Wann benutze ich welche Bremse?

4 Antworten

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In deutschen Fahrschulen wird in der Regel dem Fahrschüler beigebracht sowohl die Vorderrad als auch die Hinterradbremse zu nutzen. In einigen Fahrschulen wird sogar zusätzlich empfohlen in Schräglage oder bei schlechten Bedingungen hauptsächlich (oder ausschließlich) hinten zu bremsen. Diese Fahrweise ist auch bei vielen Motorradfahrern im öffentlichen Straßenverkehr üblich.

Ob das Ganze eine gute Fahrweise ist, ist eine andere Frage. Insbesondere Motorradfahrer mit Motorsporterfahrung und sportlichere Fahrer halten die Verwendung beider Bremsen oft für überflüssig. Rennfahrer bremsen fast alle nur mit der Vorderradbremse. Die Hinterradbremse wird dabei nicht zum Verzögern genutzt.

Wessen Rat bevorzugst du zur Bremstechnik? Den eines Rennfahrers, der vor jeder Kurve versucht sein Bike maximal zu verzögern oder den eines Fahrers der höchstens 1-2x im Jahr eine Notbremsung macht?

Das hat einen simplen Grund: Ein Motorrad was verzögert wird, verlagert das Gewicht nach vorne. Es ist nicht unüblich, dass beim starken Bremsen das Hinterrad sogar den Bodenkontakt verliert. Passiert das, so sollte sich das Hinterrad stets drehen, damit das Motorrad stabil bleibt. (s. Foto 1)

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Selbst wenn es nicht abhebt ist der Grip am Hinterrad nur sehr gering. Die Bremswirkung der Motorbremse (durch Zurückschalten) reicht bereits mehr als aus, dass Hinterrad zum ausbrechen zu bringen. (s. Foto 2)

Bild zum Beitrag

[Warum ein driftendes Hinterrad gewollt ist, würde meine Antwort zu lange machen.]

Das Wichtige ist, dass das Hinterrad nicht blockiert. Ein blockierendes Rad macht das Bike instabil. Und das geht sehr schnell, wenn man die schlecht dosierbare Hinterradbremse nutzt.

Hobbyrennfahrer verzichten deshalb meistens komplett auf die Hinterradbremse. Selbst in der deutschen Meisterschaft sind einige Fahrer, die vollständig auf die Hinterradbremse verzichten.

Manche Profis nutzen die Hinterradbremse u.A. vor dem eigentlichen Bremsvorgang um das Eintauchen der Gabel und damit das Abheben des Hinterrads zu reduzieren. Die Bikes solcher Fahrer besitzen i.d.R. aber eine Daumenbremse und keine Fußbremse.

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Fazit: Meiner Meinung nach sind durchschnittliche Fahrer bei Verwendung beider Bremsen schnell überfordert. Um dieses fahrerische Defizit zu kompensieren empfehlen sie oft Dinge wie "im Regen nur hinten bremsen" oder "in Schräglage nicht die Vorderradbremse benutzen". Deswegen halte ich es für sinnvoll, wenn sie sich anfangs nur auf die Vorderradbremse konzentrieren würden.

Danke fürs Lesen.

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Niloska 
Fragesteller
 12.10.2021, 21:56

Oh je, so eine ausführliche Antwort Dankeschön!

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Niloska 
Fragesteller
 12.10.2021, 22:10

Ich hab das auch nochmal mit meinem Fahrlehrer besprochen, da hat sich herausgestellt, dass ich das etwas falsch verstanden hatte. Er meinte nur, bei sehr langsamer Fahrt (5 kmh +-) soll man ausschließlich die Hinterrradbremse benutzen, weil man sonst leicht umfallen kann. Bei Kurvenfahrten muss man wohl berücksichtigen, dass sich das Motorrad aufrichtet, wenn man stark mit der Vorderradbremse bremst.

Also wenn ich darüber nachdenke, kommt es mir komisch vor, komplett auf die Hinterradbremse zu verzichten. Sie ist zwar deutlich schwächer vorne, aber man verzichtet doch effektiv auf erwähnenswert Bremsleistung, wenn man sie nicht benutzt oder? Wenn man stark bremsen muss, kann das denke ich einen deutlichen Unterschied machen.

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verreisterNutzer  15.10.2021, 20:41
@Niloska

Frag doch mal deinen Fahrlehrer ob du eine Vollbremsung mit nur Vorderradbremse oder mit beiden probieren kannst. Und dann vergleicht ihr die Unterschiede.

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In Schrittgeschwindigkeit nutze ich sowohl die Hinterrad- als auch die Vorderradbremse. Kommt auch immer darauf an auf welchem Untergrund ich stehe bzw. Fahre. Allerdings hat dein Fahrlehrer generell nicht ganz Unrecht. Wie hier schon geschrieben wurde taucht die VR-Gabel je nach Geschwindigkeit und Bremsintensität ein. Dabei besteht die Gefahr das einem das Vorderrad wegrutscht.

Gerade Fahranfängern passiert das häufig weil einfach die Erfahrung fehlt. Mir ist das z.B. passiert. Damals habe ich eine Aprilia Pegaso 650 ordentlich auf die Seite gelegt. Die Gefahr ist um so höher je rutschiger der Fahrbahnuntergrund ist oder man in einer Kurve bremst. Da empfiehlt es sich dann tatsächlich die Hinrerradbremse zu nehmen.

Dadurch "streckt" sich das Motorrad und wird in der Tat stabiler. Bremse ich stark nur vorne "staucht" es sich und die Bewegungsenergie und das Gewicht/Masse drückt die VR-Gabel nach unten. Dadurch wird es dann wirklich Instabil und das VR neigt dazu Auszubrechen. Aber du kannst hier wahrscheinlich 10 Motorradfahrer:innen Fragen und hättest im Zweifel 11 Antworten. Jeder fährt anders.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – berufl. Hintergrund, 2Rad, Autoverm., Maintenance, Leasing

Bei Schrittgeschwindigkeit und in der Kurve, nur hinten?

Na ganz so pauschal würde ich das nicht unterschreiben, da besprich dich mal mit deinem Fahrlehrer.

Wobei ich dir da ncht mehr sagen kann, was im Lehrbuch steht. (Aufzunehmende Kräfte, Fuß schnell oben haben etc.)

Mit der Vorderradbremse hast du eine größere Bremsleistung, nicht ohne Grund, ist die Bremse vorn auch deutlich größer dimensioniert.

Im Alltag bremse ich vorn, immer so deutlich wie möglich, und die Hinterradbremse könntest du bei mir bald abschrauben.

Beim nächsten Mopped hole ich mir ggf. eine Kombibremse, trittst du auf den Hebel, bremst sie vorn soft mit, greifst du in den Hebel, wird eher vorn gebremst und hinten wird soft mitgebremst.

Wobei Motorradfahrer wohl erst dann sicher leben, wenn Autos erst abbiegen / wenden können, wenn das Fahrpersonal auch geschaut hat...

Fahr vorsichtig und laut :-)

Niloska 
Fragesteller
 22.09.2021, 11:50

Das mit der Hinterradbremse hat mein Fahrlehrer gesagt. Also ich hab es zumindest so verstanden. Ich hab morgen meine nächste Fahrstunde, da frag ich ihn dann nochmal, ob ich das vielleicht flasch verstanden hab. Also bei dieser Übung wo man Schrittgeschwindigkeit fahren soll, hat Hinterradbremse zumindest viel besser funktioniert als vorne. Aber mir ist auch schon allgemein aufgefallen, dass die Hinterradbremse ziemlich schwach ist im Vergleich zur vorderen und gefühlt eigentlich kaum richtig greift.

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jenshiller  22.09.2021, 11:55
@Niloska

Also, der erste Ansprechpartner ist dein Fahrlehrer.

Aber, ganz einfache Story.....was passiert auf demFahrrad, wenn du bremst?

Genau, dein Körper (Massenträgkheit)will weiter....geradeaus. Dein Rad, wird aber langsamer. Du rutschst nach vorn.

Wirf bei 30, 40, 100km/h mal den Anker, dann hast du richtig zu tun.

Übrigens nutzt man diesen Effekt beim Stoppi.

Ergo, drückst du mit deiner Massse, das VR auf den Boden und entlastest dein HR, welches dann gern blockiert oder eben so soft bremst, das es nicht blockiert, aber eben auch nicht die gesamte Fuhre verzögert.

Das ganze Mopped taucht ja vorn ein.

Steig aus Rad und mache eine Vollbremsung, mit dem Hinterrad. Sitzt du auf demSattel, geht das schwerer, als wenn du dein Gewicht nach vorn verlagert hast.

Die Fußbremse soll man schnell am Wickel haben, falls beim Anfahren etwas schief läuft, so meine ich das gelernt zu haben. Ich habe aber fast noch einen Stempel des Kaisers in den Papieren...

Fahr vorsichtig, der Rest kommt von ganz allein.

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verreisterNutzer  22.09.2021, 16:04
@Niloska

Die Übung mit die du Schrittgeschwindigkeit fahren sollst ist ja keine Bremsübung. Beim Langsamfahren geht es darum die Kette stets auf Spannung zu halten. Ein Motorrad auf dessen Hinterrad ein Drehmoment wirkt(egal in welche Richtung), ist stabiler.Es ist also egal oh du leicht Gas gibst oder hinten bremst. Nur solltest du nicht rollen, sonst kippelt das Motorrad nach rechts und links.

Was falsch ist, ist die Aussage, dass die Vorderradbremse das Motorrad instabil macht. Das Gegenteil ist der Fall. (Okay, es wird langsamer und deswegen instabiler. Aber das liegt am langsamer werden, nicht an der Vorderradbremse.)

Achte daher darauf, dass du beim Langsamfahren stets hinten bremst oder Gas gibst. Es spricht auch nichts dagegen beim Langsamfahren sowohl Gas als auch Hinterradbremse gleichzeitig zu nutzen.

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jenshiller  22.09.2021, 16:07
@verreisterNutzer

Ich habe es nicht mehr so richtig auf dem Schirm, irgendwie kamen doch noch die Seitenführungskräfte ins Spiel?

Aber, lieber Fragesteller, dies ist Prüfungswissen und danach so wichtig, wie ein Aschenbecher auf dem Motorrad.

Bremsweg...Anhalteweg....da siehst du, wenn es vor dir rot leuchtet und die Fuhre versammeln musst und dann brauchst du Nerven und etwas Glück....und Praxis, Praxis, Praxis...

Gutes Gelingen.

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Ich denke man muss zwischen einem Anfänger und erfahrenen Motorradfahrern deutlich unterscheiden. Bei langsam und in der Kurve ist es für einen Anfänger nicht einfach die vordere Bremse entsprechend zu dosieren - als lieber hinten.

Auf der Rennstrecke werden die Kisten mit Maximalverzögerung vorn in die Kurven geprügelt....

Man kann auch in der Kurve das Motorrad mit der Bremse vorn heftig bremsen - man muss das nur dosieren können und die Reaktion des Motorrads handlen können....