Warum ist die Rückmeldung auf Vegetarismus und Veganismus so negativ?

11 Antworten

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Im Unterbegwusstsein weiß jeder, dass es den Tieren nicht gut geht und sie sterben mussten damit man sie essen kann. Kalt lässt diese Tatsache eigentlich niemanden der auch nur den Hauch eines Herzens hat. Allerdings verdrängt die menschliche Psyche das ganze negative. Man will am besten nichts hören, sehen und gar nicht daran denken.

So, jetzt kommst du daher und sagst plötzlich "ich bin Vegetarierin". Daraufhin fängt es in vielen zu arbeiten an. Sie bekommen ein schlechtes Gewissen weil sie Fleisch essen und genau wissen, dass sie Tierleid damit verursachen. Die Psyche reagiert darauf sofort mit Gegenmaßnahmen und versucht sich für das eigene Verhalten zu rechtfertigen. Das kann ganz unterschiedlich sein. Der Eine geht in Angriff über und kramt irgendwelche Hörensagen-Argumente raus:

"Das Soja für deinen Tofu kommt dafür aus dem Regenwald!", "Die Tiere sind zum Essen da!", "Sie müssen doch sowieso sterben. Sie werden sonst ja nur weggeworfen!", "Du alleine kannst gar nichts ändern!"

Andere versuchen sich zu rechtfertigen ohne anzugreifen:

"Ich esse auch nur Bio-Fleisch - und das nur selten", "Ich kaufe nur bei meinem Dorfmetzger", "Ich benutze auch nur die Freilandeier!", "Die Kühe geben ja sowieso mehr Milch als die Kälber trinken könnten. Die Euter würden ja sonst platzen."

Dich zu rechtfertigen bringt in den meisten Fällen gar nichts. Du verstärkst damit höchstens die negative Reaktion. Outen würde ich mich deshalb nur, wenn es sein muss (z.B. wenn du irgendwo zum Essen eingeladen bist). Versuche nicht zu missionieren, wenn aber jemand ernsthaft Interesse zeigt, dann helfe ihm mit Rat und Tat.

Sei ein gutes Beispiel indem du ihnen deinen Lebensstil vorlebst und zeigst, dass es auch ganz ohne (wenn du vegan wirst) Tierleid gehen kann.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

checkpointarea  01.04.2020, 13:54

Ich kann jeden Satz unterstreichen. Ich (Jahrgang 1983) zähle mich im "echten Leben" (also nicht im anonymen Forum) eher zu den "heimlichen" Vegetariern (zur Zeit mehr und mehr auf vegan umsteigend). Da ich diese Lebensweise, anfangs wenig konsequent (Fisch leider ausgeklammert), bereits seit 1996 praktiziere, habe ich so einige Erfahrungen sammeln dürfen. Vor allem fiel mir immer wieder auf, dass es Freunde, Arbeitskollegen, Kumpel so oder so herausbekommen. Da fallen dann so dumme, nervige Sprüche wie "Körnerfresser", oder "vom Salat schrumpf der Bizeps", oder "Du frisst meinem Essen das Essen weg", bei denen ich mich schon arg zusammenreißen muss, nicht den großen Belehrer auszupacken. Meine langjährige Erfahrung ist also eher andersherum.

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habanero79  01.04.2020, 14:15
@checkpointarea

Diese Sprüche kenne ich auch zu genüge... Was mich auch sehr erstaunt hat waren die Bekannten die urplötzlich zu wahren Ernährungsexperten mutiert sind und mir diverse Nährstoffe aufgezählten die man ohne Fleisch ja gar nicht bekommen könnten und wie ungesund diese Ernährungsweise doch ist.

Meistens waren das dann Leute die selbst gute 20kg zuviel auf den Rippen hatten oder ständig krank waren...

Ich (Baujahr 1979) war 39 Jahre omnivor. In dieser Zeit hatte ich aber immer ein schlechtes Gewissen. Als kleines Kind musste ich mit ansehen wie ein Schwein geschlachtet wurde und dann zum Ausbluten aufgehängt wurde. Die Bilder verfolgen mich heute noch. Meine Psyche konnte das aber erfolgreich verdrängen...

Mit 39 wurde ich dann vegetarisch. Einen Monat später und viele Informationen reicher wurde mir dann bewusst, dass Vegetarismus in der heutigen Zeit einfach nicht ausreicht um das Leid zu minimieren. Die Grausamkeit der Milch und Eierindustrie ist der aus der Fleischindustrie absolut ebenbürtig, weshalb ich dann letztlich sofort auf vegan umgestellt habe.

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blumentopf668 
Fragesteller
 01.04.2020, 14:28

So versuche ich es auch handzuhaben. Ich reibe es einfach niemandem unter die Nase, vermeide das Thema aber auch nicht. Wenn es angesprochen wird, wird es eben angesprochen. Ich denke, offene Diskussion ist wichtig, um einige Stereotypen auch aus den Köpfen der Menschen zu entfernen.

Vielen Dank für deine Antwort! :)

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Felixsenior  19.06.2020, 22:44

Blabla - Psychologie.

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Weil keiner freiwillig sein etwas abgibt, in dem Fall ist es das Fleisch und andere tierische Körperteile oder Erzeugnisse.

Die Frage erübrigt sich eigentlich von selbst.

Man muss die Gesellschaft zur Empathie erziehen. Ohne Empathie sind wir im Verhalten tierischer als andere Tiere.
Und momentan is(st) es auch noch so.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

blumentopf668 
Fragesteller
 03.04.2020, 17:50

Warum dem Neuen, dem Vegetarismus und Veganismus gegenüber eine gewisse Abneigung entgegentritt, weiß ich auch. Mich wundert lediglich die Aggressivität und Angriffsbereitschaft der Menschen. Das hat aber einfach mit der Psychologie zu tun, schätze ich. Ja, etwas mehr Empathie könnten wir alle gut gebrauchen.

Vielen Dank für deine Antwort! :)

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JaysonAK  03.04.2020, 18:01
@blumentopf668

Was meinst du „mit dem Neuen“?

Nicht jeder hat direkt, nach deinem Outing, das schlechte Gefühl. Es gibt sehr viele Menschen, denen interessant das alles nicht mal und es nervt sie, wenn man mit Empathie für fremde Spezies kommt. Deshalb die Abneigung oder gar Aggressivität. Solche Menschen muss etwas Einschneidendes im Leben widerfahren, damit das Mitleid in den Nervenzellen wieder anspringt. Bei manchen springt das bei „missionieren“ an und bei manchen kannst du den Kopf 12 mal gegen die Wand schlagen und es passiert trotzdem nicht:) ich bin es sowieso leid aber werde immer den Leuten sagen das ihr ein großen Fehler begeht. Die Zeit wird euch rächen. Wir sind die wahrhaftigen „Mörder“ und nicht nur die ganz bösen Mörder die wir kennen. Wir sind kein Stück besser. Ich bin mit involviert weil ich leider auch zu der Spezies gehöre. Die ganzen Konsequenzen muss ich vielleicht auch noch miterleben.

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Meiner Meinung nach hat das mit dem Bild zu tun, welches viele Mitmenschen von Vegetariern/ Veganern haben. Und das wird eben leider durch die extremen Vertreter geprägt. Man nimmt eben nur die wahr, die am lautesten sind. Die, die einfach ihr Ding für sich durchziehen werden gar nicht wahrgenommen. Und das macht eben dann leider das Bild aus, welches andere von Veganern haben. Missionierend, nervend, extrem, penetrant, lebensfremd ...

Ich habe nicht vergessen, wie ich selber mal über Vegetarier und Veganer gedacht habe. Das waren für mich Spinner, ich konnte das nicht nachvollziehen und ich fand das alles einfach übertrieben. Sicher hätte ich damals auch ziemlich abweisend reagiert, wenn mich jemand darauf angesprochen hätte. Warum? Weil ich mich in meinem Lebensstil angegriffen gefühlt hätte, weil ich überzeugt war, dass ich das Richtige tue und weil ich zu dieser Zeit für Abweichungen von der Norm wenig Verständnis hatte.

Ich selber spreche das Thema nie von mir aus an. Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, zum Beispiel beim gemeinsamen Essen. Oder man wird darauf angesprochen. Ich sage dann einfach, dass ich bestimmte Dinge nicht esse und damit ist für mich das Thema durch. An weiterführenden Diskussionen habe ich keinen Bedarf. Wenn wirkliches Interesse besteht, merke ich das. Dann unterhalte ich mich sehr gerne mit demjenigen. Aber sonst denke ich, hat das für mein Gegenüber auch keinen Informationswert, wenn ich ihm erzähle, wie ich mich ernähre und was ich konsumiere.


blumentopf668 
Fragesteller
 01.04.2020, 18:16

Ich spreche ähnliches auch nie aus heiterem Himmel an, sondern nur, wenn es eben ums Essen oder das konkrete Thema geht. Erspart zumindest viel Drama.

Dennoch ist der Austausch eigentlich sehr wichtig.

Vielen Dank für den langen Text!

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Warst du mal in Vegetarier-/ Veganerforen unterwegs?

Ein Teil dieser Foren ist immer mit möglichst extremem Bashing von Fleischessern befasst. Ich esse selbst fast bur vegetarisch btw. Wer liest oder laut Aussage von Usern dort teilweise beim Essen gesagt bekommt, dass er ein Leichenfresser ist oder man den Verwesungsgestank (vom Fleisch auf dem Teller des anderen) nicht ertragen könne oder sich immer wieder rechtfertigen muss, warum er Kühe isst, aber Hunde hält, wird irgendwann empfindlich und denkt sich „nicht schon wieder“ und reagiert dann im Vorfeld defensiv bzw. nutzt die Taktiken, mit denen er konfrontiert wurde.

Meine persönliche Meinung ist, dass jeder Vegetarier mit dieser herablassenden, aggressiven Haltung selbst nicht mit seinem Lebensstil zufrieden ist, sonst hätte er das nicht nötig.


BerwinEnzemann  01.04.2020, 14:39

Gleichgesinnte reden untereinander immer herablassend über andere Gesinnungen. Egal worum es geht. Das ist bei Fußball oder Politik ganz genau so. Das ist zwar nicht sympathisch, aber normales menschliches Verhalten.

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blumentopf668 
Fragesteller
 01.04.2020, 14:43

Die von dir genannten Verhaltensweisen und Taktiken, wenn man sie denn so nennen kann, gehören nicht in eine gute Diskussion und tragen auch nicht zu einer Lösung bei, da stimme ich dir zu. Dennoch muss man differenzieren, denn sachliche Kritik ist durchaus angebracht. Häufig erfolgen unangemessene Reaktionen aber auch in Folge bloßer Erwähnungen, bspw. beim Grillen.

Ich denke, hier greift einfach die Floskel "nicht jeder ist so". Zu einem respektvollen Austausch sollten beide Seiten beitragen und vor allem ihre Position und Argumentation überdenken.

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Weil du Menschen vor Augen führst, dass du besser bist als sie. Weil du eine Verhaltensänderung vollzogen hast, zu der sie nicht in der Lage sind. Weil sie bis heute nicht begriffen haben, worum es da geht.

Such dir was aus...


Luminou  01.04.2020, 13:05

Solche Leute sind unter anderem der Grund, warum einige Menschen so ein negatives Bild von Vegetariern/Veganern haben. Man ist nichts besseres, nur weil man sich anders ernährt. Ich bin auch gegen Massentierhaltung und esse solches Fleisch auch nicht, trotzdem halte ich mich nicht für etwas besseres gegenüber Leuten, die es tun.

Seinen Standpunkt auf Nachfrage zu erklären und auch seine Einstellung öffentlich machen - klar. Vielleicht kann man so Leute dazu bringen über ihren Fleischkonsum nachzudenken.

Dieses aggressive Missionieren -Nein. Damit bringt man maximal die Menschen gegen einen auf und provoziert so blöde Aussagen wie "und darauf jetzt erst mal ein Schnitzel"

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cas65  01.04.2020, 13:09
@Luminou

Man muss bei manchen nicht "missionieren". Die gehen schon auf den Baum, wenn sie merken, dass jemand vegetarisch/vegan isst. Nicht immer ist es der Veganer - oft sind es die anderen, die MEINEN, derjenige HALTE sich für was Besseres.

Klar, manche tun auch wirklich so, und das nervt mich auch. Aber es ist ja bei anderen Themen, wo jemand etwas Gutes für diese Welt tut, ebenso. Da wird über Greta-Fans hergezogen, da ist das Wort "Gutmensch" zum Schimpfwort verkommen. Da muss man gar nicht mehr missionieren, um sofort angefeindet zu werden.

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blumentopf668 
Fragesteller
 01.04.2020, 13:13
@Luminou

Es gibt bestimmt einige extremere Ausführungen von Veganern/Vegetariern, jedoch stellen diese wirklich nur einen Bruchteil von uns dar.

Die meisten sind am offenen Diskurs interessiert oder möchten das Thema gar nicht ständig ansprechen. Das ist blöd gesagt einfach nicht unsere Schuld. Ich träume ja von einem nachhaltigen und gerechten Land, in dem trotzdem jede*r essen kann, was er/sie will. Vielen Dank für deinen Beitrag!

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Luminou  01.04.2020, 13:23
@blumentopf668

Das meine ich doch. Ist wie im Feminismus. Da gibts ein paar, die völlig übertreiben und damit der ganzen Bewegung ein negatives Image geben. Oder fridays for future. Da ist ein großer Teil dabei, die wirklich nur eine bessere Umwelt wollen. Und dann gibt es die Leute, die das ganze als schulfrei ansehen und ihre Mecces Tüten irgendwo rumliegen lassen. Und was sehen die Leute, die Presse? Genau, die Mecces Tüten. Und schon ist wieder die ganze Bewegung in den Dreck gezogen worden .

Der Mensch neigt zum Verallgemeinerungen. Wenn man also einmal so einen aggressiven Veganer getroffen hat, machen einige die Schublade Veganer auf und auf einmal sind dann in deren Köpfen alle Veganer so.

Solche Aussagen wie oben "ich bin besser als ihr", trägt meines Erachtens nicht zu einem friedlichen Verhältnis bei. Da es immer solche Idioten gibt, auf allen Seiten, müssen sich die "Normalos" (egal ob vegan, Fleischesser oder was auch immer) noch mehr anstrengen um das gute Miteinander aufrecht zu halten.

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