Tipps zum einsumpfen von Brandkalk

1 Antwort

Hallo,wenn Du den Branntkalk- (das ist die Reaktion: CaO + H2O > Ca(OH)2 ) - löschen willst, dann bitte sehr vorsichtig; da läuft eine stark exotherme Reaktion ab !Zuerst in einen hitzebeständigen Behälter - Metallmörtelkasten oder alten Waschkessel - ca. die Hälfte Deines Branntkalkes hineingeben, dann ca. 5-6 Liter kaltes Wasser hinzuschütten. Wenn die Reaktion nicht sofort losgeht, dann ca. 5 min. warten. Es zeigt sich, wenn es richtiger Stückkalk ist, daß die Brocken, die etwa wie graue Steine aussehen, in dem Wasser quellen bzw. auseinander gedrückt werden. Dabei soll mann mit einer stabilen Schaufel immerzu in dem Behälter die Masse bewegen und wenn das Wasser heiß und knapp wird, vorsichtig nachgießen. Aber nicht erst, wenn die Masse schon sehr heiß ist und alles dampft, sondern schon wenn das Wasser knapp wird. Das muß nun so lange getan werden, bis der Kalk zu einem homogenen Brei (in der Konsistenz wie Joghurt) geworden ist; den läßt man dann ausquellen (immer etwas Wasser nachgeben). Hat sich die Masse etwas abgekühlt, in ein nicht rostendes Lagergefäß schütten und die nächsten Tage mit Wasser leicht bedecken. Dann den restlichen Branntkalk analog löschen und ins Lagergefäß geben. Richtig weiß und "fettig" wird der gelöschte Kalk nach ca. 1½ - 2 Jahren Lagerzeit. Beim Verstreichen soll auf keinen Fall ein trockener Untergrund und eine trockene Umgebung herrschen, am besten im Raum den Fußboden annässen und die Türen + Fenster geschlossen halten. Sonst wird der Kalkanstrich "verdursten" und er kann ganz leicht abgewischt werden. Denn der eingesumpfte Kalk muß mit dem Kohlendioxid der Luft wieder zu Kalziumcarbonat werden, so wie er vor dem Brennen in der Erde lag. Die Erhärtungsreaktion: Ca(OH)2 + CO2 > CaCO3 + H2O. Der Anstrich als solcher ohne Zusätze ist antiseptisch, schimmelt nicht, ist sehr atmungsaktiv und umweltfreundlich, weil keine organischen Zusätze eine Schimmelbildung hervorrufen können. Beim Streichen auf neuen Putz beim 1. Mal relativ dünn machen, damit gerade sieht, das etwas aufgetragen ist. Beim 2. und 3. Male kann es etwas dicker sein, aber keine Streifen beim Auftrag hinterlassen - lieber einmal zu dünn, als 1 x zu dick. Ideal fest und hart wird der Kalkanstrich in dauerfeuchten Räumen wie alten, im Erdreich liegenden Kellern, dann hat der Kalk richtig Zeit um zu karbonatisieren, also wieder zu Kalkstein zu werden. Nun wünsche ich viel Erfolg beim Löschen und streichen - Schutzbrille nicht vergessen !

Homodigitalis 
Fragesteller
 03.09.2015, 01:15

Hallo Videofan,

vielen Dank für deine lange, schöne und ausführliche Nachricht.
Mittlerweile hab ich auch den richtigen Weissfeinkalk daheim. Vorher war es lediglich der Stückkalk aus dem Raifeisenmarkt, der hier vom hörensagen nicht so feeignet dafür sein soll.
Nun stehen die Säcke immer noch hier und ich hab mir eine schwarze Spießbütte aus Plastik (ca. 80L besorgt). Dazu eine Atemschutzmaske, säurefeste Handschuhe, einen Ganzkörperanzug und natürlich ganz wichtig, die abdichtende Schutzbrille.
Nun hatte ich vor, das ganze draussen zu erledigen und direkt in der Plastikbütte anzumischen. Wollte so vorgehen, dass ich direkt das nötige Wasser einlasse und in kleinen Schritten, über den Tag verteilt, immer mehr von dem Kalk hinzugebe, um die Temperaturen nicht allzuhoch ansteigen zu lassen.
Dann einen Deckel drauf und erstmal ein paar Tage stehen lassen, bis er in den Keller in andere Bottiche umgelagert wird.

Ich frage mich, warum du den Kalk in zwei Teilen löschst und verstehe die Bezeichnung "analog" in diesem Zusammenhang nicht. Dann frage ich mich auch, ob du mit dem Anstich ohne Zusätze auch ohne Quari und Magermilch meinst. Diese werden ja benötigt, um den Anstrich abriebfest zu machen. Er soll komplett in der Wohnung in fast allen Zimmern die Wand zieren und keine weissen Flecken beim vorbei streifen hinterlassen. Weitere Zutaten ausser Wasser und Magerquark oder Magermilch würde ich aber auch nicht verwenden wollen.
Zu wieviel Wasser auf wieviel Kalk in der 80L Bütte würdest du mir denn raten?
Lasse mich natürlich gerne eines besseren belehren, daher, wenn dir irgendwie was in meinem Plan aufstößt, nur raus damit. Bin für Tipps immer dankbar.

Liebe Grüße

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videofan  03.09.2015, 10:30
@Homodigitalis

Hallo, lieber "Kalkfan" es ist schon sehr begrüßenswert, wenn Du in Deinen 4 Wänden solche naturbelassenen Farben verwenden willst. Dazu aber vorher noch ein paar Hinweise auf Deine Fragen: 1. Nimm zum Löschen des Kalkes wirklich nur ein hitzefestes Gefäß, da das Löschen, je nach Herkunft des Kalkes, eine doch ganz erhebliche Temperatur im Bottich entwickeln kann. Bei niedrigen Temperaturen, wie Du sie mit dem langsamen Löschen Dir wünscht, wird es nicht klappen. Es wird zum Löschen also doch eine Temperatur von ca. 80-100 Grad erreicht, das sieht man erst, wenn der Branntkalk im Wasser reagiert; manchmal kommt es auch zum regelrechten Dampfen, wenn man nicht schnell genug etwas Wasser nachgibt und ständig rührt. 2. In zwei Durchgängen den Kalk zu löschen hat den Vorteil, daß Du den Vorgang mengenmäßig so besser beherrschen kannst. Auch wir haben früher in dem besagten Waschkessel nur max. 25kg auf einmal gelöscht. Denn wenn die Sache erst einmal läuft, hast Du mit dem Rühren ganz schön zu tun. 3. Die Menge Wasser, die benötigt wird, ist nicht ganz genau berechenbar, da es verschiedene Kalkarten gibt; wenn es ein Branntkalk mit viel "taubem Gestein" ist, brauchst Du weniger Wasser, wenn es guter "hochprozentiger" Kalk ist, dementsprechend mehr. 4. Wie schon von mir beschrieben, soll man dem Kalkanstrich genügend Feuchtigkeit und Zeit geben, um an der Wand wieder zu Kalkstein zu werden. Ich kann natürlich nicht voraussagen, wie sich der Quark oder die Magermilch im fertigen Anstrich verhalten - es sind immerhin organische Bestandteile, die können so manchem Kleintier schmecken oder zu Schimmelquelle werden. Wir haben früher die Kalkanstriche nicht mit Quark oder Magermilch versetzt.

Als Alternative zu dem Kalkanstrich wäre natürlich ein Reinsilikat-Anstrich ideal, er basiert auf Kaliwasserglaslösung und verbindet sich chemisch mit dem Siliziumdioxidbestandteilen (Sand) im Putz. Dabei ist die Gefahr des Abwischens 100%ig gebannt. Silkatfarben sind chemisch neutral, hoch atmungsaktiv, wasserdampdurchlässig und vollkommen schimmelresistent. Deshalb verwendet man (wenn man darüber genau Bescheid weiß), die Silikatfarben im Außenbereich an der Fassade. Dann können sich auch keine Algen in verschatteten und feuchten Bereichn ansiedeln, wie man es mit den "schnellen und gut handhabbaren Dispersionsfarben" auf z.B. mit Styropor gedämmten Fassaden sehen kann - Schwarzfleckigkeit, Algenbefall und Schimmelbildung über dauergeöffneten Fenstern (Schlafräume, Küchen etc.).

Probier doch ganz einfach mal mit einer kleinen Menge Branntkalk das Löschen. Beim Anstreichen der Wände probier ebenfalls mit den von mir beschriebenen Umgebungsbedingungen und Anstrichfolgen(3 x dünn auftragen), dann wirst Du ein Gefühl bekommen.

Noch etwas zu meiner Person: ich bin von Beruf Maler, 62 Jahre und habe das Malerhandwerk 1969-1971 gank klassisch im Elterlichen Hause erlernt (Liebstadt/Sa.). Daher kann ich Deine Fragen so klar und fachgerecht beantworten. Es macht mir auch selbst viel Spaß, "Neugierige" wie Dich dazu zu beraten; es soll auch dem Zweck dienen, Wissen, welches sehr wertvoll ist, nicht zu vergessen.

Sende mir doch bitte mal, wenn Du kannst, ein Bild von der Verpackung des Weissfeinkalkes. Wenn da der Hinweis auf Weißkalkhydrat steht, ist es bereits industriell gelöschter Kalk, der nur noch in Wasser eingerührt werden muß und dann verarbeitet wird wie Weißkalk, den Du selbst noch löschen willst. Ist der Branntkalk schon sehr lange bei Dir zu Hause, eigentlich reagiert er schon mit der Luftfeuchtigkeit, dehnt sich also aus - da knacken die Brocken und fangen an zu krümeln. Den Branntkalk kann man also nicht ewig lagern, auch in Plasiktüten holt er sich seine Feuchtigkeit.

So, nun habe ich bestimmt Deine Fragen alle beantwortet, wenn noch welche da sind, gern anfragen. Viel Erfolg beim Verarbeiten und Streichen.

D. Leppert

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