Wie werde ich die Angst vorm Zeichnen los?
Liebe Gutefrage.net Community,
Ich will mit dem zeichnen Anfangen, da ich finde, dass es auf der Welt so viele schöne Dinge auf der gibt aber viele Menschen diesen dich so alltäglichen Dingen keine Beachtung schenken. Ich möchte diese schönheit einfangen können.
Es gibt eigentlich nichts was mich davon abhält außer einer Sache: die Angst vorm Versagen. Ich bin nicht mit Talenten geboren noch bin ich sonderlich geübt darin, ich möchte es ja erlernen. Das ist ein langes Vorhaben und ich bin auch bereit jeden Tag zu üben, doch ich kann mich nicht dazu bringen ein angefangenes Bild fertig zu zeichnen. Ich habe versucht meine Zimmerpflanze zu zeichnen doch das Blatt immer Weggeworfen, da es nicht so aussieht wie ich es mir vorstelle und man es kaum erkennt. Ich schaffe es nicht mich selbst zu akzeptieren.
Wie werde ich diese Angst los und lockerer? Wie kann ich über mich hinauswachsen? Ich traue mich nicht diesen Schritt zu gehen.
Ich bin dankbar für jede Antwort
LG
5 Antworten
Also trockener Anfänger macht es auch keinen Sinn direkt "Meisterwerke", sprich ausgearbeitete Bilder zu versuchen. Das ist einfach zum scheitern verurteilt. Bei dem ersten Versuch Tennis zu spielen würdest du ja auch keinen Wettkampf direkt mitmachen ^^
Wenn man ernsthaft lernen will zu zeichnen und das in möglichst schneller Zeit mit schnellen Erfolgen, dann muss man eine lange Phase einplanen in der man keine Motive zeichnen wird, keinen kreativen Input bekommt. Es ist eine öde, wehleidige Arbeit welche sich aber SEHR schnell bezahlt macht.
Die meisten die zeichnen haben mit 12 o.ä. angefangen und einfach gezeichnet ohne sich einen Kopf zu machen (im Gegensatz zu dir) und sind dann ganz langsam besser geworden. Was du also brauchst ist ein Schritte Plan mit dem du schnell lernst.
Step 1 - Stiftführung ) Übe überhaupt erstmal den Stift zu beherrschen. Zeichne ein DinA4 Heft (weiße Blätter) voll mit möglichst gerade Linien, Linien die sich an der Spitze mit einem Schwung treffen und runde, geschlossene Kreise. Alles ohne zu stricheln und in alle möglichen Richtungen, Größen und gerne auch Mustern.
Step 2 - Perspektive/Dreidimensionalität ) Lerne Objekte dreidimensional zu begreifen. Zeichne Objekte, z.B. Bälle, "Blobs" (also irgendwelche rundlichen Formen), Flaschen und andere Gegenstände erstmal komplett ohne Schattierung und versehe sie mit Gitternetzen, so dass sie Dreidimensional erscheinen.Versuche dich auch mal an Fluchtpunkten und dem drehen von Objekten, nutze Referenzen.
Step 3 - Schatten ) Übe Objekte zu Schattieren. Fange mit einer Kugel an (suche dir Referenzen im Internet, aber NUR echte Fotos!) aus verschiedenen Lichtsituationen, schaue was es für verschiedene Stufen von Schatten gibt etc. Arbeite dich zu komplizierten Objekten vor.
Step 4 - Detailstudien ) Fange nun an dein Wissen auf Objekte, z.B. Blumentöpfe, Obst o.ä. zu übertragen. Zeichne sie von Fotos ab und wende dabei dein Wissen über Dreidimensionalität und Schatten an, analysiere die Bilder während dem zeichnen und werde dir bewusst WIESO du das so zeichnest wie du es zeichnest und wieso es vielleicht nicht richtig aussieht. Versuche ebenfalls die Perspektive zu treffen, wende dazu Hilfslinien an.
Ab diesem Punkt solltest du genug Basis-Skill besitzen um auf deine eigene Art und weise weiter zu lernen c:
So banal es klingt: Einfach damit anfangen und üben.
Ich hab selbst ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich wollte immer zeichnen können und war nie mit mir zufrieden. Irgendwann hab ich damit begonnen, nicht gleich nach Perfektion zu streben sondern mir selbst nicht so einen großen Druck zu machen und das zeichnen mehr zu genießen. Wenn du unbedingt perfekt sein willst, geht viel zu schnell der Spaß daran verloren und das wäre dann wirklich schade.
Also noch mal kurz und knapp: Mach dir keinen Druck, hab Spaß und zeichne drauf los. Und vielleicht ist es gut, sich die Zeichnungen aufzuheben, auch wenn du nicht zufrieden bist. Irgendwann wirst du Fortschritte sehen, wenn du deine Zeichnungen mit älteren vergleichen kannst und das ist echt motivierend :)
mein Tipp dazu:
einfach anfangen ohne an ein Ergebnis zu denken. ChimizuChan hat dir ein paar Ideen gegeben, die aber schon recht kompliziert sind. Suche dir verschiedene Stifte, weiche und harte, vielleicht auch Kreide, einen Kugelschreiber, ein Fineliner, was immer du bei dir hast.
Dann nimm dir Papier, nicht zu klein, am besten einen einfachen A3-Block oder noch besser kauf dir eine Rolle Makulaturtapete - im Tapetenhandel. Da hast du in Tapetenbreite einige Meter lang und kannst endlos malen.
Probiere deine Stifte aus, halte sie locker, und zeichne Striche, waagerecht, senkrecht, diagonal, einfach so, dann dichtere Strukturen. Ebenso kannst du Ovale zeichnen, Kreise, Zickzack-Linien, Wellenlinien. Versuche unterschiedlich stark aufzudrücken, was nur bei Bleistiften, Kohle, Kreiden geht. Zeichnen ist Ausprobieren und Beobachten, Sehen lernen.
Nimm dir von deiner Pflanze mal nur ein Blatt vor, nicht gleich die ganze Pflanze, schau sie dir genau an und zeichne die Form gedanklich nach, dann mit einem Stift, immer und immer wieder, bis ein Blatt fast voll ist. Du kannst auch mal ein Blatt hervorheben, es mit einer Schraffur füllen. Sei da ganz spielerisch: Kinder malen auch irgendwas: setzen Punkte ein, Striche oder ganz andere Formen.
Deine Scheu vorm Zeichnen kannst du nur übers spielerische Ausprobieren ablegen, einfach drauf los malen, ohne Druck und Ziel. (Ich möchte nicht von mir ausgehen, ich habe schon mit 3 gezeichnet, einfach so. Meine Kinder habe ich malen lassen, was immer in ihnen steckte.)
Zeichne dein Blatt mal von außen nach innen und umgekehrt, d.h. zeichne die Form als Linie und dann zeichne die Fläche, die zu einer Form wird. Das hat viel mit Entdecken zu tun. Wenn du das eine Pflanzen-Blatt ausprobiert hast, kannst du mehrere Blätter nehmen, beobachten, wie sie sich in der Form unterschieden, dadurch dass sie dreidimensional sind. Also schmaler werden, sich drehen, vielleicht etwas abknicken. Ein Blatt hell lassen, eines grau schraffieren, eines schwarz füllen - dann entstehen bereits Helligkeitskontraste.
Wenn du merkst, dass dir das realistische Skizzieren nicht so liegt, dann probiere eher Strukturen, auch gemischt mit Kreiden, verwische, male drüber. Oder lege ein Material mit starker Struktur unter dein Blatt und zeichne da drüber- dann drücken sich Strukturen ab. (sog. Frottagen). Probiere es einfach aus. Nach der ersten Form kommt eine nächste. Z.B. ein Glas. Einfache Linien, dann addiere die Form, oder zeichne sie in unterschiedlichen Größen. Nebeneinander, übereinander, ineinander.
Schau dir Bilder an, Werbung, Plakate, Buchtitel. Cover, suche nach einfachen Formen - Kreise, Dreiecke, Linien. Ich wünsche dir viel Spaß beim Entdecken und Ausprobieren.
Über dich hinauswachsen?
Du wirfst 1 Blatt nicht weg, sobald du es entsorgen willst und malst morgen weiter dran.
Du solltest z.B. nicht 1 Blumenstrauss schön malen wollen, sondern, ganz bewusst, nur ein Teil davon. Nicht das Ziel ist das wichtige. Sondern: Der Weg IST das Ziel. Wenn du auf dem Weg Malen, jedes Stückchen bestmöglichst mailst, dann wird das Ziel wunderbar sein können.
Vielleicht steckt eine allgemeinere Versagensangst dahinter, die du mit dem Zeichnen verarbeiten kannst.