Warum wird der Gott Chronos mit einer Sense dargestellt?

8 Antworten

Bei Wikipedia steht, dass Chronos das ablaufen der Zeit, auch der Lebenszeit, versinnbildlicht.

Ähnlich wie der Tod, könnte mit der Sichel das "ernten" von Seelen versinnbildlicht worden sein.

Gevatter Tod ist mittelalterliches Märchengut.

Ganz ganz kurzer Blick in https://de.wikipedia.org/wiki/Chronos

Etwa seit der Mitte des 14. Jahrhunderts wird Chronos in der bildenden Kunst als bärtiger Greis mit Sichel und Stundenglas dargestellt (erst zu dieser Zeit gibt es Stundengläser)

Die Geschichte wurde im Mittelalter mit der Erfindung des Christentums und dem Imperium des Katholizismus komplett ruiniert.

Der ist im Nebenberuf Landwirt.

Der Gott Chronos (griechisch: Χρόνος) der griechischen Mythologie ist eine Personifikation der Zeit (die Zeit in ihrem Ablaufen; griechisch: χρόνος = Zeit, Zeitdauer, Lebenszeit).

Aus der Zeit des Hellenismus gibt es eine Darstellung des Gottes Chronos mit großen Flügeln.

Eine Darstellung mit einer Sense als Attribut (kennzeichnende Beigabe in der Darstellung) gibt es erst seit dem Mittelalter. Zuerst ist dies anscheinend in einer Rabanus-Maurus-Handschrift (De Universo) des 11. Jahrhunderts (Monte Cassino, Codex 132) greifbar. Eine Darstellung als bärtiger alter Mann mit Sichel und Stundenglas gibt es seit der Mitte des 14. Jahrhunderts (frühe Renaissance).

Eine Sense (hat eine gekrümmte Klinge) dient vor allem als landwirtschafliches Werkzeug, kann aber auch als Waffe verwendet werden, und in Mittelalter und früher Neuzeit sind auch Kriegssensen hergestellt worden.

Älter ist eine Darstellung mit einer Sichel (gibt es z. B. auf einem antiken Wandgemälde in Pompeii). Eine Sichel ist ebenfalls ein landwirtschafliches Werkzeug, aber auch eine Waffe als Sichelmesser oder Sichelschwert (Waffe mit einer geraden Klinge und einer weiteren Klinge, die ein hakenartiger bzw. sichelartiger [gebogener] Ansatz ist). Ein Sichelschwert kommt – vor allem mit der Bezeichnung Harpe (griechisch: ἅρπη; vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Harpe_(Waffe) ) - als Waffe in Erzählungen der Mythologie vor, so als Waffe, mit dem der Gott Kronos (griechisch: (Κρόνος) seinen Vater Ouranos/Uranos (griechisch: Οὐρανός) entmannt, und als Waffe, mit der Perseus (griechisch: (Περσεύς) das Haupt der sterblichen Gorgone Medousa/Medusa (griechisch: Μέδουσα) abschlägt.

Sowohl die Sichel als auch die Sense sind seit dem Mittelalter Attribute des Todes (vgl. Christoph Wetzel, Das große Lexikon der Symbole. Darmstadt : Primus-Verlag, 2008, S. 276). Allegorisch (sinnbildlich für etwas anderes stehend) ist der Tod ein Ernten der Lebewesen bzw. Seelen, indem ihr Leben durch ein Abschneiden/Abhauen/Niedermähen beendet wird. Der Tod kann als Schnitter personifiziert werden, als »Gevatter Tod« bzw. »Sensenmann« ( https://de.wikipedia.org/wiki/Sensenmann ). Es gibt auch die Vorstellung eines Abtrennens des Lebensfadens, so durch die Moiren, Parzen und Nornen

Der Gott Chronos personifiziert die Zeit und die Zeit ist mit Vergänglichkeit verbunden, Indem ein Ende kommt, wird allegorisch gewissermaßen Ernte gehalten.

Zusätzlich gibt es beim griechischen Gott Chronos eine Vermischung mit Kronos bzw. dem diesem gleichgesetzten römischen Gott Saturnus, die einen Bezug zur Ernte haben.

Chronos und Kronos sind in der griechischen Mythologie und Religion ursprünglich zwei verschiedene Götter. Allerdings sind sie später von manchen gleichgesetzt worden, aufgrund einer Volksetyomologie (Kronos wird in der Wortherkunft auf das ähnlich lautende chronos zurückgeführt) und religiös-philosophischer Spekulationen und Allegorien. Chronos spielte vor allem in orphischer Theogonie und Kosmogonie eine Rolle.

Kronos ist in der Mythologie einerseits einer der Titanen und Akteur bei einem gewaltsamen Kampf zwischen Vater und Sohn (darunter einem Verschlingen der Kinder, um die eigene Herrschaft abzusichern), andererseits Herrscher eines goldenen Zeitalters mit Überfluß und einer Erde, die von selbst die Früchte hervorbringt. Ihm zu Ehren hat es in Athen, Rhodos und Theben die Kronia gegeben, ein gemeinsames Erntefest von Herren und Knechten mit kurzzeitiger Aufhebung der gesellschaftlichen Unterschiede. Stärker ist die Verbindung zur Ernte beim römischen Gott Saturnus, der Ackerbau mit Aussaat und Ernte als Zuständigkeitsbereich hat.

Eine antike Spekulation deutet die Sichel mit ihrer gekrümmten Form als Veranschaulichung der in sich zurücklaufenden Zeit (vgl. Servius, Kommentar zu Vergil, Georgica 2, 406).

Berichte über eine Gleichsetzung von Chronos und Kronos:

Marcus Tullius Cicero, De Natura Deorum 2, 63 - 64 [24]

Plutarch, Peri Isidos kai Osiridos (Περὶ Ἴσιδος καὶ Ὀσίριδος: Über Isi und Osiris; lateinischer Titel: De Iside et Osiride) 12 (Ἠθικά/Moralia 266 F)

Plutarch, Aitia Rhomaïke (Αἴτια Ῥωμαϊκά; Römische Ursprünge/Fragen; lateinischer Titel: Quaestiones Romanae) 12 (Ἠθικά/Moralia 363 D - E);

Aulus Gellius, Noctes atticae 12, 11, 7

Macrobius, Saturnalia 1, 8, 6 - 7

Servius, Kommentar zu Vergil, Georgica 2, 406

Literatur

Franz Brezner, Kronos. Maria Moog-Grünewald (Hrsg.), Mythenrezeption : die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart. DNP : Der Neue Pauly. Supplement-Band 5. Stuttgart ; Weimar : Metzer, 2008, S. 404 – 407

S. 405: „Die bereits stoische - über die Wortähnlichkeit zu griech. chrónos vermittelte - Interpretation des K. als ihre Kinder fressende ›Zeit‹ (komplex z. B. bei Cic. nat. deor. 2,64) bzw. als ›Gewalt der Zeit‹ durchzieht nicht nur die gesamte mythogr. Tradition (z. B. Fulg, myth. 1,3), sondern prägt auch die Ikonographie des K., der überwiegend als alter Mann mit Hut, Sanduhr und Sense (Tod!) auf einem Wagen dargestellt wird.“

griech. = griechisch

K. = Kronos

Cic. nat. deor. = Cicero, De Natura Deorum

mythogr. = mythographische

Fulg, myth. = Fulgentius, Mythologiae

Manuel Bendala Galán, Chronos. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae : (LIMC). Band IIII 1: Atherion – Eros / Amor, Cupido. Zürich ; München : Artemis-Verlag, 1986, S. 276 - 278

Fritz Graf, Chronos. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Weimar : Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 2: Ark – Ci. Stuttgart ; Metzler, 1997, Spalte 1174 – 1175

Hans-K. und Susanne Lücke, Antike Mythologie : ein Handbuch ; der Mythos und seine Überlieferung in Literatur und bildender Kunst. 2. Auflage. Reinbek : Rowohlt, 2006, S. 508 – 517 (Kronos)

S. 511: „Die Sichel sei ein Zeichen dafür, daß die Zeit alles mißt, »ausschneidet und einschneidet« (und damit doch wohl gliedert; Macronius, Sat. 1, 9). Sie zeige, daß alle Frucht, welche die Zeit hervorbringe, geschnitten werde; ihre Krümmung veranschauliche, daß alle Zeiten in sich zurücklaufen (Myth. Vat. II 1, 6).“

Macronius, Saturnalia

Myth. Vat. = Mythographis Vaticanuss

S. 516: „Hauptsächliches Attribut ist die Sichel, einerseits das Werkzeug des K. bei der Kastration des Uranos, anderseits das Gerät des Ackergottes. Ein Wandbild in Pompeji (Casa die Dioscuri, Iv. Stil; heute Neapel, Museo nazionale, Inv. 8837) stellt den stehenden K. (mit langem Mantel und stilisiertem Hinterkopf) mit einer Sichel in der Rechten dar. – Bei Servius (Georg. 2, 406) wurde die Sichel aufgrund ihrer Form zum Symbol der Zeit, die in sich zurückläuft […].“

K. = Kronos

Inv. = Inventarnummer

Georg. = Georgica

Eine Sense schneidet Halme ab. Sinnbildich für beenden.

Der "Lebensfaden" wird auch abgeschnitten. Also passt da eine Sensen.