Sinn ergeben, machen oder haben?

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“Ein Übersetzer muß sehen, was einen Sinn macht.”
Lessing: Briefe, die neueste Literatur betreffend (10. Januar 1760)

[Quelle: http://www.iaas.uni-bremen.de/sprachblog/2007/10/01/sinnesfreuden-i/#comment-818 ]

Lass Dir einfach von Deiner Studentin bestätigen, dass Herr Lessing eine sprachliche Null war, der nur mit seinen Englischkenntnissen protzen wollte. Und bitte sie gleich um eine Liste aller Phrasen, die im Deutschen wörtlich mit der irgendeiner anderen Sprache übereinstimmen, und vermeide jene fortan wie die Pest :-)

Zu Deiner Philosophie:

Für die Frage, ob der Sinn einer Handlung objektiv oder subjektiv ist, sollte man zuerst klären, was man darunter versteht:

  • der Zweck oder das Ziel dieser Handlung
  • die Bedeutung dieser Handlung
  • eine (rationale) Erklärung für diese Handlung
  • ...?

Bei "Sinn haben/ergeben/stiften/machen" kann ich auch bei genauer Kenntnis, welcher "Sinn" hier gemeint ist, nicht erkennen, ob derselbe subjektiv oder objektiv gemeint ist. Das hängt wohl allein von der Weltanschauung des Sprechers ab.

Möglicherweise bevorzugen verschiedene Schulen das eine oder andere Verb. Eine solche Tendenz ist mir aber bislang nicht aufgefallen. Ergänzungen wie "für mich" oder "absolut" sind da wesentlich aussagekräftiger.

Und Dein Konstrukt als Prädikativum ist mir durchaus geläufig: "Was ist der Sinn des Lebens?" — Als überzeugt subjektiver Sinnstifter würde ich die Frage aber anders stellen: "Welchen Sinn kann ich meinem Leben geben?", oder kürzer: "Was kann ich aus meinem Leben machen?"

ralphdieter  30.04.2017, 11:21

Eine solche Tendenz ist mir aber bislang nicht aufgefallen.

Das hat sich durch eine neue Antwort (während ich meine schrieb) geändert:

Für manche Menschen ist der Sinn einer Handlung absolut, eindeutig und unumstößlich. In deren Ohren klingt "Sinn machen" ziemlich blasphemisch.

Meiner Meinung nach sollte man deshalb aber diese Phrase nicht a priori mit fadenscheinigen Begründungen verteufeln. Eine philosophische Diskussion wäre hier vielleicht ergiebiger.

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ralphdieter  03.05.2017, 10:43

Danke fürs Sternle!

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"Sinn machen" ist ein Anglizismus, bzw. eine Übernahme des Begriffes "it makes sense".

Bei Begriffen, die man aus anderen Sprachen übernimmt, ergeben sich oft unlogische Formulierungen. "Mail" ist beispielsweise im Englischen ein Neutrum, wir aber sagen (fälschlicherweise?) "die Mail", weil wir offensichtlich an "die Nachricht" oder "die Post" denken. Hätten wir von Anfang an an den elektronischen Brief gedacht, hieße es heute vielleicht "der Mail".


earnest  01.05.2017, 11:12

Die Formulierung benutze schon der olle Lessing...

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"Sinn ergeben" und "Sinn haben" drücken etwas unterschiedliches aus.

Z. B. Kann eine Tätigkeit keinen Sinn haben weil sie ihr Ziel verfehlt. (Z. B. den Boden wischen, wenn er danach sofort wieder dreckig wird.)

Und ein Text kann z. B. keinen Sinn ergeben, wenn er sich inhaltlich widerspricht.

Bei "Sinn machen" denke ich an das englische "make sense".
Was für Englischsprachige gilt, ist allerdings falsch im Deutschen.

Es kann nur etwas gemacht werden, das greifbar ist - Sinn hingegen ist es nicht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Hobbylektorin - "unerzogen" ist eine Lebenseinstellung
earnest  30.04.2017, 09:25

Das ist NICHT (mehr) falsch im Deutschen.

Auch deine Begründung ist nicht stimmig: So kann zum Beispiel etwas Spaß machen, ohne "greifbar" zu sein. Das gilt auch für "Freude".

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lieanne  30.04.2017, 09:43
@earnest

Mensch, hatten wir das nicht gerade erst - ebenfalls ergebnislos? Die Begründung, die nicht stimmig ist, ist deine. Sie greift zu kurz.

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Etwas "machen" heißt nach meiner meinung immer noch soviel wie etwas "herstellen, erzeugen, verursachen".

M.E. kann man Sinn nicht machen, auch ein Satz oder eine Aussage, eine Geschichte kann das nicht. Der Sinn wohnt dann einer Aussage inne, dann hat sie Sinn - oder eine Aussage ist schlüssig in ihrer Folgerichtigkeit, dann ergibt sie Sinn.

Nur weil inzwischen jeder irgendwo, irgendwann gesprochene Unsinn im Duden steht (weil ihn sonst keiner mehr kauft), halte ich längst nicht alles für richtig - und schon gar nicht für gut.

earnest  30.04.2017, 09:55

Du hast völlig recht: Es ist deine Meinung.

Die will dir sicher auch niemand nehmen. Das Schöne an Sprache ist, dass sie sich entwickelt - und dass wir keinen Sprachpapst haben, der festlegt, ob etwas nun Sinn oder "Unsinn" ist.

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