Vaterunser: "Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern"?

17 Antworten

Ich bin kein Gläubiger, aber wenn ich die glaubenden Menschen beobachte - ich hoffe für sie und alle anderen, dass diese Zeile falsch ist, denn, es sind oftmals gerade die Gläubigen, die harte Strafen fordern für vermeintliche schlimme Taten und auch echte schlimme Taten.

wolfruprecht  21.08.2020, 19:04
... es sind oftmals gerade die Gläubigen, die harte Strafen fordern für vermeintliche schlimme Taten und auch echte schlimme Taten.

Da hast du sehr wohl recht. Sie merken es manchmal gar nicht mal. Ist leider häufig auch meine Erfahrung. Und ich wünschte, es wäre anders.

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Ob man vergeben kann, hängt von der Schwere des Tatbestandes ab.

Dem Mörder seines Kindes wird man z.B. kaum vergeben können. Ich denke aber nicht, dass Gott das zum Anlass nimmt, einem selbst auch nicht zu vergeben. Zumal die eigenen Vergehen gegenüber einem Mord ja (normalerweise) Bagatellen sind.

Was man im Falle, dass man Opfer wird, tun kann, hat der Fragesteller lobenswerterweise erschöpfend aufgezählt.

Hier wie allgemein gilt, dass man sich in diese Richtung ernsthaft bemühen sollte. Wie immer im Leben.

In der Rückschau auf mein Leben kann ich sagen, dass das gelegentliche Böse, das ich erfahren habe, aus dem Abstand heraus doch nur Bagatellen waren. Die kann ich gut alle vergeben.

Was noch fehlt: vergessen. "Ich vergebe alles, aber ich vergesse nichts." ist ein hintersinniger Spruch.

Ich persönlich steh nicht so auf den vorgefertigten Einheits-Bete-oder-Stirb-Kram sondern ich rede einfach mit Papa. Wie auch immer - Vergebung ist das Thema. Papa sagt, dass er sich meiner Schuld nicht mehr erinnert. Also halte ich es für mich genau so. Klar, sowas passiert - je nach Schwere - nicht von jetzt auf gleich, aber es ist ein Prozess, genau wie Buße.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich interpretiere diese Stelle anders als viele hier:

Es geht meiner Ansicht nach nicht darum, alles und jedem bedingungslos zu vergeben.

"Schuld" meint meiner Meinung nach in diesem Kontext einen Fehler, welcher entweder ungewollt war, oder aufrichtig bereut wird.

"wie auch wir vergeben..." bedeutet ja nichts anderes als dass man darum bittet das selbe Verständnis für Fehler zu erbitten wie man es selbst gibt. Umgekehrt kann man sagen, dass man nur so viel Verständnis für andere hat, wie andere für einen selbst.

Meiner Ansicht nach ist diese Stelle eine Art Ratschlag. Rachegedanken und Sturheit (oder Ähnliches) können die psychische Gesundheit stark beeinflussen. Außerdem können dadurch Beziehungen und Familien zerstört werden.

Zusammenfassend ist diese Stelle also eine Anregung, Konflikte beizulegen und zu begraben, da diese Konflikte beiden Parteien psychisch zusetzen.

Ich denke, wichtig ist es vor allem zu erkennen, dass der, der in deinen Augen Schuld an etwas ist, dich um Vergebung bitten muss, so wie du bei Gott um Vergebung bittest.

Das bedeutet, du musst also nicht jedem einfach so verzeihen.

Wenn dich jemand um Vergebung bittet, sieht er seinen Fehler ein und nimmt sich vor, sich zu bessern. Er reicht dir die Hand und möchte, dass das Verhältnis wieder zu einem guten wird. Deswegen wird er versuchen, sämtliche Schäden wieder gut zu machen oder dir in anderer Weise entgegen kommen.

Mit dem Gebet sagst du, dass es an dir nicht scheitern soll.

Warum solltest du in diesem Kontext nicht verzeihen?

Was willst du mehr als die Bitte um Vergebung und, sofern möglich, Entschädigung?