Was sind Aristoteles drei Lebensformen?


12.09.2020, 18:05

Hier als Hilfe aber ich habe nichts verstanden :

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Aristoteles, Nikomachische Ethik 1, 3 unterscheidet als Hauptformen drei Lebensformen, in denen Glück gesucht/erstrebt wird.

1) Leben des Genusses

Ein Leben des Genusses ist ein Leben der sinnlichen Lust/des sinnlichen Vergnügens. Zu dem Substantiv »Genuss« gehört das Verb »genießen«. Dies bedeutet, bei etwas angenehme Empfindungen (Freude/Lust/Vergnügen/Wohlbehagen/Befriedigung) zu haben und sie auszukosten. Dazu gehören beispielsweise angenehme Sinneswahrnehmungen durch Essen, Trinken und Sex,.

Ein bloß auf sinnliche Lust beschränktes Leben hat nach Auffassung des Philosophen Aristoteles den geringsten Rang, weil kein Streben nach Vollkommenheit geschieht, Menschen sich knechtisch und ohne Einsicht und Besonnenheit verhalten und nicht über Tiere herausragen.

2) Leben im Dienste des Staates

Aristoteles geht es um den Staat als politische Gemeinschaft und er schreibt von der politischen Lebensform bzw. (Aristoteles, Politik 7, 2) von der politischen und praktischen (auf das Handeln bezogenen) Lebensform. Die politische Lebensform ist eine Tätigkeit, bei der es vor allem um das Handeln in einer politische Gemeinschaft geht (wobei Beratung, Diskussion und Mitteilung dazugehört). Nach Aristoteles, Politik 1, 2 ist der Mensch ein von Natur aus/seinem Wesen nach politisches/ein auf eine politische Gemeinschaft ausgerichtetes/bezogenes Lebewesen. Menschen möchten gut zusammenleben.

Ein Ziel ist bei der politischen Lebensform die Ehre (Ehrung/Anerkennung/Wertschätzung/Bewunderung), die jemand für die Tätigkeit bekommt. Weil dieses Streben nach Ehre geschieht, um Bestätigung zu erhalten, Wertvolles beizutragen, ist der Wunsch, von urteilsfähigen Menschen aufgrund der eigenen Tüchtigkeit geehrt zu werden. Daher ist Tüchtigkeit ein höherer Wert als Ehre. Trotzdem ist Tüchtigkeit nicht Ziel in vollem Sinn, weil es darauf ankommt, nicht nur die Fähigkeit zu haben (was auch untätig sein kann), sondern sie auch zu verwirklichen.

In der politischen Lebensform können Klugheit/praktische Vernunft eingesetzt und Charaktertugenden verwirklicht werden.

3) Hingabe an die Philosophie

Dies ist die theoretische Lebensform. Theorie (griechisch: θεωρία [theoria]) bedeutet Anschauen, Schau, Betrachtung, Untersuchung, wissenschaftliche Erkenntnis. Es geht um Forschen und Denken sowie den Vollzug von Erkenntnis.

Von dieser Lebensform handelt auch Aristoteles, Nikomachische Ethik 10, 7 – 9.Das Glück der theoretischen Lebensform ist nach Auffassung von Aristoteles das vollendete Glück. Die Tätigkeit der theoretischen Lebensform ist am dauerhaftesten, weil sie am leichtesten anhaltend ausgeübt werden kann. Die Genüsse der theoretischen Lebensform sind von wunderbarer Reinheit und Beständigkeit. Bei theoretischem Betrachten/Denken ist die Autarkie am größten. Es bedarf am wenigsten äußerer Güter. Der Weise ist am meisten sich selbst genug, auch wenn die Mitarbeit anderer das Denken noch verbessern kann. Das theoretische Betrachten/Denken wird um seiner selbst willen geliebt. Die Vernunft (griechisch: νοῦς [nous]) ist das, was bei Menschen am meisten etwas Göttliches ist, das Leitende, Vornehmste und Beste. Das theoretische Betrachten/Denken ist die göttliche Lebensform. Menschen sind aus Leib und Seele (mit Vermögen der Vernunft ausgestattet) zusammengesetzte Wesen, nicht ganz göttlich, aber sie sollen sich bemühen, möglichst stark dem Göttlichen in ihnen als dem wahren Selbst nachzuleben.