Verständnisfragen Gasaustausch?

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der relative Anteil eines Gases an einem Gasgesamtvolumen wird als Partialdruck angegeben. 14% ist strenggenommen kein Partialdruck, sondern der prozentuale Gasanteil (Volumen-%). Der Partialdruck wird in Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) oder Kilo-Pascal (kPa) angegeben. Wir wollen aber mal nicht päpstlicher sein als der Papst, denn selbst in Fachliteratur werden diese Angaben munter vermischt.

Luft hat 20,9 Vol.-% Sauerstoff = 158,8 mmHg = 21,17 hPa

die letzten beiden Einheiten sind Angaben des Partialdrucks.

Der Luftdruck wird mit 760 mmHg angegeben.

O2 macht also ca. 20,9% vom Luftdruck der Atmosphäre aus: 760 * 20,9 / 100 = 158 mmHg was seinem Partialdruck entspricht.

Ihr sprecht aber in der Regel, der Einfachheit halber, vom relativen Anteil eines Gases am Gemisch in Volumen-%. O2 macht also ca. 20,9 Vol.-% der Außenluft aus. In den Alveolen sind es nur noch 14 Vol.-%. In venösem Blut, das an dieser Alveolarluft vorbeiströmt jedoch noch viel weniger. Es besteht also anfänglich, bei Kontakt mit der Alveolarluft über die hauchdünne Diffusionsbarriere, ein Partialdruckgefälle zwischen Alveolarluft und (venösem) Blut. Das Partialdruckgefälle ist die treibende Kraft für den passiven Übertritt des Sauerstoffs von Luft in das Blut durch Diffusion (nicht Osmose). Ohne Partialdruckgefälle Alveolarluft → Blut kein Gasübertritt durch Diffusion von der Luft ins Blut.

Unser Lehrer meinte, es habe physiologische Gründe, dass von den 21% nur 14 % verwertet werden können - aber welche?

Oh, oh, die 14% der Alveolarluft entsprechen dem Zustand nach dem Gaswechsel ins Blut. Da ist der Sauerstoff schon raus diffundiert und der Partialdruck mit dem des hinausströmenden Blutes angeglichen (beide 100 mmHg). Da diffundiert nichts mehr aus den 14%. Weil ohne Partialdruckgefälle keine Diffusion mehr. Wenn Alveolarluft und wegströmendes Blut beide 100 mmHg Sauerstoffpartialdruck haben, findet keine Sauerstoffdiffusion mehr statt. Es können also beileibe nicht "14% verwertet werden", sondern im Gegenteil, von den 14% nichts mehr.

Man muss bei diesen 14% einige Dinge berücksichtigen. Zum einen ändern die sich nicht sprunghaft mit dem Ein- oder Ausatmen, weil nur ein geringer Teil von 10% der Alveolarluft pro Atemzug ausgetauscht wird. Es wird also nicht jedes Mal alles rausgesogen und neu befüllt mit frischer Außenluft. Sondern es entsteht ein Gasgemisch von bereits "verbrauchter Luft" (die Sauerstoff verloren hat) und durch Atmung ausgetauschter Luft. Außerdem muss man die laufende Aufnahme von O2 ins Blut berücksichtigen, die den Wert natürlich beeinflusst, wenn die 14% der Wert nach der Diffusion sind. Im geringen Maße spielen auch physikalische Einflüsse eine Rolle. Eingeatmete Luft wird auf dem Weg zu den Alveolen erwärmt (37°C) und befeuchtet. Es tritt also noch ein "P H2O" hinzu, ein Partialdruck für Wasserdampf, was zu einer Verringerung des Partialdrucks für den Sauerstoff führt. So dass der so oder so nicht mehr bei 20,9 Vol.-% liegt, wenn die Luft in den Alveolen vorliegt, sondern niedriger. Wasserdampfdruckbereinigt liegt er bei etwa ~19 Vol.-% und der restliche Abfall auf 14% ergibt sich aus dem oben Gesagten, insbesondere dass die Partialdrücke von Alveolarluft und Blut sich bei 14% bereits einander angeglichen haben und die Diffusion von Sauerstoff abgeschlossen ist. LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologielehrer SI/II a. D.

Der Partialdruck ist der Anteil des Drucks am Gesamtdruck eines Gases. Die Atmosphäre wirkt mit "100% Partialdruck". Teil man das auf, so sieht das so aus: Zum Beispiel, 21% der Luft besteht aus Sauerstoff dann hat Sauerstoff einen Partialdruck von 21%, angenommen es herrschen 1000 Millibar, dann hat der Sauerstoff einen Partialdruck von absolut 210 Millibar (21%). Daraus folgt auch, dass bei sich änderndem Luftdruck (Schwankung eher gering) oder bei anderer Sauerstoffkonzentration ("verbrachte" Luft, Sauerstoffbeatmung) der absolute Partialdruck entsprechend anders ist.

In der Lunge wird der Sauerstoff rein passiv aufgenommen. Im Blut ist wenig Sauerstoff, da er von den Zellen schon von Sauerstoff zu CO2 veratmet wurde. Der Gasaustausch zwischen Alveolen und Blut verläuft daher entsprechend dem Gefälle des Partialdrucks. Da es wenig Sauerstoff im Blut gibt und mehr in der Luft (auch der Alveolenluft) wird Sauerstoff in den Blutkreislauf diffundieren. Für Kohlendioxid gilt das gleiche in die Gegenrichtung.

Das sollte erklären, warum der Sauerstoffgehalt nicht auf 0 sinken kann bzw. auf einen Wert unter dem des venösen Blutes. Ein gewisser Gradient wird auch benötigt, damit die Sauerstoffaufnahme funktioniert.

Das die Alveloenluft nicht auf den Wert der Außenwelt kommen kann hat sterische Gründe. Du hast nicht nur einen großen Sack als Lunge, der ist auch noch verästelt - und nur ein kleines Loch oben zum Luftaustausch. Das System kann nicht perfekt zum Luftaustausch sein - und muss es zum Glück auch nicht. Es bleibt immer Restluft in den Alveolen (die dürfen auch nicht beim ausatmen total zusammenklappen - sonst könnten die gegenüberliegenden Wände wenn man Pech hat auch zusammenkleben.

Es gibt verschiedene weitere Gründe die man anführen kann. Aber es gibt eine tolle Möglichkeit das rauszufinden: Frag Deinen Lehrer ;) Der freut sich über Interesse. Ggf. muss er auch selbst alle Gründe zusammensuchen: Niemand ist perfekt in seinem Fach. Das ist ganz normal.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abgeschlossenes Studium als Diplom Biologe