Welche Erzählerperspektive bei der Kurzgeschichte ,,Die Küchenuhr'' von Wolfgang Borchert?

2 Antworten

Die Geschichte ist eine klassische personale Er/Sie-Erzählung mit einem aktorialen Schlussatz.. Ein auktorialer Erzähler ist als solcher "bemerkbar", kommentierend oder wertend, das ist hier ansonsten nicht der Fall. Es wird rein szenisch beschrieben, was passiert. Die nachträgliche Eintragung von Anführungszeichen hilft sehr. Der berühmte letzte Satz ist die Innensicht(-perspektive) des personalen Erzählers, der aus dieser Sicht erzählen kann, indem er sich dort verortet. Weil er das macht (die Ortsveränderung seines Erzählerstandpunkte) bemerken wir es - daher auktorial - und nur hier. Auch eine neutrale Erzählpesrpektive ist kaum zu erkennen, denn das wäre der Dialog im Drama (ohne Regieanweisungen, denn die sind eben auktorial). Hier eber sagt der junge Mann etwas "freudig", und seine Augen finden etwas nicht. Das ist die Beobachtung des personalen Erzählers in der Außensicht. Der Standort des Erzählers ist innerhalb und außerhalb der Geschichte, er beobachtet nur und verwendet die Innensicht einer Figur im Text (am Schluss). Deshalb taugt der Begriff des "allwissenden" Erzählers nichts, denn dann ist jede Erzählung auktorial. Funktional zielführender ist, den auktorialen Erzähler als kommentierenden, wertenden, sich bemerkbar machenden Erzähler zu sehen und den neutralen als den des reinen Dialoges ohne Redeeinleitungen. Das ist z.B. die Rückerinnerung des jungen Mannes - sie ist rein neutral wiedergegeben, als ob Sie mitgeschrieben worden wäre. So ist "Die Küchenuhr" eine personale Er/Sie Erzählung mit wechselnder Außen/Innensicht der erzählten Personen und der Schlussatz insofern auktorial verstehbar.

Wichtiger ist allewrdings, was das macht, wie der Erzähler erzählt. Durch die szenische Erzählweise nimmt der Leser direkt an der Situation teil, ist selbst dabei, steht daneben - und wird nur am Schluss herausgeworfen bzw. vom Erzähler in die Innenwelt der Figut hineingenommen, mit der der Leser sich so identifizieren kann, denn der denkt jetzt auch an das Wort "Paradies".

Mir scheint, dass hier die "neutrale Erzählperspektive" vorliegt. In dem Zusammenhang habe ich auch schon "erzählerloses Erzählen" gelesen. Der Erzähler ist nicht eingebunden, er ist keine der beteiligten Figuren, sitzt nicht mit den anderen auf einer der Bänke usw. Du kannst dich über diese Erzählperspektive im Netzt leicht genauer informieren.

Ein kleiner Ansatz von "auktorial" findet sich allerdings im letzten Satz. Da weiß der Erzähler dann, dass ein Mann auf der Bank "ans Paradies denkt".