Warum gibt es so viele Widersprüche in den Evangelien?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Gerne möchte ich versuchen, Deine Frage zu beantworten. Auch ich hatte mir oft gedacht, dass sich die BIbel in sich widerspricht und machte mir in die verscheidensten Richtungen Gedanken.

Zum Einen muß man festhalten, dass die BIbel schon zig mal revideirt (überarbeitet) wurde und da wurden immer neue Erkenntnisse in einer Überseztung oder eines Ausdruckes niedergeschrieben. Das kannst Du schon auf der ersten Seite der Bibel finden. Oft steht da die Jahreszahl und die Anzahl, wie oft diese übersetzt wurde. Das ist ganz unterscheidlich. Da kann z. Bsp. bei der Lutherbibel eine andere Anzahl finden wie bei der Bruns, oder Mengebibel, um nur einige aufzuzählen.
Aber kommen wir auf den Kern der Sache.

Hier möchte ich Dir versuchen eine Antwort in einem Bild deutlich zum machen.

Wenn da eine Schulklasse einen Wandnertag hatte und dann vielleicht nach 4 Wochen einen Aufsatz mit dem Thema : " Mein Wandertag" schreiben müsste, dann kann die Lehrkraft diesen Text, der die gleiche Thematik hatte, bei 30 Schülern 30 mal anders lesen. Warum?

Jeder der Schüler erlebte den Wandertag mit anderen Gefühlen. Der eine freute sich vielleicht über den Sonnenschein, dem anderen war es dagegen widerum zu heiß. Dem einen hat die Vorführung einer Geschichte überhaupt nicht gefallen, ein anderer Schüler dagegen war überwältigt.

Verstehts Du, was ich damit ausdrücken möchte? Alle Evangelisten erlebten die Wunder, die Ihr Rabbi tat, mit anderen Augen. Außerdem wurden die Briefe zu unterschiedlichen Zeiten aufgeschrieben. Ganz gut verdeutlichen über die unterschiedlichen Empfindungen einzelner lassen sich auch, wenn man ihre Vergangenheit betrachtet. Der eine war  ein Zöllner. Das heißt, er hatte gute und viel Verbindung zum Volk und hatte dementsprechend sein Erleben anders verfasst, wie dann Lukas, der ein Arzt war oder auch Johannes. Er war der "LIeblingsjünger" Yeshuas (Jesu). Kann man in diesem Evangelium lesen, wo er darinnen vorkommt: "und der Jünger, den Yeshua (Jesus) lieb hatte", oder unterm Kreuz sagte er zu seiner Mutter dass Johannes jetzt diesen Platz einnehmen würde. Hier kommt auch einfach die orjentalische Lebensweise zum Ausdruck, die wir Europäer nie verstehen werden.

Ein noch wichtiger HInweis: ließ Deine Bibel betend, laß DIr Weisheit beim Lesen schenken. Hier ein Beispiel, dass man auch über das, was geschrieben steht, einfach "stolpern" kann und meint, die Bibel stimmt nicht.

In Lukas 22 steht bei mir in der Lutherbibel bei den EInsetzungsworten zum Abendmahl: Vers 1: " es war aber nahe das Fest der ungesäuerten Brote, das da Ostern heißt."
Absoluter Blödinn! Warum?

Yeshua (Jesus) war ein Jude und feierte mir seinen Jüngern in diesen versen niedergeschrieben, das Pessah. Hier wird von dem Fest der Ungesäuerten Brote geschrieben. Dieses Fest schloss sich dem Pessah unmittelbar an und dauert 7 Tage. ABER, als Yeshua ( das ist sein richtiger, ein jüdischer Name, während Jesus ein griechischer Name ist) mit seinen Jüngern dieses Hohe Fest feierte, gab es zeitlich gesehen, noch gar kein Ostern. Ostern wurde zwar einige Jhd. später eingeführt, als Kaiser Consta.ntin das jüdische abschaffen wollte, aber vom ganzen Geschehen ist das "Ostern" erst durch die Auferstehung Yeshuas von den Toten. Also konnte ER mit den Jüngern kein Ostern feiern. Diesen Ausdruck findet man als Osterlamm in den anschließenden Versen. (Ich habe eine Lutherbibel von 1966, 2. Auflage)

Ich wollte damit ausdrücken, man darf nicht einfach alles annehmen und  "ja " und "Amen" sagen. Ich hatte auch jahrelang diese Verse so gelesen oder von der Kanzel gehört, ist mir aber bis vor kurzem nie aufgefallen.

Dennoch, die Bibel ist das gebundene Wort Gottes, indem ich Trost, Halt  und Frieden gefunden habe.
Gott segne Dich mit viel Weisheit!

gelberBuntstift 
Fragesteller
 02.03.2016, 22:21

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort, hat mir sehr geholfen :-)

1

Gott hat uns die Bibel gegeben.

Was machen wir daraus?

Viele haben gesagt: 'Wenn Gott eine Bibel gibt, dann muss sie doch perfekt sein, ohne Widersprüche und allezeit gültig."

Hat mal jemand den lieben Gott gefragt, ob er das auch so sieht?

Warum, so frage ich mich, hat er verschiedene Gedanken und Ereignisse von mehreren Menschen überliefern lassen?

Um sie alle gleich zu schalten? Das ist doch sinnlos. Da hätte jeweils einer ausgereicht...

Offenbar hat sich Gott etwas dabei gedacht, dass er verschiedene und auch widersprüchliche Sichtweisen zugelassen hat:

  • Dass wir nämlich auch nicht auf eine Sicht festgelegt sind.
  • Damit wir begreifen, dass die Wahrheit manchmal zwei Seiten haben kann.
  • Damit wir uns selber als Individuen wahrnehmen können und nicht Teil einer Masse, die in Glaubensdingen in allem übereinstimmen muss.
  • Damit wir gar nicht erst auf den Gedanken kommen, wir müssten perfekt sein. Die christliche Sucht nach Perfektheit macht allzuoft lieblos und führt in die Selbstüberforderung.

Hilfreich ist auch ein Blick zum Judentum.

Im Talmud haben die Juden die Auslegung zur Tora festgehalten. Und wenn die unterschiedlichen Rabbinen unterschiedlicher Auffassung waren, dann haben die Juden eben beide unterschiedlichen Auffassungen überliefert. In der Gegenwart sollte jeder selber eine eigene Meinung bilden, wie die Tora ausgelegt werden soll.

Wenn Jesus sagte: "Ihr habt gehört, dass es gesagt ist..., ich aber sage euch...", dann hat er sich genau in diese Tradition gestellt und die Zuhörer aufgefordert, sich ein eigenes Bild zu machen.

Wir sind als Christen gerade wieder dabei, diese dialogische Struktur des Glauben wieder zu entdecken, nachdem sie bei uns lange Zeit verschüttet geblieben ist. Als ev. Christ freue ich mich besonders, dass der Papst auch die festen Mauern einer sehr einlinigen festzementierten Theologie mit der Kraft der göttlichen Liebe aufbricht und auch wieder unterschiedliche Sichtweisen zulässt.

Gott hat uns die Bibel gegeben. Nehmen wir sie so, wie er sie gegeben hat? Oder legen wir unsere eigenen philosophischen Grundsätze drüber und machen die Bibel diesen Grundsätzen entsprechend passend?

Oder sollten wir nicht doch lieber die Grundsätze an die Bibel anpassen - und ihre ganze Vielfalt erkennen und lieben lernen?

Ich bin nicht so bibelfest, aber immerhin so weit, dass ich sehen kann, dass sich aus der Bibel jeder das rausnehmen kann, was er gern möchte. Versteh mich nicht falsch, ich bin erst spät dazu gekommen, mich mit Religion zu beschäftigen, da ich von Atheisten erzogen wurde, in einem atheistischen Staat, und Religion und Glaube überhaupt kein Thema waren. 

Für mich waren da sehr viele Widersprüche, vor allem im AT und NT. Ich meine, woran halte ich mich: 'Auge um Auge und Zahn um Zahn' oder 'Halt die andere Wange hin'? Das war sehr verwirrend, auch viele Geschichten wie die Geschichte vom verlorenen Sohn haben mich verwirrt. 

Heute, etwas älter geworden, ist die Bibel für mich ein Abbild der Welt, so wie wir Menschen die Welt als Dualität wahr-nehmen. Es stimmt beides und auch wieder nicht. Es sind für mich Metaphern auf das Leben. Z.B. beim verlorenen Sohn, um mal dabei zu bleiben: Fand ich früher blöd, dass der Vater so einen Aufriß gemacht hat um, den Sohn, der doch gegangen ist, als um den, der dem Vater treulich geholfen hat über die Zeit. Heute ist der gehende Sohn für ein Zeichen von Leben, Veränderung, etwas tun, mutig sein, Risiken eingehen. Der bleibende Sohn für Stillstand, nichts bewegen, Sicherheit aus Angst etc. Für mich hat das einen Sinn.

Ganz sicher werden jetzt viele Bibelgetreue aufstöhnen, aber es  ist ja nur meine Sicht der Dinge. 'Am Anfang war das Wort' und das Spiel "Welt" kann beginnen. Ohne Worte kein Name, kein Benennen, kein Einordnen, kein Ur-teilen (Dualität), keine Lügen, ohne Worte ist einfach nur Sein, nicht Leben, nicht Tod, nur Sein aus dem Nichts erscheinend und dorthin wieder zurückgehend.

Wie auch immer, bei den Evangelien kann ich Dir auch nicht weiterhelfen, Du müsstest wahrscheinlich ein Beispiel bringen?

LG

KaeteK  24.11.2015, 10:10

Ich bin nicht so bibelfest, aber immerhin so weit, dass ich sehen kann, dass sich aus der Bibel jeder das rausnehmen kann, was er gern möchte

Da liegst du absolut falsch - denn es gibt nur eine Wahrheit. Aber es gibt Menschen, die Sein Wort verkehren und Sein Wort so drehen und wenden, bis es zur ihrer "Wahrheit" passt. Darum ist wichtig, dass man sich von Menschenlehren frei macht. Jeder wiedergeborene Christ (Joh. 3,5) empfängt den Heiligen Geist und ist somit durch Ihn in der Lage Sein Wort aufzunehmen und zu verstehen.

1. Korinther 6 19 Oder wisset ihr nicht, daß euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und daß ihr nicht euer selbst seid?

Auch für dich lohnt es sich, in Seinem Wort zu lesen und Gott darum zu bitten, dass Er dir Sein Wort öffnet.

0
2012infrage  24.11.2015, 11:02
@KaeteK

Ja, woran hälst Du dich dann bei der ganz simplen Aufforderung: AT: Auge um Auge.... und  NT: Halte die andere Wange hin... - es steht beides in DER Bibel. Und Wahrheit ist immer relativ. DIE Wahrheit gibt es nicht. Mein Blickwinkel. 

Das Leben... oder wie immer man ES nennen will, hat sich mir auf andere Weise "eröffnet", indem mir gezeigt wurde (nicht, dass ich darum gebeten hätte), dass es nur Sein und nicht "Gott" gibt, das alles aus dem Nichts er-scheint, und die Welt samt Gott eine Illusion, eine Geschichte ist. Eine absolut perfekte Geschichte. 

LG

0

Die vier Evangelien der Apostel unterscheiden sich nun mal wie verschiedene Zeugenaussagen bei einer Gerichtsverhandlung. Nur weil sie sich in einzelnen Punkten unterscheiden, bedeutet dies nicht, dass darin nicht die Wahrheit liegen kann. Wie bei Zeugenaussagen in heutigen Gerichtsverhandlungen ist es auch in den Evangelien der Apostel so, dass einer oder mehrere einzelne Details aufzeigen oder sogar hervorheben, welche bei anderen gar nicht erwähnt werden. Die Gesamtheit der Aussagen, in diesem Fall der Evangelien zeigt dann auf, was insgesamt geschehen sein dürfte. Dass sich die Evangelien in einigen Punkten voneinander unterscheiden, legt nur nahe, wie bei unterschiedlichen Zeugenaussagen, dass die verschiedenen Zeugen auf unterschiedliche Dinge achten. Würden sich Zeugenaussagen gleichen, ließe dies auf eine Absprache schließen. Unterscheiden sich jedoch Zeugenaussagen leicht voneinander, liegt zumindest in deren Gemeinsamkeit oder gar in deren Gesamtbild die Wahrheit.

@ 2012infrage: Widersprüche zwischen dem AT und dem NT liegen vor allem darin, dass zur Zeit des AT das Volk Israel insbesondere zum Anfang des AT nicht gerade ein gottestreues Volk war. Dem entsprechend waren auch die Gebote, insbesondere das mosaische Gesetz sehr streng. Insbesondere lag der Zweck der Gebote jedoch darin, auf die Ankunft des Sohnes Gottes, Jesus Christus, vorzubereiten. Er brachte dann Lehren, die von der Liebe Gottes zeugen, für die das Volk Israel zur Zeit des AT aufgrund seiner Wechselhaftigkeit und auch zu einem gewissen Maß wiederkehrender Verderbtheit, noch nicht bereit war, aber bezüglich mehrerer Personen dazu bereit wurde, als er als Mensch auf die Erde kam und entsprechend lehrte. Dieser Widerspruch ist also eigentlich kein solcher, sondern eine Weiterentwicklung in der Lehre. Wenn jemand einem Grundschüler sagt, dass 4 plus 5 gleich 9 ist, später aber sagt, dass 3 mal 3 gleich 9 ist, dann ist das auch kein Widerspruch. Mit dem entsprechenden Verständnis weiß man das auch, aber ein Grundschüler muss sich dieses Verständnis erst erarbeiten, um zu erkennen, dass zwischen beiden Aussagen kein Widerspruch vorhanden ist. Ebenso verhält es sich mit dem was laut der Bibel Christus gelehrt hat - man braucht eben das notwendige Verständnis dazu und muss dabei, wie mit dem Rechenbeispiel, an den klaren Aussagen (der Bibel) nicht einmal interpretieren.

Ich weiß zwar, dass die ganze Bibel wahr ist und von Gott inspiriert, doch warum sind so viele Unterschiede und Widersprüche in den Evangelien?

Wie soll man dazu eine Antwort schreiben, wenn du nicht einmal erwähnst, welcher Vers sich mit welchem widerspricht?

Es gibt viele Verse, die sich auf den ersten Blick zu widersprechen scheinen, aber keinen einzigen, der bei näherer Prüfung dem anderen widerspricht (vorausgesetzt natürlich, man nutzt eine echte Bibel und keine dieser weit verbreiteten, humanistischen Bibelfälschungen).



gelberBuntstift 
Fragesteller
 01.12.2015, 19:24

Ich meine jetzt zum Beispiel in den Auferstehungsberichten.

0