Warum verflog die anfängliche Kriegsbegeisterung im ersten Weltkrieg schnell wieder?

6 Antworten

Viele Verhaltensweisen, die von den Medien als "spontaner Ausdruck des Volkswillens" beschrieben wurden, wurden von der Regierung und dem Militär kontrolliert. Im Vergleich zu heute wurden die politischen Vorgaben der Zeit viel weniger hinterfragt. In den meisten europäischen Ländern war der patriarchale Staat Realität, was dazu führt, dass die Mehrheit der Bevölkerung (Frauen, arme Schichten usw.) von der politischen Entscheidungsfindung ausgeschlossen waren. In den Medien gab es so gut wie keine Kritik, weil zu Beginn des Krieges Zensurmaßnahmen in Kraft traten und die Medien und andere Kanäle der Meinungsäußerung streng kontrollierten. Es gab jedoch deutliche Anzeichen von Skepsis und Vorbehalten gegenüber dem Krieg und seinen Folgen. Die Friedensinitiative versuchte dem entgegenzuwirken und hielt große Versammlungen zur Friedenssicherung in verschiedenen Städten ab. Die Identifizierung mit den Kriegszielen, die von der staatlichen Obrigkeit als nationale Notwendigkeit vorgeschrieben wurden, fiel unterschiedlich stark aus. Aber natürrlich gab es auch das "Augusterlebnis".

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Geschichte Schwerpunkt Deutsches Reich / Nationalsozialismus
und soll unter anderem wissen, warum die anfängliche Kriegsbegeisterung (ich denke mal hauptsächlich auf deutscher Seite) schnell wiede verflog.

Man muss hier sehr unterscheiden: "die anfängliche Kriegsbegeisterung" war im Deutschen Reich keineswegs allgemein! Es gab einige adelige, bürgerliche und studentische Kreise, die Krieg für einen Spaziergang hielten und glaubten, nach ein paar Feldschlachten den Feind geschlagen zu haben, wie es bisher in Kriegen üblich gewesen war, und gegen Weihnachten wieder zuhause zu sein. Diese Leute zogen freilich anfangs begeistert in den Krieg, aus dem sie als Helden zurückzukommen meinten.

Der Großteil der Bevölkerung sah dem Krieg mit sehr verhaltener Stimmung entgegen, vorallem die Arbeiterschaft und die ländliche Bevölkerung.

Bei den anfangs Kriegsbegeisterten schlug die Stimmung bald um, als sich der Schlieffenplan als undurchführbar erwies und der Grabenkrieg begann. Die vorhergehenden Schlachten waren bereits äußerst blutig mit hohen Verlustraten gewesen. Der Grabenkrieg, das unheroische Sterben durch Artillerie- und Maschinengewehrbeschuss oder später dann Giftgas, die verlustreichen, zu nichts führenden Angriffsversuche mit sinnlosem Massensterben, das Dahinvegetieren in einem Erdloch als Unterstand, das alles vertrieb rasch die anfängliche Begeisterung, sofern sie überhaupt je vorhanden war.

MfG

Arnold

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

weil es nicht so gut voran ging wie geglaubt? weil tote und verwundete zurück in die Heimat kamen? weil es zuhause immer weniger Alltagsgüter gab?

weil man nur so lange von Waffen und der eigenen Überlegenheit begeistert ist, bis der Feind eine Waffe gegen einen selbst oder die eigene Familie richtet.