Wie genau wird ein "öffentliches Interesse" definiert?

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"Öffentliches Interesse" kommt in verschiedenen Rechtsgebieten und in mehreren Paragraphen vor. Nicht immer kann hier von exakt derselben Definition ausgegangen werden.

Beispielsweise hat das "öffentliche Interesse" nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO vor allem (nicht nur) eine zeitliche Bedeutung. Wenn z.B. Gemeinde A den B mittels Ordnungsverfügung anweist, einen undichten Gefahrgutcontainer ordnungsgemäß zu entsorgen, dann wird sie die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse anordnen, weil man nicht einen möglicherweise jahrelangen Rechtsstreit abwarten will, während der giftige Stoff nach und nach ins Grundwasser sickert.

Einen anderen Schwerpunkt hat das im Strafrecht vorkommende "besondere öffentliche Interesse" an der Strafverfolgung (z.B. bei § 230 StGB). Bei Körperverletzungsdelikten (einfache oder fahrlässige Körperverletzung nach §§ 223 oder 229 StGB) liefert Nr. 234 RiStBV (Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren) eine Definition des besonderen öffentlichen Interesses, nach der die Staatsanwälte entscheiden, ob eine Körperverletzung auch ohne Strafantrag des Beschuldigten verfolgt werden soll oder nicht. Hier geht es beim öffentlichen Interesse also nicht um eine zeitliche Komponente, sondern darum, ob die Öffentlichkeit / Bevölkerung ein Interesse daran hat, dass ein Täter für seine (verhältnismäßig leichte) Straftat zur Rechenschaft gezogen wird.

Das ist ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff (was aber nicht heißt, dass es ein "Gummiparagraph" ist), weil er nicht durch das Gesetz, sondern durch die Rechtsprechung (und die Literatur) ausgefüllt wird. Der Gesetzgeber hat damit Möglichkeiten zur Abwägung und auch für gesellschaftlichen Wandel zugelassen, denn was heute im öffentlichen Interesse ist, muss das nicht für immer sein.

Dieser Begriff umschreibt die Belange des Gemeinwohles.

Es ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, weil er in keiner gesetzlihen Vorschrift vorkommt

Das ist nicht genau abgegrenzt, es liegt im "Ermessen" der Staatsanwaltschaft. Eine direkte Gesetzesvorschrift gibt es da nicht. Bei vorliegendem öffentlichem Interesse muss der Staatsanwalt ermitteln, sobald er von der Tat Kenntnis erlangt, diese können auch nicht, oder nicht so einfach zurückgenommen werden. Anzeigen für ein Antragsdelikt (z. B. Hausfriedensbruch) können zurückgenommen werden.