Warum liegen unseriöse Zeitungen manchmal richtiger als seriöse Zeitungen?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Die Bildzeitung berichtet, man habe von einem Insider erfahren, der Lockdown dauert noch bis Mitte August.
In den seriösen Medien stellen sich dann Politiker hin und sagen, das seien nur Gerüchte, alles Blödsinn, es gebe kein Grund zur Sorge, es stehe noch gar nichts fest.

Was sind für Dich unseriöse Zeitungen und was seriöse?

Du nennst hier ja namentlich die "Bild", aber leider kein Beispiel für eine "seriöse" Zeitung.

Ich gebe mal Folgendes zu bedenken:
Die "Bild" gehört zum Axel Springer Verlag - genau wie z.B. auch "Die Welt". Beide können also im Kern auf dieselben Datensätze und Quellen zurückgreifen.

Und: Gerade die "Bild" ist nun einmal die größte, täglich erscheinende Zeitung in Deutschland und eine der größten in Europa. Auch wenn es kaum jemand zugeben möchte, wird die "Bild" mehr gelesen als jede andere Zeitung hierzulande.

Und damit hat die "Bild" dann auch einige Möglichkeiten und Vorteile, die andere Zeitungen nicht haben.
So kann es sich die "Bild" beispielsweise leisten, feste Mitarbeiter bzw. Reporter abzustellen, die Promis aus Politik, Sport, Wirtschaft und Kultur quasi Tag und Nacht begleiten. Nicht selten kennen sich die Promis und Journalisten deshalb persönlich und nicht selten erfährt die "Bild" deshalb Dinge deutlich vor den übrigen Zeitungen und Nachrichtenagenturen.
Und: Promis aus allen Bereichen wenden sich auch von sich aus gerne an die "Bild", weil deren große Reichweite ihnen eine optimale Plattform bietet, möglichst viele Menschen zu erreichen. Auch deshalb erfährt die "Bild" viele Dinge deutlich früher als andere oder gar exklusiv.
Hinzu kommt, dass die "Bild" eben tatsächlich noch eine Redaktion hat mit Menschen, die dort arbeiten - während viele andere Zeitungen personell am untersten Limit arbeiten, keinen eigenen Journalismus (Recherche) mehr betreiben und nur noch "blind" Agenturmeldungen abdrucken.

Natürlich - die "Bild" bereitet Nachrichten mit vielen großen, bunten Bildern, einfacher Sprache und großen Überschriften bewusst reißerisch auf und will bewusst provozieren - weil die Leute es nunmal so haben wollen. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Qualität der Redaktion schlecht ist.

Und genau deshalb haben "unseriöse" Zeitungen (Boulevardzeitungen?) häufig eine bessere Trefferquote als kleinere, mutmaßlich "seriöse" Blätter.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – B.A. Media & Communication Management / Mediengestalter

Bild hat die meisten Maulwürfe und das größte Netzwerk. Der Axel Springer Verlag ist schon ziemlich mächtig. Da können andere Verläge nicht mithalten.

Was genau soll "seriös" sein?

Ich weiß, das sich einige Medien "seriös" nennen, aber dennoch ist es nur eine leere Phrase.

Auch "richtig" im Sinne von ungelogen ist zwar eine Grundvoraussetzung, aber lange nicht ausreichend.

Fast alles ist "richtig", aber durch Gewichtung, weglassen, vermuten, aufbauschen, schönreden, emotionen wird das Bild aber trotzdem verzerrt.

"Und warum geben etablierte Medien den etablietten Politikern oft so viel Raum, damit diese sich unkommentiert äußern dürfen?"

"unkommentiert" wär ja eigentlich gut. Das Problem ist die Selektion. Wer darf sich äußern und wer nicht oder welche Schlagzeilen oder Vermutungen werden ständig wiederholt und welche Nachrichten werden weggelassen.

Im übrigen wird sehr viel kommentiert.

"Warum liegen unseriöse Zeitungen manchmal richtiger als seriöse Zeitungen?"

Vielleicht liegt es daran, das sie manchmal um Leser konkurrieren, die sich nicht verars*hen lassen wollen. Einige selbsternannte seriöse Medien haben das nicht nötig, da sie ihre Rundfunkgebühren so oder so bekommen und den Lesern mancher privater (unseriöser) Zeitungen ist es egal, ob sie was objektives vorgesetzt bekommen, solange sie unterhalten werden. Wieder andere Konsumenten ist es eben nicht egal. Kommt auf die Zielgruppe an und ob das Medium es nötig hat "objektiv" zu sein.

Unseriöse Zeitungen können es sich leisten, unbelegte Meldungen herauszuposaunen. Treffen diese dann zu (auch blinde Hühner finden mal Körner), macht das natürlich mächtig etwas her. Die vielen Male, die die unseriösen Zeitungen falsch lagen, fallen dabei meist nicht so auf. Das menschliche Gehirn funktioniert so. Stichwort "Hindsight Bias".

26Sammy112  01.02.2021, 09:20
Unseriöse Zeitungen können es sich leisten, unbelegte Meldungen herauszuposaunen. 

Tatsächlich ist es heute leider häufig genau umgekehrt... Boulevardzeitungen verkaufen sich besser als "seriöse" Blätter, haben dadurch mehr Geld zur Verfügung (Verkaufserlös plus Anzeigenverkäufe) und können es sich leisten, Journalisten und Redakteure einzustellen. Viele "seriöse" Zeitungen hingegen kriechen finanziell auf dem Zahnfleisch und müssen auch personell sparen, wo sie können. Mit der Folge, dass Meldungen (Pressemitteilungen von Unternehmen, Vereinen, Organisationen, Agenturmeldungen usw.) dann häufig ungeprüft und einseitig (also ohne das Einholen anderer Sichtweisen bzw. Gegendarstellungen) abgedruckt werden.

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Die Bildzeitung spuckt Theorien aus, die seriösen Medien hingegen zitieren Politiker.

Das macht Seriösität aus. Über das berichten, was tatsächlich gesagt wird, und niemandem Worte in den Mund legen.

Über ein "richtig oder falsch" haben nicht die Medien zu entscheiden. Sie verpflichten sich nur, im besten Falle, tatsächliche Ereignisse wahrheitsgetreu wiederzugeben.