Wie kann man sich ein bisschen Jura selbst beibringen, um im Alltag Rechtssicherheit zu haben?

5 Antworten

🩈

Wie kann man sich ein bisschen Jura selbst beibringen, um im Alltag Rechtssicherheit zu haben?

Das funktioniert nicht.

Entweder „ein bisschen Jura selbst beibringen“ - dann kannst du tatsĂ€chlich die hier bereits zahlreich erwĂ€hnten YouTube-Videos von irgendwelchen RechtsanwĂ€lten konsumieren - oder „im Alltag Rechtssicherheit haben“. Das ist nicht dasselbe.

Letzteres kannst du unter anderem folgendermaßen erreichen: Man sucht sich zunĂ€chst ein AlltagsphĂ€nomen aus - die klassischen AlltagsphĂ€nomene erstrecken sich vom Strafgesetzbuch (StGB) ĂŒber das BĂŒrgerliche Gesetzbuch (BGB) bis hin zur Strafprozessordnung (StPO). Folglich könnte man auf die Idee kommen, die Gesetzessammlung „Habersack“ zu erwerben - prinzipiell auch nicht schlecht -, aber sie wĂŒrde fĂŒr den Anfang nichts nĂŒtzen, da sie lediglich ein unkommentierter Abdruck der mitunter besagten GesetzbĂŒcher ist. Nachdem man das erste AlltagsphĂ€nomen auserwĂ€hlt hat, findet man das Gesetzbuch, das die Thematik prĂ€destinierend thematisiert, erwirbt es als kommentierte Ausgabe und fĂ€ngt bedingt an zu lesen. 

Passend dazu ruft man Gerichtsurteile zum besagten AlltagsphĂ€nomen auf - das kann man in den allermeisten FĂ€llen im Internet bewerkstelligen - und liest sich durch, wie, wann, wo, wer, was und allen voran warum Recht gesprochen wurde und verinnerlicht das selbstverstĂ€ndlich. Alle rezipierten Termini, die man nicht zweifelsfrei versteht, werden durch Recherche abseits vom Duden und Oxford zweifelsfrei verstĂ€ndlich gemacht. In der Juristerei gibt es keinerlei Synonymisiererei. § 184c StGB ist nicht § 184b StGB, § 90 BGB ist nicht § 90a Satz 3 BGB und § 153 StPO ist nicht § 152 Absatz 2 StPO - um mal drei populĂ€re Falschinformationen, die auf GuteFrage und anderswo zirkulieren, zu nennen. Vor der Polizei, vor der Staatsanwaltschaft und insbesondere vor Gericht bringen landlĂ€ufige Begriffe wie „Wortklauberei“, „ErbsenzĂ€hler“, „Korinthenkackerei“, „Paragrafenreiter“ oder - sehr förmlich - „Pedanterie“ nichts Strafmilderndes. Auf Facebook, Xitter, Instagram, WhatsApp, GuteFrage und Ähnliches wird zwar des Öfteren Beifall geklatscht, wenn die zitierten Begriffe fallen, aber in der Welt der Wissenschaft - und die Juristerei, sprich die Rechtswissenschaft, ist eine Wissenschaft - gilt: Ein Terminus, folglich ein Begriff, begreift das, was er besagt. Nicht mehr und nicht weniger. 

Arbeitet man die AlltagsphĂ€nomene nacheinander ab, liest mindestens die renommierten Kommentare als auch die entsprechend grundsĂ€tzlichsten Gerichtsurteile und versichert der deutschen Sprachigkeit ihre originĂ€re Begrifflichkeit, wird man das so genannte Juristendeutsch kennenlernen und damit langsam, aber sicher „Rechtssicherheit im Alltag haben“. Wenn nicht, Klappe halten beim Verhör. 

P. S.: Das ist selbstredend nur die Theorie. In der Praxis muss man letztlich ĂŒber das Selbstbewusstsein verfĂŒgen, juristisch gegen die AutoritĂ€t vorzugehen. Und da bekanntlich jedem Weihnachtswunder ein Anfang innewohnt, habe ich dir im vollsten Bewusstsein meiner KrĂ€fte einige Termini und Paragraphen eingebaut, die du nun - wenn noch nicht getan - erlernen kannst.

Wenn man keine gezielte Ausbildung absolvieren will (Jurastudium o.Ă€.):

Indem man sich regelmĂ€ĂŸig intensiv und mit einem gewissen eigenen Anspruch mit konkreten Rechtsfragen auseinandersetzt. Setzt aber voraus, dass man einiges an Zeit und Energie und ein gewisses juristisches GrundverstĂ€ndnis mitbringt.

Ich habe mir einen erheblichen Teil meines juristischen Wissens in den letzten vier Jahren im Rahmen meiner TĂ€tigkeit hier auf gutefrage.net und finanzfrage.net selbst beigebracht, indem ich fĂŒr mich interessante Fragestellungen teilweise sehr umfangreich recherchiert, nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet, und Feedback und Kritik anderer Antworter nachrecherchiert, ggf. diskutiert und in meine Antworten eingebaut habe.

Aber das ist wie gesagt viel Arbeit und am Anfang wirst du auch so einigen IrrtĂŒmern aufsitzen. Selbst scheinbar qualifizierte TertiĂ€rquellen verbreiten veraltete Angaben und Falschinformationen, PrimĂ€r- und SekundĂ€rquellen muss erst mal wirklich verstehen können - die verwendeten Fachtermini und die Denklogik ist keineswegs immer intuitiv und einleuchtend fĂŒr Laien.

Wichtig ist und bleibt dabei auch immer, dass man sich der sehr begrenzten eigenen Fachkenntnis und der eigenen Fehlbarkeit bewusst ist. Und manche (viele) Fragen sind auch objektiv nicht eindeutig zu beantworten.

Ohne Jurastudium ist das fast unmöglich. Studierte Juristen lassen sich aus Prinzip von Laien nicht kleinkriegen. DafĂŒr sind sie zu stolz und zu dominant. Eher lassen sich psychologische oder medizinische Kenntnisse erlernen.

Gar nicht. Meine frĂŒhere Chefin studiert seit ihrer Pensionierung nun im Fernstudium Jura. Du machst dir keine Begriffe, wie kompliziert das ist. Da ist jedes Wort durchdefiniert. Ich nenne es FliegenbeinzĂ€hlen, weil die juristische Vorgehensweise so gar nicht meiner Denkweise entspricht.

Mit dem sog. gesunden Menschenverstand kommt du da keinen mm weiter,

FĂŒr den Alltagsgebrauch reicht es in der Regel aus, die entsprechenden Gesetze zu lesen. Ggf. kann man noch mal einen Blick in einschlĂ€gige Kommentare werfen, ohne Ausbildung kommt man da jedoch nicht wirklich weiter.