsätzlich ist der Wirkungsgrad η definiert als das Verhältnis von Wirkung zu Aufwand:
η = Wirkung / Aufwand

Bei der Windkraftanlage ist die gewünscht Wirkung die Erzeugung von elektrischem Strom. Die Wirkung ist also das, was man am Ende rauskriegt.
Der Aufwand ist das, was man als Energie in die Anlage reinsteckt. Das wäre hier die Windenergie. Diese sogenannte Windenergie, ist die Energie, die die strömende Luft als kinetische Energie besitzt.

Wenn wir die Windenergie als Ew und die elektrische Energie als Eel bezeichnen, gilt:
η = Eel / Ew

η kann man entweder als Dezimalzahl (z.B. 0,8) oder als Prozentangabe (z.B. 80%) angeben.

Aufgrund des Energieerhaltungssatzes kann am Ende nie mehr rauskommen als das, was man am Anfang reinsteckt. Deshalb ist Eel immer kleiner als Ew und das hat zur Folge, dass η grundsätzlich kleiner als 1 bzw. 100 % sein muss.

Das, was am Ende nicht rauskommt, muss ja irgendwo bleiben, denn Energie kann nicht nur nicht erzeugt, sie kann auch nicht vernichtet werden. Das sagt jedenfalls der Energieerhaltungssatz. Das, was unterwegs an Energie verloren geht, bezeichnen wir als Verluste, Verlustenergie oder Everl.

Es gilt also:
Ew = Eel + Everl
umgeformt:
Eel = Ew - Everl

Wenn man das in η = Eel / Ew einsetzt, ergibt sich:
η = (Ew - Everl) / Ew = 1 - Everl/Ew

Durch weitere Umformungen gibt es noch weitere Möglichkeiten, eine Formel für η anzugeben.

Für die Windkraftanlage gilt jedenfalls, dass der Wirkungsgrad η = 29 % = 0,29 beträgt. Dies lässt sich dem Energieflussdiagramm direkt entnehmen.

Dieser sogenannte Gesamtwirkungsgrad lässt sich auch in Einzelwirkungsgrade für die einzelnen Anlagenteile aufteilen.

Dazu ist die obige Formel

η = 1 - Everl/Ew, denn in dem Diagramm sind jeweils die einzelnen Verluste angegeben. Dass in dem Diagramm keine Absolutwerte in Joule oder kJ angegeben sind, sondern nur Prozentwerte, macht gar nichts, denn bei dem Bruch Everl/Ew fällt die Maßeinheit sowieso raus.

Also rechnen wir:
Rotor:
ηr = 1 - Everl/Ew = 1 - 60%/100% = 1 - 0,6 = 0,4 = 40%

Aus η = Wirkung / Aufwand folgt:
Wirkung = η * Aufwand

Die Wirkung des Rotors besteht darin, Rotationsarbeit (Wellenarbeit) Wr zu erbringen:
Wr = 0,4 * Ew

Getriebe:
Die durch den Rotor erbrachte Arbeit geht als Aufwand in das Getriebe hinein. Es gehen 4 % von Ew verloren:
Everl = 0,04 * Ew

Damit ergibt sich für das Getriebe ein Wirkungsgrad ηg von:

ηg = 1 - 0,04 * Ew/0,4 * Ew = 1 - 0,1 = 0,9 = 90%

Am Ende des Getriebes kommen also als Wellenarbeit raus:
Wg = 0,9 * Wr = 0,9 * 0,4 * Ew = 0,36 Ew

Generator:

Die durch das Getriebe erbrachte Arbeit geht als Aufwand in den Generator hinein. Es gehen 7 % von Ew verloren:
Everl = 0,07 * Ew

Damit ergibt sich für den Gereator ein Wirkungsgrad ηgen von: 
ηgen = 1 - Everl/Ew = 1 - 0,07 * Ew / 0,36 * Ew = 1 - 0,194 = 0,806 = 80,6 %

Wenn man nun die Einzelwirkungsgrademiteinandermultipliziert, muss wieder der Gesamtwirkungsgrad rauskommen:

ηges = ηr * ηg * ηgen = 0,4 * 0,9 * 0,806 = 0,29...und siehe da, das stimmt.