Warum die SED?

5 Antworten

Es war eine politische Entscheidung. Es war aufgrund der damaligen Gesetze eine eigene Kandidatur der SPD zu Wahlen möglich. Es war absehbar, dass die SPD mehr Stimmen erhalten würde als die KPD.

Daraus resultierte die Entscheidung, die SPD in eine Einheitsfront zu zwingen. Dabei ist auch ein Grund nicht von der Hand zu weisen: Zur Zeit der Weimarer Verfassung und mit dem Aufkommen der Nazi-Partei wäre ein Zusammenschluss der Arbeiterorganisationen eine durchaus denkbare Alternative gewesen.

Die Forderung danach wurde aus dem kommunistischen Lager erhoben. Dabei ging es allerdings nicht um eine Fusion von Parteien und Organisationen.

Es ging um die Bildung einer Einheitsfront. Ob dadurch tatsächlich eine Veränderung der Geschichte möglich gewesen wäre, dass wird bis heute leider nicht diskutiert.

Es gibt allerdings bis heute immer wieder Diskussionen (vornehmlich im Bereich von kommunistisch Organisierten) über den Grund, dass es zu dieser Einheitsfront nicht kam.

Diese Diskussion wird aber nicht nur dort geführt, sondern auch unter denen, die im Bereich Anti-Faschismus aktiv sind.

Was man heute vielleicht vermuten kann, wäre ein Schutz der Arbeiterviertel leichter zu organisieren gewesen, wenn man bestimmte Schutzorganisationen zusammen gelegt hätte.

Stichworte hierfür der sozialdemokratisch orientierte 'Reichsbanner Schwarz Rot Gold'. Gegründet 1924. Und der 'Rote Frontkämpferbund' eine Gründung der KPD.

Wobei auch die DNVP den Stahlhelm hatte, die zu Teilen geschlossen in den Reichsbanner eintraten, als die Macht der NSDAP und der SA immer größer wurde.

Diese Vorgeschichte sitzt für viele sehr tief im kollektiven Gedächtnis. Auch heute, in der Diskussion um den Umgang mit der AfD und der Kameradschaftsszene, die zum Teil gesteuert aus der NPD aufgebaut wurde.

Da ich als 1969 geborener Mensch die Gemütslage nach dem Krieg natürlich nicht selber erlebt habe, so gehe ich doch davon aus, dass die Streitereien und die Geschehnisse vor und nach der Katastrophe der NS-Machtübernahme bis zum Ende des II. Weltkrieges eine enorme Rolle gespielt haben muss.

Allerdings ist Zusammenschluss für die Zwangsvereinigung von KPD und SPD viel zu milde. Zwar hat es eine Urabstimmung (heißt: Die Mitglieder müssen eine Abstimmung durchführen) in der SPD stattgefunden. Doch wurden führende Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bedroht oder wieder in Lager gesteckt, verhaftet.

Von einer freien Wahl kann daher nicht die Rede sein. Die SPD wurde in die Einheitspartei gezwungen.

Jetzt bleibt es für junge Menschen bestimmt unverständlich. Wenn doch die SPD-Mitglieder viel mehr waren, dann hätten die doch weiter mit abstimmen können und hätten damit auch sagen können, wer der Vorsitzende ist und was die Meinung dieser Partei sein soll.

Das war durch die Struktur der neu gegründeten Partei eben nicht so. Jetzt müsste man ganz kompliziert erklären, wie innerhalb der Kommunisten mehrheitlich eine Partei verstanden wurde. Es gibt da den Begriff der Kaderpartei. Kurz beschrieben: Immer die Besten aus einer Gruppe kommen eine Stufe höher. Und immer aus dieser Gruppe wird wieder einer weiter hoch geschickt.

Da war es relativ einfach die Mitglieder eben nicht entscheiden zu lassen.

Übrigens ist dieses Prinzip der Kaderpartei gar nicht schlecht, wenn man bestimmte Demokratie-Elemente dazu nimmt. Nämlich eine echte Wahl an der Basis.

Die kennen nämlich die Personen sehr genau. Und wenn die gewählte Person dann auch immer wieder berichten muss, was sie von oben erfahren hat oder was auf der nächst höheren Ebene gerade besprochen wird.

Dazu erhalten diese Personen aber auch klare Anweisungen von ihrer eigenen Basisgruppe. Also wenn da Abstimmungen kommen oder vorher in den Diskussionen, dann haben diese Gewählten nicht die eigene Meinung zu vertreten. Sondern die der Gruppe. Tun sie das nicht, dann können sie jederzeit abgewählt werden.

Das ist in groben Zügen die Beschreibung der sogenannten Rätedemokratie. Bei uns ist es ja so, wenn jemand gewählt wird, dann darf der entscheiden wie er da diskutiert und wie er abstimmen will oder sie, wenn eine Frau gewählt wurde.

So kann man mit der Festlegung eines Demokratie-Modells und den Möglichkeiten darin sehr genau bestimmen, welche Gruppen bevorzugt werden und welche nicht.

Bis heute habe ich eine hohe Achtung vor den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die sich nicht in eine Zwangsvereinigung zwingen lassen wollten. Aber ebenso vor denen, die aus innerer Überzeugung eine Wieder-Vereinigung der sozialistischen Strömungen für eine Chance gehalten haben.

Größtes Verständnis habe ich aber auch für die, die sich nicht trauten mit 'Nein' gegen die [Zwangs-]Vereinigung zu stimmen. Denn Terror wäre vorprogrammiert gewesen. Und dieser Terror - so meine Befürchtung - hätte sich nicht ausschließlich auf die SPD und ihre Mitglieder beschränkt, sondern wäre auch im viel stärkeren Maße auf die Bevölkerung ausgeübt worden.

Alles was ich Dir hier geschrieben habe, dass ist eigentlich noch an der Oberfläche der Geschehnisse. Aber es ist schon genauer als alles das, was hier und da in den Schulbüchern steht (jedenfalls zu der Zeit als ich noch zur Schule ging).

Außerdem darf man auch nicht vergessen, dass Geschichte immer aus Sicht der Sieger geschrieben wird. Und gesiegt hat der Westen, weil die DDR gibt es nicht mehr. Darum wird die Geschichtsschreibung in den Schulbüchern ganz besonders bestimmte Hintergründe nicht nennen oder nur am Rande erwähnen.

Also Augen auf: Wer wo steht. Das gilt auch für meinen Text. Er ist ja auch nicht vollständige Darstellung, sondern er beschäftigt sich mit einem Teil der Fakten und führt zu einem Ergebnis. Stellt man die Inhaftierungen der Sozialdemokraten in der damals als Soviet-Zone bezeichneten Gegend stärker heraus, dann wird man zu einer deutlicheren Sprache gegen die Zwangsvereinigung kommen.

Stellt man aber die Vorkriegsgeschichte mit den damaligen Diskussionen um ein gemeinsames Vorgehen in den stärker in den Fokus der Betrachtungen, dann wird man auch die Angst innerhalb der KPD verstehen. Auch welche Chancen sie darin gesehen hätten.

Abschließend: Das es die Einheitsfront nicht gegeben hat, dass lag an beiden Seiten. Man hat sich gegenseitig Forderungen gestellt und Dinge gesagt, die ein gemeinsames Handeln eher unmöglich als möglich machten.

Hoffe Dir beim Verständnis geholfen zu haben. Eine Gründung war das nicht. Obwohl natürlich im Sprachgebrauch eine Gründung einen neuen Anfang von etwas darstellt. Aber es war eben nichts wirklich Neues. Es war auf der Grundlage der bestehenden Organisationen.

Naja die wurde gegründet, um eine Demokratie in der DDR  vorzuspielen, im Endeffekt war es eine kommunistische Einparteiendiktatur, wenn man es so ausdrücken möchte. 

amyluzy 
Fragesteller
 27.04.2016, 19:22

Danke du hast mir sooooo geholfen :D

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Das war ein symbolischer Akt, von der damiligen Sowjetunion "befohlen".

In einer Diktatur, wie die DDR und die Sowjetunion damals waren, darf es ja keine 2 Parteien geben. (Trotzdem gab es zwar paar Blockparteien in der DDR, die aber nie gegen sondern nur für waren bzw. sein durften.)

Im "vertraulichen" Gespräch mit seinen Genossen verkündete Walter Ulbricht: Wir müssen alles in der Hand haben, aber es muss demokratisch aussehen! Nachzulesen bei Wolfgang Leonhard:"Das war meine DDR".