Wie sollte man Bach spielen?

3 Antworten

Hallo Ilosch,

die Aufgabe ist nicht ganz einfach, wenn man nicht über das Hintergrundwissen verfügt. Habt Ihr nicht Material zur Aufführungspraxis bekommen?

Was haben die drei Autoren gemein?

  • Alle drei sind Pianisten.
  • Sie spielen Cembalowerke auf dem modernen Klavier (Flügel), jeweils ihrer Zeit.
  • Sie sind nicht oder nur geringfügig mit historischer Aufführungspraxis und originalen Quellen der Barockzeit vertraut.
  • Aufgrund ihrer teilweisen oder völligen Unkenntnis lehnen sie historische Aufführungspraxis und das Cembalo als adäquates Instrument ab.
  • Keinem scheint bekannt oder bewusst zu sein, dass Bach das Hammerklavier (den Vorgänger unseres heutigen Klaviers) wohl kannte, für sich und seine Musik jedoch ablehnte.

Ferruccio Busoni
war ein Komponist und Pianist der Romantik. Ihm war zu seiner Zeit der Zugang zu authentischen Quellen und authentischen (barocken) Instrumenten weitestgehend verschlossen, somit war es natürlich, dass er den romantischen Idealen folgte.
Die Musik und ihr Vortrag (ihre Interpretation) seien etwas 'vom Himmel gegebenes', somit der musikwissenschaftliche Zugang per se ausgeschlossen. Da er barocke Praxis nicht kannte, sah er in der Notenschrift etwas Unvollkommenes, das den Weg zu lebendiger Musik nicht erschließen kann. Musik wieder lebendig werden lassen kann nur der Künstler dank himmlischer Eingebung.
Musiker, die sich weitestgehend auf den Notentext berufen, nennt er Gesetzgeber. Ihnen ist die himmlische Eingebung verwehrt.
Seiner Auffassung nach spielt man Bach 'himmlischen Eingebungen' folgend.

Keith Jarrett
ist ein amerikanischer Jazz-Pianist, der erst relativ spät - zumindet öffentlich - klassische Musik gespielt hat. Immerhin hat er das gesamte 'Wohltemperierte Klavier' und die Goldberg-Variationen von Bach auf dem Klavier eingespielt, dazu Bachs Gamben-Sonaten mit (moderner) Bratsche und Cembalo.
Keith Jarrett ist der Ansicht, Bachs Musik klinge aus sich selbst heraus, sie müsse nur gespielt werden, gestalten müsse man sie nicht: Die 'Bewegungslinien' (gemeint ist die Stimmführung) sei hinreichend ausdrucksstark.
Seiner Auffassung zufolge gestaltet man diese Musik minimal und lässt sie für sich sprechen.

Herbert Henck,
der Jüngste unter den drei Pianisten, ist Spezialist für zeitgenössische (moderne) Musik. Sein Aufsatz liest sich zum größten Teil wie der eines Amateurs, eines Liebhabers. Er hat in seiner Kindheit abstoßende Erfahrungen mit Bachs Klavierwerken gemacht und hatte offenbar auch später niemanden, der ihm das Wesen dieser Musik näherbringen konnte.
Immerhin gehört er einer Generation an, der die originalen Quellen und Informationen über barocke Aufführungspraxis hätten hinreichend bekannt sein können. Aus welchen Gründen auch immer haben die ihm jedoch nicht weitergeholfen. Im Gegenteil: sie haben ihm großen Frust bereitet, und in der Folge hat er sich nicht mehr an ihnen orientiert, sondern an seiner 'Intuition'.

Das ist nun alles sehr verkürzt - kannst Du dennoch etwas damit anfangen?

LG
Arlecchino

Um Gottes Willen was soll man damit anfangen wenn man nicht selber Pianist ist...

Herbert Henck schreibt im Grunde man soll intuitiv machen was einem gefällt. Er polemisiert gegen historisch informierte Aufführungspraxis und tut so als würde diese sich ständig irren und nur Verwirrung stiften und sei nicht machbar und außerdem führe sie zu museal verstaubten Aufführungen.

Busoni ist ein pathetischer Esoteriker, der offenbar der Meinung ist, Musiker seien göttliche Genies, die im Augenblick ihrer tollen Perfomance eine Offenbarung der ewigen Harmonie erfahren, die aber jedesmal anders ist.

Jarrett vertritt die Meinung man solle einfach die Noten spielen die da stehen und sich etwas zurückhalten, selbst das ganze agogisch und dynamisch zu gestalten.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – in der Schule haben wir Lieder gesungen (z.B. über Ponys)

Hallo,

Irgendwie gewinnt man den Eindruck dass sich auch nicht 2 Personen auf einen Stil Bachs einigen könnten, jeder hat so seine Interpretation oder propagiert keinerlei Interpretation anzuwenden, weil die Kompositionen aus sich heraus sprechen.

Aus Überlieferungen zu Bachs Spiel weiss man dass er stets alle Möglichkeiten eines Intruments ausschöpfte und auch Hilfestellungen leistete ein Instrument zu verbessern, insbesondere Orgeln. STets ekannte er den geschmacklichen Hintergrund eines Instruments und inwieweit seine Kompositionen daraus profitieren konnten.

Seine Kompositionen konnten auch mit verschiedenen Instrumenten authentisch gespielt werden, weil ihm die Mathematik dahinter wichtiger war als jede Lyrik.

lg

Harry