Warum sind Teile der afghanischen Bevölkerung so vom Rassismus geprägt?

1 Antwort

Hallo Said,

Jahrtausende haben sich auf der ganzen Welt Völker durchmischt. Keiner kann behaupten, dass das immer ohne Konflikte abgegangen ist. Aber Fakt ist ja, dass es auch heute noch weltweit viele gemischte Regionen gibt, in denen sich die Menschen nicht wegen ihrer Ethnie die Köpfe einschlagen.

Obwohl es augenscheinlich weltweit immer problematischer wird.

Der ursprüngliche Grund hierfür ist das Aufkommen des Bürgerlichen Staates. Ein Gebilde, das aus dem europäischen Feudalismus des 19. Jahrhunderts entstanden ist. Der Bürgerliche Staat ist ein NATIONALstaat. Er ist nicht mehr das willkürliche Besitztum einer Herrscherfamilie oder -clique. Sondern ein eigenständiges Gebilde, das dem Willen seiner Bürger unterworfen ist. Was auch Diktatur heißen kann und was heute auch weit verbreitet ist.

Der Bürgerliche Staat befindet sich in Konkurrenz mit anderen Bürgerlichen Staaten. In Abgrenzung zu denen braucht er also eine eindeutig definierte und auch akzeptierte Herrschaft, ein klar umrissenes Territorium, und jetzt kommt's: Ein HOMOGENES Volk. Und homogen heißt hier, dass dieses Volk sich all die Zumutungen gefallen lässt, die sein Staat für es bereit hält. Und der Klassiker dieser Zumutung ist ja der Krieg, in dem der Bürger sein ganzes Leben für sein Vaterland zur Disposition stellen muss.

Für solch ein Volk braucht es eine starke innere Einstellung: Es muss sein Vaterland tief in seinem Herzen als das seine akzeptieren, es muss sich mit ihm identifizieren. Hierzulande ist das bestens sichergestellt: Die Deutschen fühlen sich als Deutsche, und ihr Vaterland heißt Deutschland. Der Idealfall.

Zum Beispiel in der Türkei war es zu Atatürk-Zeiten nicht so. Armenier und andere waren "unsichere Kantonisten" für die türkische Sache. Deshalb gab es an den Armeniern einen Völkermord.

Auch Afghanistan läuft ja offiziell als Staat. Es gibt dort also auch immer wieder Ambitionen in Richtung eines homogenen Volkes. Diesem wird erzählt, dass der genuine Afghane einfach aufgrund seiner Ethnie privilegiert ist. (Dies ist in Deutschland übrigens nicht anders.) Andere Ethnien sind dem Afghanen, der sich als solcher fühlt, also suspekt. Eine andere Sprache und ein anderes Aussehen geben dann gern den Ausschlag, wenn es auf dem Wochenmarkt mal Streit gibt. Wie gerade in Myanmar geschehen - Konflikt der Rohingya.

Dass man Afghanistan aber kaum überhaupt als Staat bezeichnen kann, zumindest nicht als homogenen, spielt hier nun keine Rolle. Es wird vielleicht ein weiterer "Failed State" werden - wie zum Beispiel Somalia. Solche Staaten, die nie welche waren, sind die ersten Opfer einer heute immer unerbittlicheren imperialistischen Konkurrenz. Sinkendes Interesse der Großmächte an den Rohstoffen und der Bevölkerung der armen Länder.

Die Chinesen könnten dem ganzen eventuell in den nächsten Jahren eine etwas andere Richtung geben. Der Westen sieht seine Felle wegschwimmen. Aber das ist ein anderes Thema.