Warum wird eigentlich beim Ionenprodukt oder dissoziationskonstante die konzentration vom Anion und Kation mit eingerechnet?
Wenn man HA <-> H+ + A- hat, warum sagt man jetzt [H+] * [A-] beim ionenprodukt, bzw. im Zähler der gleichgewichtskonstante? Es würde doch schon die Konzentration eines Ions reichen, da doch immer [H+] = [A-] gilt (ist ja logisch, wenn aus HA ein H+ dissoziiert muss auch ein A- dissoziieren). Ist das nicht ein wenig redundant?
1 Antwort
Das Massenwirkungsgesetz gilt immer, auch in beliebig kompliziert zusammengesetzte Systemen.
In der einfachen Lösung einer einbasigen Säure gilt tatsächlich c(H₃O⁺)=c(A⁻), zumindest solange alle Konzentrationen deutlich größer als 10⁻⁷ mol/l sind (sonst spielen ja auch noch die H₃O⁺-Ionen aus der Autoprotolyse des Wassers eine Rolle). Aber was ist, wenn Du zur Säure NaOH (oder, weitgehend äquivalent, das Salz Na⁺A⁻) zugibst? Dann hast Du plötzlich mehr A⁻ als H₃O⁺, möglicherweise sogar sehr viel mehr. Du kannst Dir aber auch z.B. eine Mischung von mehreren Säuren vorstellen, dann gibt es mehr H₃O⁺ als jedes einzelne Anion. Oder eine mehrbasige Säure wie H₂SO₄, da hast Du dann H₃O⁺, HSO₄⁻ und SO₄²⁻ in verschiedenen Konzentrationen.
Mit dem Massenwirkungsgesetz kannst Du jede dieser Suppen berechnen, es ist aber ein Stück komplizierter als im einfachen Fall einer einbasigen Säure ganz allein in der Lösung.
Deine Nase ist alkalisch? ☺
Wenn Du mehrere Säuren HA₁, HA₂, HA₃ etc. in der Suppe hast, dann gilt K₁=c(H₃O⁺)⋅c(A₁⁻)/c(HA₁) und K₂=c(H₃O⁺)⋅c(A₂⁻)/c(HA₂) etc. Dabei ist c(H₃O⁺) immer dieselbe Zahl, nämlich die Gesamtkonzentration von H₃O⁺, summiert über alle Quellen, die H₃O⁺ liefern können (dazu gehört im Prinzip auch H₂O via Autoprotolyse).
Wenn Du Base zu einer Säure HA dazugibst (maximal soviel, wie Säure im System ist), dann gilt das MWG immer noch unverändert. Im Fall von NaOH als Base tauchen zwar die Na⁺-Ionen nicht im MWG auf, aber spielen trotzdem eine Rolle in der Stöchiometrie bzw. Ladungsbilanz. Für kleine Basenmengen gilt grob c(Na⁺)+c(H₃O⁺)=c(A⁻). Mit dieser zusätzlichen Gleichung kannst Du dann ins MWG einsetzen und c(H₃O⁺) bzw. den pH ausrechnen.
Aaah das habe ich nicht beachtet, also sagst du das angenommen wir haben eine gleichgewichtskonstante K1 von einer einzigen Säure(1). Jetzt haben wir in einem System mehrere Säuren, unteranderem wieder Säure(1). Auch wenn [H+] nun einen höheren Wert hat (durch die anderen Säuren) bleibt K1 unverändert weil nun eben proportional weniger A- von Säure(1) dissoziiert wegen MWG?
Klar, die Gleichgewichtskonstante ist konstant (naja, sie hängt von der Temperatur ab und auch theoretisch vom Druck) und hängt nicht von der Zusammensetzung der Lösung ab. Wenn alle anwesenden Säuren H₃O⁺ produzieren, dann ist die resultierende H₃O⁺-Konzentration in der Mischung größer als das, was jede einzelne Säure einzeln liefern würde, aber kleiner als die Summe von all diesen hypothetischen Einzelbeiträgen (d.h., jede Säure dissoziiert in der Mischung weniger als wenn sie allein wäre).
Das ist verständlich über das Le-Chatelier-Prinzip: Dadurch, daß jede Säure mit den H₃O⁺-Ionen der anderen Säuren konfrontiert ist, kann sie selbst weniger dissoziieren als wenn sie allein wäre. Das Le-Chatelier-Prinzip ist aber nur qualitativ, mit dem MWG kannst Du das aber präzise ausrechnen.
Na dann ist es klar warum es als Produkt definiert wurde, sonst könnte es nicht konstant bleiben und praktisch könnte man ja bei Messungen auch garnicht unterscheiden welche hydronium Ionen in einem mehrsäurensystem zu welcher Säure gehören. Danke :-)
Wenn ich aber mehrere Säuren in meinem System habe, dann muss doch rechnerisch trotzdem unterschieden werden welche H3O+ zu welcher Säure gehören oder nicht? Klar, wenn ich zu meiner Säure jetzt irgendeine Nase dazugebe dann sinkt die H+ konzentration, jedoch sagt diese verminderte konzentration dann ja nichts mehr über den dissozziationsgrad aus, immerhin sind sie ja trotzdem vorher schon dissoziiert auch wenn sie dann nicht mehr vorliegen sondern OH- zu Wasser proponierte wurde.