Warum wird bei Volumenarbeit Außendruck ignoriert?

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Warum wird bei Volumenarbeit Außendruck ignoriert?

Das liegt daran, dass nach dem 1. Hauptsatz nur das System selber, nicht aber die Umgebung berücksichtigt wird. Dementsprechend wird auch die Volumenänderungsarbeit nur von System aus betrachtet und dabei spielt eben nur der Systemdruck eine Rolle.

dU = Q + Wv

Wenn das schon wieder einer Idealisierung geschuldet ist,

Nein, das ist keiner Idealisierung geschuldet, das ist eine Begriffsverwirrung. Du verwechselst bzw. trennst nicht die Begriffe Volumenänderungsarbeit sowie Nutzarbeit. Bei der Nutzarbeit, also der Arbeit, die z.B. an einer Kolbenstange verrichtet werden muss oder die außerhalb des Systems aufgebracht werden muss, um das System zu ändern, wird dann sehr wohl auch der Außendruck berücksichtigt.

Die Nutzarbeit W12 berechnet sich zu:

W12 = - ∫(psys - pu) dV

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe Thermodynamik im Hauptfach studiert.
Bei Volumenabnahme muss die Umgebung also immer Energie aufwenden.

Ist bei mir schon etwas her aber das ist doch nicht das was hier steht.

Die Volumenarbeit ist bei Expansion ja negativ weil das System Energie an die Umgebung abgibt also genau das Gegenteil.

Warum sollte der Gegendruck dafür relevant sein? Am Ende der Volumenarbeit herscht ja ein Kräftgleichgewicht, damit ist natürlich der Umgebungsdruck implizit drinnen. Ein Gas kann ja nicht mehr expandieren als es seine Umgebung zulässt, aber das hat nichts mit der Arbeit zu tun die dieses Gas nun verrichtet oder an ihm verrichtet wird. Hier zählt nur die Kraft die auf das Gas einwirkt und es entweder komprimiert oder entspannt.

Herleiten kannst du das übrigens direkt über die Definition der Arbeit:

mit F = A*p folgt dann direkt (A konst vorrausgesetzt):



Bzw wenn man es aus Sicht des Volumens betrachtet kommt dann eben das negative Vorzeichen dazu.


Fragesteller794 
Fragesteller
 15.02.2024, 21:25
Die Volumenarbeit ist bei Expansion ja negativ weil das System Energie an die Umgebung abgibt also genau das Gegenteil.

Nein? dV < 0 => W = - Integral(<0) => W > 0

Am Ende der Volumenarbeit herrscht ja ein Kräftegleichgewicht

Selbst wenn am Ende ein Kräftegleichgewicht zwischen p_innen und p_außen herrschen sollte, so war dieser noch nicht während der Volumenarbeit miteinbezogen.

Ein Gas kann ja nicht mehr expandieren als es seine Umgebung zulässt

Was meinst du damit? Kann man Volumenarbeit nur dann anwenden, wenn das System von sich aus größer oder kleiner wird? Das würde aber dem widersprechen, was ich gelesen habe.

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Kelec  15.02.2024, 21:32
@Fragesteller794
dV < 0

Wenn das Gas expandiert nimmt das Volumen zu daher dV > 0

Selbst wenn am Ende ein Kräftegleichgewicht zwischen p_innen und p_außen herrschen sollte, so war dieser noch nicht während der Volumenarbeit miteinbezogen.

Doch weil du von einer Differenz ausgehst. Du hast davor einen Außendruck und danach, das was dich interessiert ist nur die Differenz nicht die absolute Energie in irgendeinem System.

Wenn du hingegen bestimmen willst um wie viel sich zB die innere Energie im äußeren System verändert hat, dann ist natürlich die Druckdifferenz relevant.

Was meinst du damit? Kann man Volumenarbeit nur dann anwenden, wenn das System von sich aus größer oder kleiner wird? Das würde aber dem widersprechen, was ich gelesen habe.

Damit meine ich, dass die Volumenarbeit durch das Verhalten des äußeren Systems bestimmt wird. Wenn das äußere System das Volumen komprimiert dann wird Volumenarbeit geleistet. Wenn das äußere System das Volumen expandieren lässt dann ebenfalls.

Das was damit gemeint war ist, wenn ich einen Behälter mit konstantem Volumen habe, dann ist es nicht möglich, dass Volumenarbeit geleistet wird.

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Fragesteller794 
Fragesteller
 15.02.2024, 21:46
@Kelec
Wenn du hingegen bestimmen willst um wie viel sich zB die innere Energie im äußeren System verändert hat, dann ist natürlich die Druckdifferenz relevant.

Ich glaube das trifft den Kern meines Denkfehlers. Die Arbeit, die der inneren Energie des Systems hinzuaddiert wird ist doch exakt das Negative, das von der inneren Energie des äußeren Systems abgezogen wird, oder nicht?

Es macht kein Sinn, die Veränderung der innere Energie der Umgebung zu berechnen, da diese das Negative der Veränderung der inneren Energie des Systems ist.

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Kelec  15.02.2024, 21:51
@Fragesteller794
Die Arbeit, die der inneren Energie des Systems hinzuaddiert wird ist doch exakt das Negative, das von der inneren Energie des äußeren Systems abgezogen wird, oder nicht?

Die Gesamtenergie muss gleich bleiben, wie viel davon nun in innere Energie und wie viel in Temperatur usw geht ist zunächst nicht klar, aber die Energieerhaltung muss gelten ja.

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Fragesteller794 
Fragesteller
 15.02.2024, 21:31

Um mich nochmal klarzustellen:

Genau das F = A*p ist für mich unverständlich. Es sollte eigentlich

F = A*(p_innen-p_außen) heißen, da sowohl von Innen als auch von Außen etwas draufdrückt.

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Kelec  15.02.2024, 21:36
@Fragesteller794

Ja aber das interessiert das Gas im inneren nicht was da drauf drückt.

Natürlich hast du so etwas in der Form aber immer implizit da stehen wenn du das Kräftgleichgewicht betrachtest:

Nehmen wir an wir haben einen Kolben mit 1m² Fläche und außen eine Kraft von 1N auf den Kolben, dann muss der Druck im inneren des Kolben nun genau 1Pa sein.

Wäre der Druck drinnen größer als 1Pa würde das Gas sich entspannen und den Kolben rausdrücken, wäre die Kraft außen 2N dann würde das Gas verdichtet werden bis es eben 2Pa Druck hat.

Sprich wenn der Druck außen und innen ausgeglichen ist, dann kann keine Volumenarbeit verrichtet werden, weil ein Kräftegleichgewicht herscht.

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Fragesteller794 
Fragesteller
 15.02.2024, 22:35

Ich glaube jetzt hab ich's. Ich hatte angenommen, dass Volumenarbeit durch Kolben geleistet wird, d. h. ich zwei Systeme mit beliebigen Drücken habe und dann das Volumen von beiden durch einen Kolben verändere. Der Kolben kann also gleichzeitig Energie gewinnen und verbrauchen.

Jetzt die Frage: Stimmt es, dass Volumenarbeit eigentlich DURCH den Kolben genutzt wird, dieser also ausschließlich mitgeschleppt werden und dabei Energie erzeugen, weil vorher Druckunterschiede bestanden? Man kann also nur Volumenarbeit bis zum Kräftegleichgewicht nutzen und muss darauf achten, ob Innendruck oder Außendruck größer waren, um dann das passende Vorzeichen zu geben.

Stimmt das?

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Kelec  15.02.2024, 23:57
@Fragesteller794
Stimmt es, dass Volumenarbeit eigentlich DURCH den Kolben genutzt wird, dieser also ausschließlich mitgeschleppt werden und dabei Energie erzeugen, weil vorher Druckunterschiede bestanden?

Jein.

Also der Kolben kann natürlich auch Energie einbringen, wenn an ihm Arbeit verrichtet wird. Wenn der Kolben durch eine externe Kraft bewegt wird.

Ein Druck bzw ein Kräfteunterschied muss aber bestehen denn sonst bewegt sich da eben nichts.

Man kann also nur Volumenarbeit bis zum Kräftegleichgewicht nutzen

Ja. Für den Kolben gelten ja die Newtonschen Gesetze also dieser kann nur in Bewegung versetzt werden wenn die Summenkraft ungleich 0 ist.

und muss darauf achten, ob Innendruck oder Außendruck größer waren, um dann das passende Vorzeichen zu geben.

Ja, wobei du den Außendruck wie gesagt auch einfach weglassen kannst wenn du nur das Gas betrachtest welches durch den Kolben komprimiert bzw entspannt wird.

Wenn das Gas komprimiert wird, warum ist dafür egal, dann wird an ihm Arbeit verrichtet, wenn das Gas entspannt wird, warum ist auch hierfür egal, dann wird vom Gas Arbeit verrichtet.

Also es ist dem Gas im Kolben nun mal wirklich egal warum es komprimiert wird oder nicht und daher kannst du das auch so betrachten, global gesehen muss aber natürlich das System um den Versuchsaufbau dafür entweder eine Arbeit aufnehmen oder eben abgeben.

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Fragesteller794 
Fragesteller
 16.02.2024, 10:28
@Kelec
Also der Kolben kann natürlich auch Energie einbringen, wenn an ihm Arbeit verrichtet wird. Wenn der Kolben durch eine externe Kraft bewegt wird.

Genau das meine ich, habe mich ungünstig ausgedrückt.

Vielen Dank für deine Bemühungen!

Ich hatte angenommen, dass Volumenarbeit das ist, wovon der Wikipedia-Artikel schreibt, aber die sprechen von einer "beliebigen" Volumenänderung von V_1 auf V_2 ungeachtet jeglichen Drucks. Klar muss man hier sowohl Außendruck als auch Innendruck berücksichtigen, wenn ich bspw. auf halber Strecke zum Kräftegleichgewicht anhalte oder wenn ich über das Kräftegleichgewicht hinaus gehe (durch Kolbenarbeit). Auch in der englischen Wikipedia steht dazu kein Sterbenswörtchen, ist das so offensichtlich?

Jedenfalls vielen Dank!

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Kelec  16.02.2024, 18:40
@Fragesteller794

Naja es ist offensichtlich, dass sich der Kolben ohne Kraft welche effektiv auf ihn wirkt bewegen wird.

Für die Definition der Volumenarbeit ist es zudem egal im Endeffekt betrachtest du ja nur das innere System und dafür musst du eben das äußere System nicht mitbeachten.

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