Wiegen wir genau genommen bei Ebbe weniger und bei Flut mehr?

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Hallo EinBenutzer,

Du verwechselst hier Schwerkraft - also Anziehungskraft - mit Gezeitenkraft. Das ist nicht dasselbe.

Wie groß ist denn der Schwerkrafteinfluss des Mondes auf uns?

Der Mond zieht selbstverständlich auch Menschen, Pflanzen und Tiere an. Aber halt sehr schwach. Die Schwerkraft (oder Gravitation) zwischen 2 Körpern ist umso größer, je schwerer die beiden Körper sind und je kleiner, desto weiter sie auseinander sind. Die Stärke der Kraft nimmt sogar quadratisch mit der Entfernung ab.

Selbst auf der Mondoberfläche zieht uns der Mond - wegen seiner geringeren Masse - nur etwa 1/6 so stark an, wie die Erde auf der Erdoberfläche. Die Anziehungskraft, die der Mond auf uns auf der Erdoberfläche ausübt - also im mittleren Abstand von 384400 km - ist also sehr, sehr gering, weil er so weit weg ist. Um genau zu sein: Für uns auf der Erdoberfläche ist die Anziehungskraft des Mondes 300 000 mal kleiner als die Anziehungskraft der Erde!

Das bedeutet konkret: Wenn der Mond hoch oben im Zenit steht, wirkt seine Anziehung der Erdanziehung genau entgegen, der Effekt wird maximal. Das heißt, der Mond macht uns um ein Dreihunderttausendstel leichter als wenn er in Horizontnähe steht und der Effekt wegfällt, weil die beiden Kräfte senkrecht zueinander stehen.


Man sollte den Effekt nicht überschätzen: Man kann leicht ausrechnen, dass Du genauso viel leichter wirst, wenn Du etwa 10 Metern höher im Schwerefeld der Erde bist, also z.B. vom Erdgeschoss in den zweiten Stock gehst.

Und jetzt schauen wir uns die Gezeitenkraft an:

Dafür muss man sich überlegen, was Gezeitenkraft eigentlich ist: Sie entsteht nämlich durch den _Unterschied_ der Anziehungskraft (Schwerkraft) an 2 entgegengesetzten Enden eines Körpers. Mit diesem Kräfteunterschied zieht der Mond quasi unseren Körper auseinander, wenn er über uns steht. 

Durch Gezeitenkraft wirst Du also nicht leichter oder schwerer, sondern ggf minimal gestreckt. Minimal deshalb, weil man ausrechnen kann, wie winzig dieser Unterschied der Anziehungskraft auf unsere Körpergröße ist: Ein rund 2 Meter großer Mensch wird durch die Gezeitenkraft des Mondes also etwa so gezerrt, wie auf einer Streckbank, an die wir als Gewicht eine einzige Körperzelle hängen. Das ist in aller Regel zu ertragen. Wenn wir eine Hautschuppe verlieren, ist die Schwerkraftänderung größer.

Nicht vergessen sollte man bei dieser Rechnung: Alle Massen üben diese Kräfte aufeinander aus. Wenn wir unseren Mensch neben den Eiffelturm stellen, so würde der Eifelturm eine etwa 1600 mal so große Gezeitenkraft auf ihn ausüben. Und stehen wir neben einem Menschen, so übt dieser je nach Gewicht sogar die bis zu 80 000 fache Gezeitenkraft des Mondes auf uns aus.

Also: Ja: Du wirst durch die Gravitationswirkung des Mondes tatsächlich leichter (etwa um ein 300 000stel), wenn dieser exakt über Dir steht. Nicht aber durch die Gezeitenkraft, die zieht Dich auseinander.

Wenn der Mond über Dir steht ist außerdem nicht "Ebbe", sondern eher "Flut".

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
uteausmuenchen  21.07.2015, 00:51

Vielen Dank für das Sternchen! Ich freue mich sehr.... =D

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Es ist eher umgekehrt:

Wenn der Mond das Wasser anzieht, dann ist das Flut. Und dann kompensiert die Anziehungskraft des Mondes einen geringen Anteil von Deinem Gewicht. Auf einer Federwaage würdest Du dann einen kleineren Ausschlag bewirken. (wenn Du das als Gewichtsänderung interpretieren willst ...)

Allerdings ist der Effekt so klein, dass er mit einer normalen Waage ganz einfach nicht zu messen ist.

Aber theoretisch, ja, da ist dieser Effekt durchaus vorhanden.

Ja die Gewichtskraft wird schwächer, aber die Masse bleibt gleich ;)

Umgekehrt: Streng genommen wiegen wir bei Ebbe etwas mehr, das dürfte aber praktisch kaum nachweisbar sein. Wo sich der Wasserspiegel durch äußere Kräfte absenkt, ist ja die Summe von Zentrifugal- und Zentripetalkräften (um das Baryzentrum, den gemeinsamen Schwerpunkt des Erde-Mond-Systems) offensichtlich etwas größer. Die Gezeiten sind das Ergebnis solcher Kräfte auf die gesamte Wassermasse der Ozeane. Und die werden selbst auch nur an den Küsten sichtbar als eine Art "Schaukelbewegung".

Beachte: Ebbe bedeutet ablaufendes Wasser und nicht Niedrigwasser!