Warum verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Seneca und Nero so drastisch?

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Lucius Annaeus Seneca hat die Ausbildung des jungen Nero übernommen und war einer seiner Berater. Als Nero erwachsen geworden war und Macht als Alleinherrscher hatte, schwand Senecas Einfluß nach einiger Zeit allmählich. Neros Bereitschaft, sich zu zügeln und leiten zu lassen, nahm ab.

62 n. Chr. starb der Praetorianerpraefekt Sextus Afranius Burrus, ein anderer Berater, der Seneca Rückhalt gegeben hatte. Der Tod des Burrus erschütterte Senecas Machtstellung (Tacitus, Annales 14, 52). Praetorianerpraefekt wurde Lucius Faenius Rufus zusammen mit Ofonius Tigellinus.

Nero neigte anderen Einflüssen als denen Senecas zu. Feinde Senecas richteten Beschuldigungen gegen ihn (darunter Geringschätzung der Geschicklichkeit Neros im Pferdelenken und Spott über seinen Gesang).

Seneca bat Nero um Erlaubnis für einen Rückzug aus der Politik ins Privatleben.

65 n. Chr. wurde die Pisonische Verschwörung aufgedeckt (Senatoren, darunter Gaius Calpurnius Piso, und Praetorianeroffiziere hatten geplant, Nero zu töten). Die Festgenommen nannten, zum Teil unter Folter, weitere Namen, darunter wohl auch Leute, die tatsächlich nicht beteiligt waren. Auch Seneca wurde genannt. Ob er wirklich Mitwisser war, ist unsicher und zweifelhaft. Nero reagierte mit Mißtrauen und Verdächtigung und nahm an, Seneca sei in die Verschwörungspläne eingeweiht gewesen. Die Verbreitung der Verschwörung hatte ihn mit Angst erfüllt und er ließ seinem Verlangen nach Rache freien Lauf.

Jürgen Malitz, Nero. Originalausgabe, 2. Auflage. München : Beck, 2013 (Beck'sche Reihe ; 2105 : C. H. Beck Wissen), S. 87 – 88:  

„Zu den Opfern von Neros Vergeltung gehörte auch Seneca. Schon lange hatte er sich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen und alles vermieden, was die Aufmerksamkeit Neros hätte auf sich ziehen können. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß Seneca auch nur mittelbaren Anteil an Pisos Plänen gehabt hat; Neros Argwohn wurde aber schon durch die Mitteilung des redseligen Verschworenen geweckt, daß Piso einmal Seneca bekümmert habe mitteilen lassen, wie sehr er es bedauere, keinen Kontakt mehr zu ihm zu haben. Diese Aussage ließ Nero sogleich durch ein Verhör Senecas überprüfen, der sich damals in der Nähe der Hauptstadt auf einem seiner Landsitze aufhielt.

Senecas Antwort bestätigte die Version der Botschaft an Piso, wie sie beim Verhör der Verschworenen zitiert worden war, doch war Nero an einer Entlastung des alten Lehrers nicht mehr interessiert. Rasend vor Zorn setzte er die Verwicklung Senecas in die Verschwörung voraus und wurde dabei noch bestärkt durch Tigellinus und Poppaea.“

JohnGrammaticus 
Fragesteller
 11.06.2015, 14:59

Danke...

Das beantwortet meine Frage vollständig.

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Neben der Pisonischen Verschwörung als Anlass oder Vorwand für Nero Seneca umbringen zu lassen gibt es noch ein weiteres Motiv. Nero wollte sich nicht mehr an das Protokoll am Kaiserhof anpassen sondern trat - für einen Kaiser höchst unpassend - als Sänger und Wagenlenker auf.

Seneca geriet in seiner Rolle als Neros Erzieher, früherer Vormund (er regierte das Reich für Nero als der noch minderjährig war) und Philosoph schnell in die Rolle des unbequemen Mahners. Daher hatte Nero ein Motiv in beseitigen zu lassen.