Sind Menschen wirklich nicht austauschbar?
Hey,
Es wird immer gesagt, dass Menschen in sozialen Konstrukten nicht austauschbar sind, und auch meine Freundin meinte gestern zu mir "Du bist meine Freundin. Ich kann dich nicht durch jemand anderes ersetzen."
Aber stimmt das wirklich? Ich meine, jemand der seinen besten Freund verloren hat, wird mit einer ziemlichen Wahrscheinlichkeit irgendwann einen neuen besten Freund haben, genauso wie meine Freundin, irgendwann eine neue Beziehung eingehen wird, wenn ich nicht mehr da bin. Mich stört das nicht, denn das liegt ja in der Natur der Sache, aber woher kommt dann so oft von Leuten, dass Person X und Y unersetzlich sind?
Und wäre das nicht auch kontraproduktiv? Ich würde nichts haben wollen, dass unersetzlich ist.
18 Antworten
Menschen sind nur dann austauschbar, wenn sie als Objekt gesehen werden, die man für einen bestimmten Nutzen braucht.
Je tiefer man jemanden kennenlernt, umso klarer wird seine Einzigartigkeit. Man kann zwar auch ohne ihn weiterleben, aber nur indem man sich auf sein Fehlen einstellt, also das eigene Leben neu organisiert. Etwas Trauer wird aber immer bleiben.
Soviel ich weiß, Schneemond2011, gab es noch nie zwei Menschen, die denselben Fingerabdruck hatten.
Wollten wir also einen Menschen durch einen exakt gleichen ersetzen, wären wir sicher erfolglos.
Wie einmalig wir sind, wird mir auch immer bewusst, wenn ich an Menschen denke, die mir nahe sind, obwohl ich sie nie kennengelernt habe. Da fällt mir beispielsweise eine meiner Urgroßmütter ein, die eine einmalige Persönlichkeit war.
Und das gilt genau betrachtet für jeden Menschen.
Aber dann erledigen wir ja auch bestimmte Aufgaben im Leben. Jeder von uns ist in gewisser Weise brauchbar - aber auch ersetzbar. So üben wir eine Zeitlang einen Beruf aus - bis wir ersetzt werden. Das gesellschaftliche Leben soll ja weitergehen!
Wie schön, wenn deine Freundin zu dir sagt:
Ich kann dich nicht durch jemand anderes ersetzen!
Dann hat sich dich „mit ihrem Herzen“ in deiner Einmaligkeit erkannt.
Wenn uns aber der Blick des Herzens in einem Miteinander abhanden gekommen ist, dann haben wir plötzlich nur noch die Frage nach der "Brauchbarkeit" des anderen im Sinn.
Und dann wird der andere bekanntlich auch sehr oft "ersetzbar".
Leider steht heute auch in Beziehungen oft die „Brauchbarkeit“ - und folglich auch die rasche Ersetzbarkeit - im Vordergrund.
Die "Stimme des Herzens" – die „romantische Liebe“ – hat dann keine Chance.
Einen neuen Freund oder Freundin zu haben, "ersetzt" nicht den verlorenen Freund oder Partner.
Es beginnt eine neue Konstellation mit einem neuen Individuum, ersetzt jedoch niemanden kann es auch nicht. Es sei die Konstellationen waren und sind nur sehr Oberflächlich.
In der Arbeitswelt wird jeder austauschbar sein... aber in sozialen Konstrukten kann es schon mal vorkommen, dass jemand "unersetzbar" wird. - Bei oberflächlichen Freundschaften wird dies sicherlich nicht der Fall sein, dass jemand unersetzlich ist. Aber manchmal findet man eben eine unersetzliche Person. Und diese Person wird so speziell sein, dass sie auch nach dem Tod niemals ersetzt werden kann, weil sie halt einen ganz eigenen Stellenwert hat.
ja, ich hoffe es natürlich insgeheim, dass es so ist, wie du schreibst. Und es wäre auch wirklich schön, wenn dies generell der Tatsache entsprechen würde. - Aber manchmal werden auch langjährige, erfahrene Arbeiter aus Kostengründen durch junge, teils unerfahrene Leute ersetzt. Wirklich ersetzbar war dann wohl der alte Mitarbeiter nicht... aber leider zu teuer.
Oft zeigt sich dann aber, dass die Unerfahrenen viel mehr kosten. Nicht an Lohn, aber an anderer Stelle. Diese Strategie hat schon einige Unternehmen in den Ruin geführt. "Never change a running System" ist eine wichtige Erfahrung. Ändere nichts, was funktioniert.
Aber stimmt das wirklich? Ich meine, jemand der seinen besten Freund verloren hat, wird mit einer ziemlichen Wahrscheinlichkeit irgendwann einen neuen besten Freund haben, genauso wie meine Freundin, irgendwann eine neue Beziehung eingehen wird, wenn ich nicht mehr da bin.
Das ist kein Ersatz. Ein Freund hat einen bestimmten Platz in meinem Leben, erweckt bestimmte Gefühle, teilt bestimmte Hobbies, und erweitert mein Leben auf spezifische Weise. Diese spezifische Art kann niemand ersetzen. Einzelne Punkte, auf grobe Art, können ersetzt werden (zB wenn der alte weggezogen ist, und ich nen neuen Freund finde). Vielleicht lesen beide gern Bücher, aber der eine eher Sci-Fi, der andere Klassik. Oder beide mögen Klassik, aber der eine mehr französische Bücher, und ist besessen von Victor Hugo, und der andere eher von Göthe. Oder beide lesen gern Hugo, aber einer geht bei der Interpretation mejr in die Tiefe, was die Gespräche darüber beeinflusst.
Also die Position lässt sich neu füllen. Aber die Person als ganzes ersetzen geht nicht, weil sich Menschen halt, wenn auch nur im Detail, unterscheiden. Und selbst wenn alles andere passt, wenn ich nicht mehr über Hugos Werke reden kann, fehlt etwas.
Auch in der Arbeitswelt ist nicht jeder austauschbar. Vielleicht die Hilfsarbeiter, denen jeder Handgriff erstmal erklärt wird. Je mehr Selbstdenken, Erfahrung und erworbene Fähigkeiten von Bedeutung sind, umso unersetzlicher.