Wer war der schlauste Dinosaurier?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Vorweg: Was du im Kino gesehen hast, waren keine Dinosaurier. Das waren reine Hollywood-Monster, die absichtlich falsch dargestellt wurden, um sie für den Zuschauer bedrohlicher wirken zu lassen. Kaum ein "Dinosaurier" aus dem Film "Jurassic World" wird mit paläontologischer Faktentreue inszeniert. Und schon in "Jurassic Park" war der Velociraptor mehr als doppelt so groß, als er in Wirklichkeit war - er war kaum größer als ein heutiger Truthahn und hatte außerdem ein Federkleid. So dürfte Velociraptor keineswegs wie ein kaltblütiges und gruseliges Reptil, sondern eher wie ein fluffig-kuscheliger Vogel ausgesehen haben.

Trotzdem orientierte man sich in "Jurassic Park" weitestgehend an dem Bild, was die Wissenschaft damals von den Dinosauriern hatte und legte noch recht großen Wert auf Authentizität - doch dieses Bild ist inzwischen - 25 Jahre später - natürlich veraltet. Dass "Jurassic World" nicht mit der Zeit ging und sich sogar für den Wow-Effekt selbst die Oberschurken ausdenken musste (Indominus rex und Indoraptor sind pure Fantasiegeschöpfe, die es niemals wirklich gab!), mache ich diesem Film zum großen Vorwurf.

Nun zu deiner eigentlichen Frage:

Die Debatten über die Intelligenz der Dinosaurier, besonders innerhalb der Deinonychosauria, zu denen auch die Raptoren gehören, werden seit der Zeit der sogenannten "Dinosaur Revolution" in den späten 60ger Jahren des letzten Jahrhunderts geführt. Damals wurde mit der Rekonstruktion des Deinonychus, eines früheren, nordamerikanischen Verwandten des Velociraptor, das alte Bild der Dinosaurier über den Haufen geworfen. Diese galten bis dahin generell als schwerfällige, träge und dumme Echsen. Nun erkannte man, dass einige Arten sehr viel mehr Ähnlichkeit mit Vögeln als mit Dinosauriern hatten und wahrscheinlich sehr agil und auch intelligent gewesen sein mussten.

Der amerikanisch-kanadische Paläontologe Dale Russel trug mit seinen Forschungen zu der Debatte bei, als er seine Forschungen an dem von ihm 1969 entdeckten "Stenonychosaurus" publik machte. In den 80gern erkannte man durch Zahnuntersuchungen, dass Stenonychosaurus' Zähne mit den bereits 1856 durch Joseph Leidy beschrieben Zähnen des Troodon, die Leidy für die Zähne einer großen Eidechse hielt, deckungsgleich waren - so wurde Stenonychosaurus als Name zwar hinfällig, bekam aber nun als Troodon eine noch größere Aufmerksamkeit. Troodon und seine Verwandten, als Troodontidae zusammengefasst, gelten seither als die klügsten Dinosaurier. Sie sind außerdem sehr eng mit den Raptoren (Dromaeosauridae) verwandt.

Russel vermaß als erster den Hirnschädel dieses Dinosauriers und stellte dessen beachtliche Größe fest. Schon 1982 machte er erneut auf sich aufmerksam, als er das Modell des "Sauroiden" enthüllte - eines von ihm erdachten fiktiven Nachfahren des Troodons: Troodontiden hätten sich, so Russel, möglicherweise zu menschenähnlichen Wesen entwickelt, wenn sie nicht ausgestorben wären, so intelligent seien sie gewesen!

Ich persönlich sehe diese Debatte etwas nüchterner als Russel. Die frühesten Troodontiden tauchten schließlich bereits im späten Jura auf, als sich ihre entwicklungsgeschichtlichen Wege mit denen der Dromaeosauriden und Vögel trennten. Somit hätten sie mehr als 80 Millionen Jahre lang Zeit gehabt, den Weg zu einer zivilisationsbildenden Spezies einzuschagen, was sie aber nicht taten. Sie waren bereits hervorragend an ihre ökologische Nische als mittelgroße Jäger (und Allesfresser) angepasst. So waren sie wahrscheinlich sehr intelligent, aber wie intelligent genau, kann kein Paläontologe beantworten.

Zur Einschätzung der Intelligenz wurde fälschlicherweise früher immer mit Vergleichen zu den Hirnschädeln von Säugetieren gehandelt. Da Säugetiere verhältnismäßig große Schädel haben, wurde die "Dinosaur Revolution" etwas abgebremst, und auch heute noch denken viele, dass Dinosaurier wegen ihrer kleineren Gehirne nicht besonders schlau waren - und auch die Troodons sind hier keine Ausnahme. Das Verhältnis zwischen Körpergewicht und Gehirnvolumen war bei ihnen deutlich kleiner als zum Beispiel bei etwa gleich großen Hunden, sodass viele Wissenschaftler lange davon ausgingen, dass auch die Troodons, trotz der verhältnismäßig großen Gehirne, nicht so intelligent waren wie irgendein höheres Säugetier und auch nicht viel klüger waren als eine Schlange oder eine Eidechse.

Allerdings wurde dieses Bild inzwischen korrigiert und lässt nun ganz andere Schlüsse zu: Der Vergleich mit Säugetiergehirnen ist obsolet, weil Dinosaurier ganz anders aufgebaute Hirnstrukturen hatten, die viel mehr denen von Krokodilen und Vögeln ähnelten. Ein Vogel hat ein verhältnismäßig kleineres und leichteres, aber neuronal viel besser besser verknüpftes und deshalb leistungsfähigeres Gehirn in seinem Kopf als ein gleichgroßes Säugetier. Wendet man diese Formel auf das Troodon an, so hatte er ein etwas günstigeres Verhältnis zwischen Hirnvolumen und Körpergewicht wie ein Laufvogel, also ein Strauß oder ein Emu und sollte also mindestens so intelligent wie ein solcher gewesen sein.

Manche Forscher gehen sogar noch weiter: Da die Größe des Gehirnes so unrepräsentativ sei, was Dinosaurierintelligenz angeht, könnten Troodons sogar noch weitaus intelligenter gewesen sein. Sie ziehen sogar Vergleiche mit Papageien und Krähenvögeln heran und lassen das Troodon eher in dieser Liga spielen - was das Troodon zu einem der intelligentesten aller Tiere überhaupt machen würde. Krähen sind so schlau, dass ihre Leistungen, was Reizverarbeitung, Kurzzeit-Gedächtnis, Problemlösung und Kommunikation angeht, sich durchaus mit denen eines Grundschulkindes vergleichen lassen und sie in manchen Einzelbereichen sogar deutlich übertreffen.

Ob und in wie weit dies nun aber tatsächlich auf Troodons zutrifft, ist wie gesagt unmöglich zu sagen. Dazu fehlen uns die Studien am lebenden Tier, die als einzige Aufschluss über sein Verhalten und seine Intelligenz geben könnten. Das einzige was man mit Sicherheit sagen kann: Von allen Dinosauriern hatten die Troodontiden die verhältnismäßig größten Gehirne, dicht gefolgt von den Dromaeosauriern, also den Raptoren. Und das wars dann auch schon.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Umfassende Recherchen für meinen Roman über Dinosaurier.
Forcecrusher 
Fragesteller
 28.06.2018, 12:09

WOW. Das das Troodon so schlau werden konnte, wusste ch nicht.

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MarkusPK  28.06.2018, 12:49
@Forcecrusher

We gesagt: wissen kann das keiner. Das sind alles bloß Vermutungen.

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Forcecrusher 
Fragesteller
 28.06.2018, 14:56

Aber aus Vermutungen kann man auch was ziehen.

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Ryder1110  21.06.2022, 22:29

Byronosaurus erreichte eine Länge von 1,5 m, eine Höhe von 50 cm und ein Gewicht von 4 kg – damit gehörte er zu den kleinsten bekannten Dinosauriern. Wie alle Troodontiden, die wahrscheinlich zu den intelligentesten Dinosauriern gehörten, hatte Byronosaurus ein relativ großes Gehirn.Ich gl

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Naja, letztendlich sind das erstmal alles nur Annahmen, wie die Realität wirklich aussah weiß man eben nicht.

Grundsätzlich gilt erstmal das Verhältnis des Hirnvolumens zum Gesamtvolumen als ein wichtiger Grundpfeiler der "Intelligenzermittlung". Aber das ist nur ein grobes Maß, interessanter ist es zu betrachten, wie gut einzelne Teilbereiche des Gehirns ausgeprägt waren.

Bei der ganzen Sache schneiden eigentlich alle kleineren, im Rudel agierenden Fleischfresser wie z.B. diverse Raptoren am besten ab. Wer genau davon jetzt der Klügste war, lässt sich einfach nicht ermitteln. Und in JP sind die Velos eigentlich garkeine Velos :)

Forcecrusher 
Fragesteller
 27.06.2018, 23:11

Stimmt ja auch.

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Hallo, Forcecrusher.

Ja, es gab tatsächlich noch ähnlich intelligente Dinosaurier, wie z.B. das Troodon, das oft als schlauester Dinosaurier gilt.