Seit wann sagt man "ich erinnere etwas"?

9 Antworten

Wie schon soviele gesagt haben gehört das eindeutig in die Schublade "verenglischtes Deutsch". Ich persönlich habe den Eindruck, DIESE Komstruktion ist wieder im Rückgang begriffen. Das wildwuchernde "in" vor Jahreszahlen ist da viel penetranter. Ist euch eigentlich schon ma aufgefallen, dass nicht nur der Genitiv "dem Dativ sein Tod ist", sondern auch, dass ebendieser Dativ immer weiter vom Akkusativ verdrängt wird ?

In diesem Sinne: Ein frohes neues Jahr FÜR EUCH !

"Ich erinnere das" ist durchaus gebräuchlich und richtig, wie es auch der Duden vermerkt - allerdings landschaftlicht begrenzt. Vor allem in Norddeutschland kann man "Das erinnere ich" hören.

QUELLE: Duden Band 9: "Richtiges und gutes Deutsch - Zweifelsfälle der deutschen Sprache"

"Der Gebrauch von erinnern mit dem Akkusativ (jmdn./etwas erinnern) statt sich erinnern mit dem Genitiv (sich jmds./einer Sache erinnern) oder mit einem Präpositionalobjekt (sich an jmdn./an etwas erinnern) ist landschaftlich begrenzt. Es kommt vor allem in Norddeutschland vor."

"Ich erinnere dies und das" sagt man überhaupt nicht. Das ist kein Deutsch. Das ist eine falsche Übersetzung aus dem Englischen (I remember this or that). Ich meine: wer nicht richtig Deutsch kann, sollte auch keine Fremdsprachen lernen, sonst macht er womöglich seine Muttersprache kaputt. Übrigens habe ich dieses "ich erinnere etwas" schon vor 20 - 30 Jahren gelegentlich gehört.

"Ich erinnere mich an etwas" ist nach wie vor richtig. "Sich erinnern" gehört zu den reflexiven Verben.

Ähnlich ist es mit dem "Sinn machen". Die Engländer sind sinnlos, sie müssen den Sinn immer wieder neu machen: "make sense". Da sind wir doch besser dran, wir haben Sinn, eine Sache hat Sinn. Und wenn etwas keinen Sinn hat, dann kann man ihn auch nicht machen.

Rudolf36  09.01.2013, 12:25

Nachtrag: neben dem reflexiven "sich erinnern" gibt es noch das transitive "erinnern": ich erinnere dich an . . . Aber immer gehört ein Objekt dazu: entweder erinnere ich mich oder jemand anderen an etwas.

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Es heißt nach wie vor "sich an etw. erinnern" oder "jemanden an etw. erinnern".

Es ist keine dämliche Eindeutschung, sondern gehört zu den unzähligen miserablen Sprint-Übersetzungen der amerikanischen TV-Sendungen: "Damals, auf der Party bei John, ich erinnere eine smarte junge Dame. Wie war noch ihr Name?"

Einfach gruselig!!! - Auf deutsch müsste es in etwa heißen." Als wir damals auf Johns Party waren, traf ich ein hübsches Mädchen. Wie hieß sie doch noch?"

seit die Leute der Ansicht sind, dass man gegen den Sprachwandel eh nix unternehmen könne und es deshalb als sehr cool erscheint, diesen voran zu treiben.

Vorbilder sind so genannte Journalisten, die laut und lustig tönen (also sich selbst lustig finden, statt Informationen zu verbreiten und Skandale aufzudecken), aber offenbar kein Deutsch mehr während der Ausbildung hatten. Das sind die gleichen Typen, die bei Jahresangaben zwanghaft "in" davor setzen müssen und vermutlich eine alberne Hornbrille tragen, die man theoretisch auch zum Snowboarden aufbehalten könnte.

HerrDeWorde  09.01.2013, 12:06

Vielleicht ist auch der Google-Übersetzer dran schuld, dass reflexive Verben verhunzt werden und wer verunsichert ist und nur abschreibt, liest das dann auch so vor und die erstbesten Zuhörer finden den geklauten Text wahnsinn toll und kopieren den vortragenden Meister.

Eventuell auftretenden Unsicherheiten kompensiert man dann mit "intelligenten" Konstruktionen, wo "mitteilen" durch "kommunizieren" ersetzt wird, oder rundet die ansteckende Einfachheit durch Ersatz von "denn" durch "weil" ab.

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HerrDeWorde  09.01.2013, 12:24
@HerrDeWorde

Wer Fehler findet, darf sie auf Ebay versteigern. Die rühren daher, dass man für Textüberarbeitungen nur paar Sekunden Zeit hat ...

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adabei  23.03.2013, 12:42
@HerrDeWorde

Damit sprichst du mir auch aus der Seele. Die Zeit, die man auf GF zum Überarbeiten seiner eigenen Texte hat, ist eindeutig zu kurz. Selbst wenn man sich seine "Machwerke" vor dem Posten nochmal durchliest, kommt es schon gelegentlich vor, dass man etwas übersieht. Bei der Korrektur gerät man dann regelrecht in Stress ... ;-)

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Annemaus85  09.01.2013, 12:33

Was mir beim Lesen von Onlinezeitungen auch öfter auffällt und mich nervt ist, dass viele Autoren einen Satz mit "zwar" und "aber" voneinander trennen, also zwei Sätze draus machen. Dann ist der Lesefluss bei mir immer futsch.

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HerrDeWorde  09.01.2013, 19:55
@Annemaus85

Auch beim Eröffnen eines Telefongesprächs: "Und zwar ...". Aber noch besser ist, wenn dein Gegenüber die Erwiderung in Gespräch standardmäßig mit "Nein" beginnt. Du kannst sagen, was du willst, es kommt "nein" und darauf ein eigenes Erlebnis, was dem Gesagten überhaupt nicht widerspricht!

Als Entlastung für echte Autoren, also solche, die nicht nur das Geplapper auf dem Diktiergerät abtippen lassen: Die machen das bewusst so, damit der Lesefluss unterbrochen wird - nicht völlig, aber zum Luftholen. Das ist ein Stilmittel, das grammatisch (nicht grammatikalisch!) nicht in Ordnung ist, aber in der Belletristik zu Recht geduldet wird. Verwende ich auch. Die etwas schwächere Trennung ist der Gedankenstrich.

Leider sind nicht nur Onlinezeitungen das Problem, sondern auch gedruckte, wie Fernsehzeitungen, die anscheinend nur von respektlosen Berufsjugendlichen zusammengepuzzelt werden - und dann der Videotext aus Praktikantenhand!

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