Wasser unter 100 grad c gasförmig?

9 Antworten

Obwohl es zu dieser Frage bereits viele Antworten gibt, will ich etwas ergänzen, da bei den meisten Antworten ein wichtiger Punkt nicht hinreichend klar beschrieben wird. Der Frager setzt voraus, daß oberhalb des flüssigen Wassers sich andere Moleküle befinden, nämlich die auf der Erde vorliegende "Athmosphäre" aus (im Wesentlichen) Stickstoff und Sauerstoff. Die verkomplizieren aber das Bild und führen zu ganz speziellen Verhalten, wie das beschriebene Sieden bei 100°. Wenn man daher überprüfen will, ob und wann es gasförmiges Wasser gibt ist es sinnvoll, die Situation zu vereinfachen. Man muß den Einfluß der fremden "Gase" oberhalb des (flüssigen) Wassers eliminieren. Das geschieht am einfachsten, wenn man (auf der Erde) diese anderen Gase entfernt. Auf dem Monde wäre das nicht notwendig - da gibt es diese anderen Gase nicht. Aber auch dort hätte er ein Problem: Wenn er den Raum oberhalb seines (flüssigen) Wassers nicht begrenzt und er untersuchen will, ob und wieviel von dem Wasser in den freien Raum darüber geht (verdampft) würde immer dann, wenn dieser Wert nicht 0 ist - also gar nichts verdampft) selbst bei dem kleinsten Wert bei einem unendlich großen Raumvolumen letztendlich alles verdampfen. Wenn also der Raumfahrer eine Flasche mit flüssigem Wasser auf dem Mond auf den Boden kippt, ist im Nu alles weg, egal wie warm es dort ist. Also auf dem Mond müsste er zwar nicht "evakuieren" aber er müsste das Volumen oberhalb des Wassers begrenzen. Und am einfachsten wird die Messung, wenn er dieses "Gas"-volumen möglichst klein macht. Dann kann er bestimmen, ob und wieviel Wasser in diese Gasphase gelangt. Und wenn überhaupt was in die Gasphase gelangt hat er in dieser "Gasphase" nur "Wasserdampf" - gasförmiges Wasser. Das macht sich, wie alle Gase, durch einen Druck bemerkbar. Den kann er messen mit irendeinem Druckmessgerät. Auf der Erde wäre das ein "Manometer". Jetzt wird es plötzlich ganz einfach: Er stellt nämlich jetzt fest, daß dieser Druck (von gasförmigem Wasser - oberhalb von flüssigem Wasser) mit der Temperatur ansteigt. Das ist die "Dampfdruckkurve" des Wassers In einschlägigen Büchern kann man die finden. Andere Flüssigkeiten haben andere "Dampfdruckkurven". Bei der sog. Destillation nutzt man das aus.

Jetzt versteht man auch besser den Vorgang des Siedens. Wenn mit ansteigender Temperatur der "Dampfdruck" ansteigt, muß ja dazu Wasser aus der flüssigen Phase in die Gasphase übertreten. Und wenn das Gasvolumen nicht ganz winzig ist, braucht das seine Zeit. In dieser Übergangsphase ist dann in der flüssigen Phase der Druck höher als in der Gasphase - deshalb bilden sich in der Flüssigkeit Gasbläschen: Das Wasser siedet. Bei einem geschlossenen Gasvolumen hört das aber auf sobald soviel Wasser verdampft ist, daß auch in der ganzen Gasphase dieser (Gleichgewichts-) druck vorliegt. 

Das Sieden geht aber natürlich weiter, wenn man das Gasvolumen nicht begrenzt und Gas (durch ein Loch) entweichen kann. Das geht auf der Erde aber erst, wenn der Wasserdampf einen Druck von mehr als einer Atmosphäre hat.  Ab100° C ist das der Fall.

Erst jetzt zurück zu Frage: Wasser hat einen Dampfdruck auch bei niedrigen Temperaturen. Es gibt also bei allen Temperaturen auch gasförmiges Wasser. Aber halt weniger wenn die Temperatur niedrier ist  Wenn dieser Wasserdampfdruck niedrig ist aber umgekehrt das Gasvolumen sehr groß ist, kann das flüssige Wasser völlig verschwinden - es "verdunstet". Wenn sie die Wäsche im Winter aufhängen geht das (flüssige) Wasser in die Luft - aber nur dann, wenn dort nicht bereits soviel gasförmiges Wasser drin ist, wie dem "Dampfdruck" bei dieser Temperatur entspricht. Bei einer Temperatur unter 100° Celsius siedet es (auf der Erde) nur deshalb nicht, weil sich wegen des durch Stickstoff und Sauerstoff anstehenden Außendrucks keine Blasen in der Flüssigkeit bilden. Das Sieden ist daher ein Phänomen des Gegendrucks und nicht eine Eigenschaft des Wassers selbst. 

Es kann sich ja auch um Wasserdampf handeln, der gerade kondensiert ist, weil er in eine kühlere Umgebung gekommen ist.

Das liegt an drei verschiedenen Sachen:

1. Du hast natürlich recht, bei niedrigerem Druck, verdampft Wasser bei unter 100°. 100° gelten wirklich nur auf Meeresniveau, aber wer wohnt schon direkt am Meer? Auf 3000m Höhe sind es schon nurnoch 90°, bei denen Wasser kocht. Das ist jedoch nicht die richtige Erklärung für das von dir beobachtete Phänomen.

2. Dampf ist nicht gleich Nebel! Wenn sich Wassertropfen in der Luft lösen, entsteht Nebel. Hier ist das Wasser weiterhin flüssig, aber in kleinen Tropfen in der Luft gelöst. Hat also nichts mit Dampf (gasförmig) zu tun. Ein Teil der Feuchtigkeit in der Luft ist also Nebel.

3. Das ist der Hauptgrund, aber leider auch etwas schweiriger: Temperatur ist eigentlich eine Beschreibung dafür, wie schnell sich jedes eizelne Teilchen (Atom) bewegt. Wasser wenn 0° C hat bedeutet, dass sich die Moleküle sehr langsam hin und her bewegen. Der absolute Nullpukt, bei dem es keine Bewegung mehr gibt, liegt bei -273° Celsius, oder man sagt auch 0 Kelvin.
Diese Temperatur, die wir messen ist aber nur ein Mittelwert, denn nicht alle Teilchen bewegen sich gleich schnell. Und da ist es kein Wunder, dass bei 30° manche Teilchen sich so schnell bewegen, wie wenn sie -110° hätten und andere wie wenn sie 200° hätten... Und genau die letztgenannten verdampfen dann natürlich. Je wärmer es ist, desto mehr Teilchen sind natürlich dann dabei, die auch wirklich verdampfen. Jetzt kühlen diese Teilchen an der Luft aber schnell wieder ab und fallen unter 100°. Dann bildet sich wieder eine Art Nebel, weil des dann flüssige Teilchen sind, keine gasförmigen, die dann in der Luft gelöst sind. Das nennt man dann allerdings "Nassdampf"

Wenn du dich mehr für dieses Phänomen von Nebel, (Nass-)Dampf und gasförmigem Wasser (Heißdampf) interessierst, solltest Du dir eventuell einmal die Funktionsweise von Dampflokomotiven in einem youtube-Video ansehen. Das ist sehr spannend und durchaus wissenswert!

theRealJoey  19.11.2017, 23:58

Das 3. wie heißt diese Theorie nochmal. Also wenn du meinst das nicht alle Teilchen gleich warm sind dann wäre das ja die Boltzmann Verteilung?

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Chrisgang  20.11.2017, 16:50
@theRealJoey

Boltzmann heißt die Verteilungstheorie bei Temperaturen, genau.
Ich finde es garnicht so leicht Physik verständlich zu erklären! Wie gut, dass ich kein Lehrer geworden bin...

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"Normal" bezieht sich hier auf den Druck unter Standardbedingungen (meist 1 bar).

Bei 100°C und 1bar gehen alle Wassermoleküle in die Gasphase, aber auch bei tieferen Temperaturen stellt sich immer ein Gleichgewicht zwischen Wassermolekülen in der Flüssigkeit und Wassermolekülen in der Gasphase ein (google mal "Dampfdruck" und "Partialdruck").

Allgemein kann man sagen, dass bei einem gegebenen Druck der Anteil der Gasmoleküle über einer einem Stoff mit der Temperatur steigt. Beim Schmelzpunkt ist dieser Anteil (Partialdruck) sehr gering, um beim Siedepunkt 100% zu erreichen (Partialdruck = Umgebungsdruck).

Erklären kann man sich das über das kinetische Teilchenmodell: Die Temperatur eines Stoffes ist equivalent zur mittleren kinetischen Energie (Bewegungsenergie)aller Teilchen: Aber nicht alle Teilchen haben dieselbe kinetische Energie, manche bewegen sich scheller, manche langsamer als der Schnitt. Die Energieverteilung bei einer gegebenen Temperatur entspricht einer Gausskurve und einige der "schnelleren" Teilchen vom rechten Rand der Gausskurve haben genug Bewegungsenergie um sich dem Flüssigkeitsverband zu entziehen und in die Gasphase über zu gehen.

Je höher die Temperatur desto mehr verschiebt sich die Verteilungskurve nach rechts und desto mehr Teilchen gehen in die Gasphase. Bei erreichen des Siedepunktes haben alle Teilchen genug Energie um in die Gasphase überzugehen (die Flüssigkeit ist verdampft/verdunstet).

Wasserdampf ist kein Gas sondern kleinste Wassertröpfchen. Wenn sich ein temperaturspezifisches Gleichgewicht von Flüssigkeit- zu Gasphase eingestellt hat sieht man keinen Dampf.

Wenn dann die Temperatur der Gasphase fällt verschiebt sich die Verteilungskurve wieder nach links; d.h. immer mehr Teilchen verlieren Energie, werden langsamer und fallen zurück in die Flüssigphase. Dies wird als Kondensat/Dampf sichtbar, besonders wenn die Flüssigkeit wärmer ist als die Umgebungstemperatur (je größer die Differenz zwischen Umgebungstemperatur und Flüssigkeitstemperatur desto deutlicher). 

Auch vom festen Zustand  (Eis) kann Wasserdampf entstehen. Den Vorgang nennt man sublimieren und den Dampfdruck , den Partialdruck des Wasser. Sobald der Partialdruck, der temperaturabhängig ist, den äußeren Druck, Atmosphärendruck, erreicht, dann siedet das Wasser.