Wie läuft die Alarmierung bei größeren, freiwilligen Feuerwehren ab?

10 Antworten

Wir haben auch nur 70-100 Einsätze im Jahr.

Naja... mit "70 bis 100 Einsätzen im Jahr dürftet ihr wohl schon zu den "größeren Wehren" gehören. Ich behaupte mal, dass ein Großteil der Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland weniger als 15 Einsätze im Jahr fährt...

es gibt ja Feuerwehren, die haben 400 oder mehr Einsätze. Das wäre jeden Tag ein Einsatz. Wie sieht es da aus? Gibt es Schichten,

Genauso, wie auch bei fast allen anderen Feuerwehren.

Auch bei euch werden ja sicherlich nicht alle Einsatzkräfte zu jedem Einsatz alarmiert. Es wäre ja Blödsinn, wenn beispielsweise 50 Kameraden/innen ihren Arbeitsplatz verlassen, um einen brennenden Mülleimer zu löschen oder eine Katze vom Baum zu "retten".

Hierfür gibt es normalerweise eine Schleifenalarmierung. Also die Möglichkeit, ahängig von Alarmstichwort und/oder Tageszeit nur einen bestimmten Kreis an Kräften zu alarmieren. Das machen wir als kleine Wehr mit rund 25 Einsätzen/Jahr genauso. Bei uns werden Führungskräfte immer alarmiert, die restlichen Kräfte sind abhängig von ihrem Arbeitsplatz bzw. der Entfernung zum Arbeitsplatz in eine Kleinalarmschleife-Tag (6 bis 18 Uhr) und eine Kleinalarmschleife-Nacht (18 bis 6 Uhr) eingeteilt. Bei größeren Einsätzen gibt es natürlich Vollalarm für alle Kräfte.

Das Ganze wird dann bei größeren Wehren entsprechend angepasst. Beispielsweise eine Alarmierung nach Funktion (AGT, SAN, ...), nach Tageszeit (Kleinalarm-Tag/Nacht) oder Wochentag oder auch nach Fahrzeug (Schleife HLF 1, Schleife HLF 2, Schleife DLK, Schleife RW, ...). Damit reduziert sich die Anzahl der Alarmierungen pro Einsatzkraft schon mal deutlich.

Bei den größeren Wehren unserer Region (ab 30.000 Einwohner aufwärts) ist es zudem so, dass die Städte hauptamtliche Gerätewarte einstellen. Diese sind zwar keine Berufsfeuerwehrleute, sondern technische Angestellte der Stadt - sie sind aber zeitgleich Mitglieder der FF und einer eigenen "Hausalarm-Schleife" zugeordnet. Mit 4 bis 6 Gerätewarten lassen sich so tagsüber schon eine ganze Menge Kleineinsätze (Kleinstbrände, Türöffnungen, Tragehilfe RD, festsitzende Fahrstühle, Ölspuren, Katze auf Baum usw.) abarbeiten, ohne dass jemand seinen zivilen Arbeitsplatz verlassen muss.

Und wo das Einsatzaufkommen auch das überschreitet, da kann dann eine hauptamtliche Wachabteilung ins Leben gerufen werden. Also feuerwehrtechnische Angestellte (Berufsfeuerwehrleute), die an Wochentagen beispielsweie von 7 bis 16 Uhr mindestens in Gruppenstärke vor Ort sind und so die FF entlastet. In Schlewig-Holstein gab es das bis 2021 in Norderstedt, ehe die hauptamtliche Wachabteilung zur 24/7-Berufsfeuerwehr wurde und seit diesem Jahr in Itzehoe, siehe https://www.feuerwehr-itzehoe.de/die-wehr/hauptamtliche-wachabteilung/

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Stv. Wehrführer und Zugführer bei der Freiwilligen Feuerwehr
Lass228 
Fragesteller
 14.03.2024, 22:11

Ah okay, interessant! Von der Schleifenalarmierung habe ich bis jetzt noch nichts gehört, bei uns word wirklich jeder zu jedem Einsatz alarmiert.

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Meine Abteilung (Stadtmitte) der Freiwilligen Feuerwehr, in der ich bis 2017 war, hatte auch im Jahr 350-400 Einsätze. Die 12 Fahrzeuge, die der Abt. Stadtmitte zugehörig sind, sprechen auch für sich. (~41.403 Einwohner hat die Stadt)

Bis auf zwei Personen (Gerätewart), die hauptamtlich arbeiten, wird der Rest ganz normal per DME alarmiert und fährt entsprechend zum Gerätehaus.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
RedPanther  13.03.2024, 15:47

Und es hat kein Arbeitgeber Probleme gemacht, wenn ein Mitarbeiter 3-4x pro Woche den Arbeitsplatz verlässt, wohl wissend dass 3/4 der Einsätze irgendwelche Schnullis wie Ölspuren, Türöffnungen und BMA-Fehlalarme sind?

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xXTevlonXx  13.03.2024, 16:01
@RedPanther

Nachdem der AG gem. Feuerwehrgesetz verpflichtet ist, die Person unter Lohnfortzahlung gehen zu lassen, kann er soviele Probleme machen, wie er will. Bei kleinen Einsätzen kommt er ja auch "schnell" wieder. Da ich hauptamtlich im RD arbeite, konnte ich natürlich nie weg, daher kann ich dazu nichts sagen. Es war aber natürlich nicht jeden Tag ein Einsatz.

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RedPanther  13.03.2024, 17:32
@xXTevlonXx

Ja, und vom Gesetz her darf der AG dem Feuerwehrler auch keinen Stress wegen der Mitgliedschaft in der Feuerwehr machen. Und doch ist doch eigentlich Allgemeinwissen in der Feuerwehr, dass ein allzu genervter Arbeitgeber eine andere Begründung für eine Kündigung o.ä. finden wird.

Wenn ich mir anschaue, was die Häuptlinge bei der Stadtabteilung meiner Kommune so alles an Tricks suchen, um Einsatzzahlen künstlich anzuheben (egal wo was in der Gemeinde ist, es rückt immer ein HLF von der Stadtmitte mit aus... auch zur 10 m² Ölspur in einem Teilort, dessen Abteilung tagesalarmsicher ist), habe ich auch absolutes Verständnis wenn das nicht jeder Arbeitgeber mittragen will.

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xXTevlonXx  13.03.2024, 17:49
@RedPanther

Ne ordentliche Kündigung ist nicht so einfach, wie manche AG sich das vorstellt. Ne fristlose sowieso nicht.

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Ja sozusagen Schichten nicht jeder ist bei jedem Einsatz dabei an jedem Tag. Da gibt es Einsatzgruppen die wöchentlich oder so wechseln. ja manche großen FFW haben statistisch einen Einsatz am Tag.

Wir haben letztes Jahr knapp über 300 Einsätze gehabt, davon waren nichtmal 90 Zugalarmierungen. Man brauch ja nicht zwangsläufig immer den ganzen Zug alarmieren,

Wir haben eine First Responder Schleife nur mit entsprechend ausgebildetem Personal.

Dann haben wir den Zug geteilt in zwei Gruppen Schleifen immer abwechselnd im Wochentakt für entsprechende Meldebilder, für ein PKW-Brand braucht es keinen ganzen Löschzug.
Es gibt noch eine zusätzliche Schleife für Leute die Tagsüber häufig im Nahbereich tätig sind und problemlos abkömmlich sind. Die wird Tagsüber bei einem Gruppenalarm immer zusätzlich alarmiert.

Weiterhin haben wir eine Sonderfahrzeuge Schleife Tag und eine für Nacht. Wenn nur einzelne Fahrzeuge wie Rüstwagen oder Tanklöschfahrzeug von uns benötigt wird brauch es nicht die Alarmierung einer ganzen Gruppe, für diverse Meldebilder reichen 2-3 Leute oder wenn Sonderfahrzeuge in einen anderen Stadtteil alarmiert werden.

bei uns gilt der Konsenz, wenn man Zeit hat lässt man alles stehen und liegen und kommt zu den Einsätzen

Vom Grundsatz ist das überall so. Wenn man's genau nimmt, haben die Landesfeuerwehrgesetze nichtmal die Einschränkung "wenn man Zeit hat". Es ergibt sich nur aus der Logik heraus, dass der Chirurg nicht einfach seinen Patienten auf dem Tisch liegen lassen kann und dass es recht wenig Sinn macht, wegen einer Ölspur in der Heimat im Thailand-Urlaub zum Flughafen zu rennen.

Wir haben auch nur 70-100 Einsätze im Jahr.

Ich habe meine Bedenken, ob man da das Wort "nur" benutzen sollte. Wenn ein Arbeitnehmer regelmäßig mehr als einmal pro Woche spontan seinen Arbeitsplatz auf unbestimmte Zeit verlässt, ist in meinen Augen die Grenze des Zumutbaren erreicht. Auch an Arbeitsstellen, bei denen das organisatorisch ganz gut zu händeln ist.

es gibt ja Feuerwehren, die haben 400 oder mehr Einsätze.

Die Zahlen sind teilweise künstlich erhöht. Es soll z.B. Städte geben, bei denen der Stadtbrandmeister zu jedem Einsatz irgendeiner Ortsabteilung mit ausrückt... und weil der SBM am Hauptstandort stationiert ist, wird das auch als Einsatz für den Hauptstandort gezählt. Je höher die Einsatzzahlen, desto wichtiger ist man und desto besser kann man dem Stadtrat gegenüber argumentieren, was man alles unbedingt haben muss ;)

Ansonsten: Oftmals haben so große FFs im Tagesdienst eine ausreichende Anzahl hauptamtlicher Gerätewarte o.ä., um so täglichen Kleinkam wie Ölflecken, Türöffnung, armdicke Äste auf Straßen, Nachalarmierung eines Sonderfahrzeugs o.ä. abzuarbeiten.

Teilweise ist das gar explizit als hauptamtliche Wachabteilung geplant, die meinetwegen im Zeitraum 7:00 bis 19:00 ständig in Gruppenstärke zur Verfügung steht.

Für die freiwilligen Einsatzkräfte gibts dann zumeist unterschiedliche Alarmierungsschleifen - z.B. drei Züge, die abwechselnd alarmiert werden, sodass jeder nur jeden 3. Einsatz mitbekommt (wenn kein Vollalarm ist). Oder eine Unterscheidung, wer tagsüber zur Verfügung steht und alarmiert wird, und wer nachts zur Verfügung steht und alarmiert wird. Oder ein eigener Kleinalarm nur für die Schichtdienstler und Homeoffice-Arbeiter, sodass tagsüber niemand seinen Arbeitsplatz verlässt.

Der Kreativität sind da wenig Grenzen gesetzt. Dadurch, dass dies von der Führungsebene her so eingerichtet wird und somit den Charakter einer Dienstanweisung hat, ist es kein Verstoß gegen das Feuerwehrgesetz.

Und ja, es soll tatsächlich Freiwillige geben, die an fast jedem Arbeitstag ihre Arbeitsstelle verlassen und zur Ölspur zu rennen. Der Arbeitgeber muss es ja per Gesetz akzeptieren, also wo soll das Problem sein? Finde ich etwas kurzsichtig, aber du kennst sicherlich auch den einen oder anderen Kameraden, der so einsatzgeil ist dass er alles andere vergisst wenn der Melder piept.

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Übrigens: Konsens mit S hinten ;)