Was sind Argumente gegen die Kapitalismuskritik und das Vereinen von Markt und Staat?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Neben den zahllosen Argumenten gegen die Kapitalismuskritik ist am durchschlagendsten, dass es außerhalb des Kapitalismus keine Preise gibt, welche die reale Knappheit von Gütern und Dienstleistungen anzeigen. Und die zwingende Erforderlichkeit dessen ist seit ca. 100 Jahren bekannt. Denn Preise sorgen für Signale an die Marktteilnehmer (potentielle Produzenten und Konsumenten), wie diese sich verhalten sollten. Fehlt diese Verknüpfung, kommt es zwingend zur Fehlallokation der Mittel sowie zu Über- und Unterproduktion.

Hinzu kommt, dass es nur im Kapitalismus den Qualitäts- sowie Kostenreduzierungsmechanismus über Konkurrenz gibt. Denn Gewinnstreben auf der einen Seite verbunden mit der Konkurrenzsituation auf der anderen Seite wirkt zu einer immer besseren Kostenwirksamkeit bzw. zu optimalen Preis/Leistungsverhältnissen.

Zudem besteht die Masse an kapitalismuskritsichen Positionen in Wirklichkeit gar nicht in einer Kritik am Kapitalismus selbst, sondern an Folgen von Versuchen, den Kapitalismus abzuschaffen. Unser ungedecktes Geldsystem mit seinen Zentralbanken z.B. ist nicht mehr kapitalistisch, sondern erfüllt ganz im Gegenteil eine der Forderungen der Kommunisten. In einem gedeckten, kapitalistischen Geldsystem, in welchem sich der Zins nach Geldangebot und -nachfrage bilden könnte, gäbe es die aktuellen Verwerfungen nebst Höchstverschuldungen von Staaten nicht, genauso wenig wie die Rettung von Konzernen und Banken.

unahamburguesa 
Fragesteller
 18.05.2022, 14:42

Sind Kapitalismus und die freie Marktwirtschaft das selbe?

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unahamburguesa 
Fragesteller
 18.05.2022, 14:45
@Pantauals

Danke, und war das übrigens eine sehr hilfreiche Argumentation in Ihrer Antwort, die ich mit einem Stern ausgezeichnet habe!

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Gringo58  01.08.2022, 19:48

Wie wahr!! In einem gedeckten, kapitalistischen Geldsystem, in welchem sich der Zins nach Geldangebot und -nachfrage bilden könnte, gäbe es die aktuellen Verwerfungen nebst Höchstverschuldungen von Staaten nicht, genauso wenig wie die Rettung von Konzernen und Banken.

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NZZ:

«Denen ging’s nur um Profit», sagt der Gymnasiast in der mündlichen Abschlussprüfung. Prüfungsthema im Fach Geschichte ist die Industrialisierung mitsamt der «sozialen Frage». Mit «denen» sind die Kapitalisten, also die Fabrikbesitzer gemeint. Der Prüfling hat recht: «Denen» ging es um Profit – allerdings nicht nur –, und niemand in dieser Prüfung möchte auch nur im Entferntesten die finsteren Seiten der Industrialisierung schöngeredet haben. Aber in dieser an sich trivialen Feststellung – wer könnte ohne Profit eine Fabrik betreiben, Produkte entwickeln und Löhne und Ausbildungen finanzieren? – steckt so viel unbewusster Moralismus, dass ideologiefreies Nachdenken über die marktwirtschaftliche Funktion des Profits dem Gymnasiasten gar nicht in den Sinn kommt. Der Profit hat ein zu schlechtes Image. Für viele ist Profit ein Synonym für Gier und Ausbeutung. Profit ist eigentlich ein positives Wort Der umgangssprachliche Begriff Profit hat schon als Wort etwas Anstössiges und wird gerne mit Attributen garniert, die die negative Tonalität verstärken. Man redet von «fetten Profiten», die irgendjemand für sich «einstreicht» oder «herausschlägt». Dabei stammt das Wort vom lateinischen proficere ab, was so viel heisst wie vorwärtskommen, Fortschritte machen. Dagegen dürfte ein Gymnasiast nichts einzuwenden haben, wo er doch selber nach Höherem – um nicht zu sagen: nach Profit – strebt. Wer möchte schon so viel Lebenszeit in die Schule investieren, ohne später davon zu profitieren?

Im Laufe der Prüfung begibt sich der Gymnasiast auf eine gedankliche Suche nach dem Wesen des Profits jenseits der Klischees und muss feststellen, dass dieses Wesen vielleicht doch mehr vermag, als nur den Fabrikbesitzer reich zu machen – zumal im Wohlfahrtsstaat. Vielleicht könnte es sogar sein, dass der landläufig als moralisch überlegen empfundene Non-Profit ohne Profit gar nicht möglich wäre. Jemand muss ja im Umverteilungsstaat Gewinne erzielen und Steuern zahlen, damit wohltätige Organisationen zu ihren Subventionen und Spenden kommen. Der Kapitalismus finanziert auch seine Kritiker Mit diesen Überlegungen hat der Gymnasiast jenen gestandenen Intellektuellen etwas voraus, die nicht müde werden, aus ihrer steuerfinanzierten Wohlfühloase heraus den Kapitalismus anzuklagen. Zweifellos fördert der Kapitalismus – nebst seinen offenkundigen Vorteilen – auch die «soziale Frage» zutage. Der Umverteilungsstaat hat diese Defizite jedoch längst beseitigt. Mehr noch: Er sorgt nicht nur dafür, dass die Systemkritiker mit ausreichend Geld aus dem von ihnen kritisierten System versorgt werden und so zu Profiteuren des Profits werden. Er nimmt sich zunehmend auch die Freiheit, mit seinem wuchtigen Sozialstaat nicht nur die wahrhaft Bedürftigen zu unterstützen, sondern mit mannigfaltigen Subventionen auch die Freizeitoptimierung von Work-Life-Balance-Akademikern zu finanzieren, um gleichzeitig über Fachkräftemangel zu klagen.

So viel Non-Profit muss sich eine Gesellschaft erst einmal leisten können. Das kann sie nur dann, wenn es tatsächlich noch Leute gibt, die Profit machen. Man sollte ihnen Sorge tragen.

Ich habe noch nie in meinem Leben ein Argument gesehen das gegen Kapitalismuskritik spricht.

Aber haufenweise Leute die nichtmal wissen was Kapitalismus ist und den einfach so hochleben lassen und als das ultimativ gute bezeichnen.

Plincheeee  16.05.2022, 22:04

Menschen die meinen ,,Der Mensch ist so", weil der Kapitalismus so tief in ihrem Denken und unserer Gesellschaft verankert ist.

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JonasGrosse  16.05.2022, 22:10

Kapitalismus basiert auf Wachstum und technischen Fortschritt. Andere Systeme haben einen anderen Fokus und sind daher weniger Konkurrenzfähig. Der Kommunismus (in seinem ursprünglichen Sinn) z. B. fokussiert sich auf soziale Aspekte. Dem zu Folge, brachte der Kapitalismus alle modernen Industrien hervor und vernetzte die Welt durch die Globalisierung.

Aber es gibt mehr Argumente für die Kritik am Kapitalismus.

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JonasGrosse  16.05.2022, 23:20
@Asporc

Kapitalismus hat sich weltweit durchgesetzt. Staaten wie China, Vietnam, welche offiziell sich als Kommunisten bezeichnen haben tiefe kapitalistische Strukturen. Es gibt jedoch ein Land, in welchem der Kapitalismus noch nicht eingedrungen ist: Nord Korea.

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lesterb42  18.05.2022, 13:20
@JonasGrosse

Kapitalismus basiert auf Wachstum und technischen Fortschritt.

Falsch.

Der Einsatz von Kapital befreit uns von primitiven Tätigkeiten. Wer damit nicht klar kommt, kann sich auch gerne sein Wasser mit dem Holzeimer vom nächsten Bach holen. Auch das ist hier erlaubt.

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Bluemie  18.05.2022, 12:52

Ich habe noch nie in meinem Leben ein Argument gesehen das für Kapitalismuskritik spricht.

Aber haufenweise Leute die nichtmal wissen was Kapitalismus ist und den einfach so niedermachen und als das ultimativ schlecht bezeichnen.

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Merkste was?

Dein Kommentar bringt den/die Fragesteller/in nicht weiter. Hier solltest du besser erläutern.

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Von Experte Asporc bestätigt

Wenn du diese Frage schon stellen musst, ist das vielleicht ein Zeichen dafür, dass die Kapitalismuskritik angebracht ist.

In meinen Augen gibt es kaum ein System, das unfairer und menschenfeindlicher ist als der Kapitalismus. Es kann ja nur besser werden.

Woher ich das weiß:Hobby – Politikinteressiert & -informiert!
Asporc  16.05.2022, 22:02

Mit Kapitalismus kann man gut auskommen. Man muss nur wissen das Kapitalismus von der Natur her ein verheltensgestörter und Tollwütiger Stegosaurus ist. Bzw. etwas vergleichbares.

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Plincheeee  16.05.2022, 22:03
@Asporc

Mit Kapitalismus können niemals alle Menschen gut auskommen, denn dann würde er nicht funktionieren.

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Asporc  16.05.2022, 22:04
@Plincheeee

Klar tut er das. Wenn du ihm Fesseln anlegst und medikamentös ruhig stellst und ständit Injektionen verpasst die seinen Tollwutausbruch verzögern funktioniert das Prinzip wunderbar und kann viele kleine Probleme alleine lösen.

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unahamburguesa 
Fragesteller
 16.05.2022, 22:08

Aber der Kapitalismus hat an sich ja keine Ziele außer die Freiheit des jeden so reich zu werden, wie es will. Der Kapitalismus ist an sich also nicht unfair, sondern nur die Menschen selbst, wenn die Politik im Land nicht stimmt. Meiner Meinung nach können sich verschiedene kapitalistische Länder, je nach der Transparenz der Politik im jeweiligen Land, jeweils in Sache Gerechtigkeit deutlich unterscheiden.

Das politische Rechtssystem ist ja ein von der Wirtschaftsordnung zu unterscheiden.

In Deutschland z.B herrscht die soziale Marktwirtschaft, die natürlich immer noch nicht perfekt ist, denn es fehlt noch an einiges, dennoch ist es immernoch Kapitalismus.

Was denken Sie darüber?

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Plincheeee  16.05.2022, 22:32
@unahamburguesa

Erstmal hat das ,,Sie" im Internet sowieso nichts zu suchen.

Der Kapitalismus stützt sich grundsätzlich darauf, eine wohlhabende und eine nicht wohlhabende Gruppe zu haben. Letztere ist grundsätzlich deutlich größer.

Der Reichtum der einen stützt sich auf die Armut der anderen. Man selbst ist nur dann reich, wenn andere arm sind.

Daraus resultieren dann beispielsweise so Dinge wie Statussymbole, Besitzansprüche, diese absolute Fokussierung auf Besitz und Geld. Das schadet in meinen Augen der Gesellschaft auch stark und sind Ursprung für viele Arten des Faschismus. Das geht dann allerdings auch schon etwas weiter.

Durch diese absolute Konsum-Orienterung wird weder Wert auf Qualität, noch auf Umweltbilanz oder Arbeiter:innen-Rechte gelegt, sondern eben nur auf das Überangebot. ,,Angebot und Nachfrage".

Im Deutschland gilt die soziale Marktwirtschaft, das ist richtig. Dennoch üben auch der Staat Deutschland und deutsche Firmen und Unternehmen Einfluss auf das Ausland aus. Während es in Deutschland beispielsweise die 5 Sozialversicherungen gibt, werden durch Deutschland dennoch im Ausland dennoch Produkte in Auftrag gegeben, bei deren Produktion dann keine Arbeiter:innenrechte eingehalten werden und die Menschen meist auch keine angemessene Vergütung erhalten.

Im globalisierten Kapitalismus muss es diese Länder geben, die von Subventionen leben und für reichere Staaten produzieren. In unserem Fall ist das vor allem der globale Süden, insbesondere der Sahel-Streifen in Nordafrika.

Diese Strategie findet man unter anderem unter dem Begriff Neo-Kolonialismus.

Klar ist, wären alle Staaten der Erde plötzlich wirtschaftlich, sozial und politisch gleich stark, würde der globalisierte Kapitalismus nicht funktionieren. Allerdings würde er auch nie erlauben, dass diese Länder so stark werden könnten.

Viele Probleme, mit denen wir heute zu kämpfen haben und in Zukunft zu kämpfen haben werden, sind bei genauer Beobachtung auf den Kapitalismus zurückzuführen.

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unahamburguesa 
Fragesteller
 16.05.2022, 23:09
@Plincheeee

Natürlich hat "Sie" im Internet zu suchen. Vernunft braucht man immer.

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Plincheeee  16.05.2022, 23:12
@unahamburguesa

In meinen Augen hat das mit Vernunft nichts zu tun.

Es schafft Barrieren, wo keine sind und macht Konversationen unpersönlicher.

Im Internet ist es auch eher untypisch.

Ich habe aber noch deutlich mehr geschrieben, als nur diesen Satz.

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unahamburguesa 
Fragesteller
 16.05.2022, 23:38
@Plincheeee

Ich finde aber, dass man auf solchen Frageforen am besten auch auf sachlicher Ebene bleiben sollte und sich nicht zu sehr emotional investieren. Außerdem weißt diese Ausdrucksweise Respekt auf.

Jeder hat aber natürlich seine eigenen Vorlieben und ich bestehe auch nicht darauf, dass man mich in irgendeine bestimmte Weise nennt. :)

Aber ich hoffe einfach, dass Sie diese Art der Ansprache jetzt nicht als persönliche Attacke oder Ähnliches wahrnehmen; so bin ich es einfach gewohnt unbekannte anzusprechen.

Danke schön für ihre Antwort! 👐🏻

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Paulabar  17.05.2022, 15:11
@unahamburguesa

Und ihre Inhalte ignorierst du jetzt einfach?

Selbst so einen auf Respekt machen und sich dann so respektlos verhalten

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Gringo58  01.08.2022, 19:49

Na ja - in einem System, wei einst in der "DDR" geht s einem noch schlechter... siehe auch Venezuela heute...

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Plincheeee  02.08.2022, 08:17
@Gringo58

In keinem dieser Länder gab es je Sozialismus oder Kommunismus.

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Gringo58  02.08.2022, 12:25
@Plincheeee

Weil das eben nicht geht. Der Mensch ist immer in erster Linie an SEIN Wohl interessiert. Abgesehen davon ist das ganze Menschsein total ungerecht in seienr Verteilung von Staerken und Schwaechen. Der eien ist nunal gesund und intelligent, der andere nicht.... u.s.w.

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Plincheeee  02.08.2022, 13:24
@Gringo58

Im Kommunismus wird das Individuum mehr geschätzt als im Kapitalismus.

Kommunismus kann funktionieren, nur nicht in einer kapitalistischen Welt.

In einer kommunistischen Welt würde auch kein kapitalistisches Land überleben.

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