Was ist der Unterschied zwischen zeichenorientiert und wortorientiert?

2 Antworten

Bis Ende der 1950-er Jahre gabe es wohl nur ASCII-Code (= 128 Zeichen bzw. Signale).

Spätestens aber als man auch Umlaute (bzw. andere sprachspezifische Schriftzeichen) darstellen wollte, war das nicht mehr genug. Es gab dann also schon "Buchstaben", die nicht mehr durch nur ein Byte dargestellt werden konnten. Sog. zeichenorientierte Hardware-Architektur war da am Ende, da es ja nicht akzeptabel war, immer gleich einen neuen Rechner erfinden zu müssen, nur um ein paar mehr Zeichen haben zu können.

Blockorientierte Rechner-Architekrur (1 Byte = kleinstmöglicher Block, alle anderen Blöcke haben eine Länge, die Vielfaches davon sein kann) kam mit dieser Anforderung aber locker zurecht. Deswegen hat nur sie bis heute überlebt - insbesondere auch deswegen, weil jedes Byte einzeln adressierbar ist.

Nur sehr einfach zu bauende Peripheriegeräte, Maus und Tastatur etwa, müssen keine Daten speichern, so dass dort das Adressierungsproblem entfällt.

Mit anderen Worten: Rechnerarchitekturen, in denen nur ganze Zeichen adressierbar sind, haben nicht überlebt, da sie den Begriff "Zeichenlänge" kennen müssen, es aber auch nicht mehr praktikabel erschien, allen Zeichen gleich Länge zu geben.

Blockorientierte Rechnerarchitektur muss nur noch den Begriff "Bytelänge" kennen, da der Aufbau von Zeichen zur Aufgabe der Software werden konnte. Einzige Voraussetzung hierfür: Jedes Byte muss adressierbar sein und jedes Zeichen behinnt an einer adressierbaren Stelle (sprich: am Anfang eines Bytes).


grtgrt  19.04.2020, 21:46

Einziger Nachteil blockartiger Architektur: Jedes Zeichen ist ganzes Vielfaches eines Bytes. Heute ist das kein Problem mehr, damals aber (Mitte der 1950-er) hat man ja für jedes einelne Bit ein Röhre benötigt, für ein Byte also 8 Röhren, und alle konnten einzeln ausbrennen. Ein einzelnes ASCII-Zeichen aber ist durch nur 7 Röhren darstellbar. Mit zeichenorientierter Rechnerarchitektur also hat man weniger Röhren benötigt und den Speicherverschnitt minimiert (mit anderen Worten: der kleinste "Block" war in solchen Rechnern 1 Bit lang).

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In den 1960-er Jahren hatten die meisten Computerhersteller zwei Systeme unterschiedlicher Speicherstruktur entwickelt:

  • wortorientierte Großrechner für den technisch-wissenschaftlichen Bereich
  • zeichenorientierte Großrechner für den kommerziellen Bereich

IBM vereinte als erster Hersteller beide Anwendungsbereiche in dem Betriebssystem OS/360.

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Blockorientierte Geräte:

Blockorientierte Geräte übertragen Daten jeweils in kompletten, gleich langen Blöcken. Dies gilt sowohl beim Lesen von diesem Gerät, als auch beim Schreiben auf selbiges. Typische Blockgrößen liegen zwischen 512 und 32 768 Byte. Jeder Datenblock ist direkt adressierbar.

Besteht jeder Block aus nur einem einzigen Byte (= 8 Bits), spricht man von wortorientiertem Datentransport.

Zeichenorientierte Geräte: Zeichenorientierte Geräte (engl. character device) erzeugen oder empfangen einen Datenstrom (engl. stream). Eine Folge von Zeichen (evtl. auch nur ein einzelnes Zeichen) wird hierbei zum Gerät oder vom Gerät übertragen. Diese Zeichen sind nicht adressierbar. Bsp. Maus oder Tastatur.

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Die klassische Bedeutung der beiden letzten Begriffe ist demnach genau das Gegenteil von dem, was man aus rein umgangssprachlicher Sicht dahinter vermuten würde: In der Umgangssprache nämlich sind Worte unterschiedlich lange Folgen von Zeichen (= Buchstaben und Ziffern).

https://quizlet.com/ch/469834677/computerarchitektur-und-betriebssysteme-bei-prof-vielhauer-flash-cards/


grtgrt  19.04.2020, 15:57

Der Witz ist einfach, dass die Computer vor 1960 einfach nur als Maschinen gesehen wurden, die Signale verarbeiten (deren jedes Steuerbefehl, Buchstabe oder Ziffer ist). Nachdem die Menge der Steuerbefehle aber immer größer wurde und jeder zum Namen einer Funktion werden musste, diese Namen sich aber als Folge von Buchstaben und Ziffern ergeben können, war klar, dass Datenspeicher blockadressiert zu sein haben. Zeichenorientiert (d.h. ohne Blockadressierung) arbeiten heute nur extrem weichfache Geräte — eben solche, die nur den Transport von einigen wenigen Signalen zu unterstützen habe. Maus und Tastatur sind gute Beispiele hierfür.

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grtgrt  19.04.2020, 17:35
@grtgrt

Mit anderen Worten:

Noch in den 50-er Jahren hat man die ganz wenigen damals schon existierenden Computer als Maschinen gesehen, deren Aufgabe es sei, Signale zu verarbeiten (statt Information gegeben als Daten).

Erst nachdem dieses Missverständnis geklärt war, wurde klar, dass der durch Computer nutzbare Speicher Blockadressen kennen sollte — statt einfach nur die Adresse von Zeichenfolgen, deren jede ein Signal darstellt.

Jede Menge von Daten und Information — so wurde jetzt erst klar — kann ein Computer nur sehen und verarbeiten als physikalischen Zustand einer Folge von Speicherblöcken.

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Sidyman 
Fragesteller
 19.04.2020, 19:20
@grtgrt

Ersteinmal vielen Dank für deine ausführlichen und guten Erklärungen. Nur nochmal zu Absicherung ob ich es richtig verstanden habe und auch noch ein paar Fragen:

Also zeichenorientiert bedeutet, das im Datenspeicher an den einzelnen Adressen eine beliebige Folge von Zeichen stehen, die Länge der Zeichen ist also variabel und kann von einer Adresse zur anderen Adresse im Speicher variieren. Weil die Länge variabel ist, ist es nicht möglich diese direkt zu adressieren. Hier hätte ich noch die Frage, wieso das denn damals nicht notwendig war die Speicherstellen direkt adressieren zu können?

So eine Zeichenfolge die in einer Adresse gespeichert wurde stellte jeweils genau ein Signal dar.

Ein Signal war damals entweder ein Steuerbefehl, ein Buchstabe oder eine Ziffer. Da einzelne Steuerbefehle als Folge von Zeichen dargestellt werden mussten kam es zu der variablen Größe der einzelnen Adresszellen/Speicherzellen.

Falls ich bis hierhin deine Erklärungen falsch verstanden habe korrigiere mich gern.

Mir ist nicht ganz klar wie das mit dem Unterschied zwischen Signale und Daten/Information zu verstehen ist. Also worin der Unterschied bestand bzw. was es bedeutet, dass die Leute in den 50ern noch die Geräte als Signal-Verarbeiter und nicht als Daten-/Informations-Verarbeiter auffassten. Könntest du das nochmal genauer erklären?

Ich hab es dann noch so verstanden, dass man damals erkannte, dass der Datenspeicher blockorientiert sein muss, es aber immer noch Geräte gab die zeichenorientiert arbeiteten und daher das OS/360 sozusagen mit beiden umgehen musste und es auf diese Weise beide Anwendungsfälle vereinte. Bis heute ist das dann auch so geblieben das ein Betriebssystem mit beidem Umgehen muss und der Datenspeicher blockorientiert ist aber diverse Geräte wie Maus zeichenorientiert.

Will dich nicht erschlagen mit all meinen Fragen. Falls du nicht alle meine Fragen beantworten kannst antworte einfach nur auf das was du beantworten kannst ;).

Vielleicht hast du ja auch eine Buchempfehlung, wo ich selber nochmal genauer nachlesen kann. Ich interessiere mich dafür zu verstehen, wie die Technologie damals in dieser Zeit bei den Rechnern und Peripheriegeräten war, also vor dem ersten Mikroprozessor.

Vielen Dank nochmals.

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grtgrt  19.04.2020, 21:39
@Sidyman

Hoppla: Meine Antwort auf deinen Kommentar ist irrtümlich zu einer neuen Antwort auf deine Frage geworden (s. dort).

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