Schnellerer Reaktionsverlauf durch Magnesium-Pulver?

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Moin,

schau mal, zunächst ist Schwefelsäure eine ziemlich starke Säure. Das bedeutet, dass sie in Wasser vollständig dissoziiert.

Das wiederum bedeutet, dass das H2SO4-Molekül beide Protonen (H+) an Wassermoleküle abgibt:

H2SO4 (l) + 2 H2O (l) ---> 2 H3O+ (aq) + SO42– (aq)

Somit hast du in deiner verdünnten Schwefelsäurelösung jede Menge Oxoniumionen (H3O+).

Nun kommt Magnesium an die Reihe.

Magnesium ist ein ziemlich unedles Metall. Es steht in der Redox-Spannungsreihe weit vor Wasserstoff.

Das bedeutet, dass Magnesium-ATOME Wasserstoff-IONEN aus ihrem ionischen Zustand „befreien”. Das wiederum heißt, dass die (unedleren) Magnesium-Atome Elektronen and die (edleren) Wasserstoff-Ionen (Protonen) abgeben.

Dadurch werden die Magnesium-Atome zu Magnesium-Kationen (immerhin geben sie ja negativ geladene Elektronen ab, so dass positiv geladene Magnesium-Ionen zurück bleiben).

Die Abgabe von Elektronen bezeichnet man auch als Oxidation.

Umgekehrt nehmen die Wasserstoff-Ionen die vom Magnesium abgegebenen Elektronen auf und werden dadurch (kurzzeitig) zu Wasserstoffatomen (naszierender Wasserstoff). Da aber Wasserstoffatome nicht lange allein bleiben können (energetisch zu ungünstig), vereinen sich sehr rasch zwei Wasserstoffatome zu einem zweiatomigen Wasserstoff-Minimolekül (2 H ---> H2).

Die Aufnahme von Elektronen bezeichnet man auch als Reduktion.

Somit hast du insgesamt eine Rodoxreaktion vor dir, die aus zwei Teilprozessen besteht, nämlich einmal der Oxidation der Magnesiumatome sowie der Reduktion der Wasserstoff-Ionen (die in Form von Oxoniumionen vorliegen). Das Redoxsystem sieht dann folgendermaßen aus:

Oxidationsteilgleichung: Mg ---> Mg2+ + 2 e
Reduktionsteilgleichung: 2 H3O+ + 2 e ---> H2↑ + 2 H2O
-----------------------------------------------------------------------------------------
Redoxgleichung: Mg + 2 H3O+ ---> Mg2+ + H2↑ + 2 H2O

Was noch fehlt, sind die Oxidationsstufen (die Oxidationszahlen). Um die aufstellen und zuordnen zu können, gibt es eine Handvoll Regeln (und drei Hilfsregeln), die man kennen sollte. Diese Regeln lauten:

  • Regel 1: ELEMENTE haben IMMER die Oxidationsstufe 0 (Null).
  • Regel 2: Fluor hat IN VERBINDUNGEN IMMER die Oxidationsstufe –I.
  • Regel 3: Die Summe aller Oxidationsstufen der in einem Teilchen vorkommenden Elementsymbole entspricht der Ladung des betrachteten Teilchens.
  • Regel 4: In Verbindungen mit Atombindungen teilt man die bindenden Elektronenpaare stets dem elektronegativeren Bindungspartner vollständig zu (egal, wie klein die Elektronegativitätsdifferenz auch sein mag).
  • Regel 5: Wenn beide Bindungspartner exakt dieselbe Elektronegativität haben, wird das bindende Elektronenpaar gerecht aufgeteilt und jeder Bindungspartner erhält ein Elektron zugesprochen.
  • Hilfsregel A: Metalle haben in Verbindungen so gut wie immer positive Oxidationsstufen.
  • Hilfsregel B: Wasserstoff hat in Verbindungen fast immer die Oxidationsstufe +I (Ausnahme Metallhydride).
  • Hilfsregel C: Sauerstoff hat in Verbindungen fast immer die Oxidationsstufe –II (Ausnahmen Peroxide oder Fluor-Sauerstoff-Verbindungen).

Wenn du diese Regeln auf dein Beispiel anwendest, ergibt sich folgendes:

Magnesium hat als Metall (elementarer Zustand!) die Oxidationsstufe 0 (siehe Regel 1).

Mg: 0

Als Magnesiumkation (Mg2+) hat es die Oxidationsstufe +II (siehe Regel 3 und Hilfsregel A).

Mg2+: +II

Der Wasserstoff im Oxoniumion (H3O+) hat die Oxidationsstufe +I (siehe Regel 3, Regel 4 und Hilfsregel B).

H im H3O+: +I

Der Sauerstoff im Oxoniumion hat die Oxidationsstufe –II (siehe Regel 3, Regel 4 und Hilfsregel C).

O im H3O+: –II

Der elementare Wasserstoff (H2) hat natürlich wieder die Oxidationsstufe 0 (siehe Regel 1).

H im H2: 0

Der Wasserstoff im Wassermolekül (H2O) hat die Oxidationsstufe +I (siehe Regel 3, Regel 4 und Hilfsregel B).

H im H2O: +I

Und der Sauerstoff im Wassermolekül hat schließlich wieder –II als Oxidationsstufe (siehe Regel 3, Regel 4 und Hilfsregel C).

O im H2O: –II

Alle ablaufenden Prozesse noch einmal im Überblick:

Gesamtreaktion:
Mg (s) + H2SO4 (aq) ---> MgSO4 (aq) + H2 (g)

Schwefelsaure Lösung:
H2SO4 (l) + 2 H2O ---> 2 H3O+ (aq) + SO42– (aq)

Redoxsystem:
Oxidationsteilgleichung: Mg ---> Mg2+ + 2 e
Reduktionsteilgleichung: 2 H3O+ + 2 e ---> H2↑ + 2 H2O
-----------------------------------------------------------------------------------------
Redoxgleichung: Mg + 2 H3O+ ---> Mg2+ + H2↑ + 2 H2O

Soweit so gut...

Was nun die Reaktionsheftigkeit angeht, so veränderst du ja nicht die Konzentration der schwefelsauren Lösung. Das bedeutet, dass die unterschiedliche Heftigkeit der Reaktion allein mit dem jeweils eingesetzten Magnesium zu tun haben muss, verstehst du?

Tja, und worin besteht hier genau der Unterschied? - Eben! Einmal hast du ein Stück Magnesiumband verwendet, das andere Mal Magnesiumpulver. Was ist daran unterschiedlich? Der Zerteilungsgrad. Einmal nimmst du ein einziges Stück, das andere Mal Millionen von pulverartigen Magnesiumkügelchen.

Und nun frage dich selbst: Bei welchem Zerteilungsgrad können die Oxoniumionen besser an möglichst viel Magnesium auf einmal gelangen? Wenn das Magnesium als ein Stück mit einer verhältnismäßig kleinen Oberfläche vorliegt, so dass sich die Säure erst durch die obere Metallschichten fressen muss, bevor sie an darunter liegende Metallschichten kommt?! Oder geht das schneller, wenn es seeehr viele winzig kleine pulverartige Magnesiumkügelchen gibt, die (alle zusammen genommen) eine verhältnismäßig riesige Oberfläche zum Angriff bieten?!

Als letztes sollst du dir noch überlegen, was man noch tun könnte, um die Reaktionsheftigkeit noch weiter steigern zu können.

Eine Möglichkeit wäre, die Menge an Oxoniumionen zu erhöhen. Denn auch hier gilt im Prinzip die gleiche Überlegung wie beim Magnesium zuvor. Was glaubst du, reagiert besser, eine saure Lösung, in der es wenige Oxoniumionen gibt, oder eine saure Lösung mit vielen Oxoniumionen?
Und die Menge an Oxoniumionen kannst du steigern, wenn du die schwefelsaure Lösung stärker konzentrierst, also mehr Schwefelsäure in der gleichen Menge Wasser löst.

Alles klar?

LG von der Waterkant

Dasnichts2 
Fragesteller
 12.10.2021, 22:52

Auch wenn die Antwort von mir etwas spät kommt, vielen, vielen Dank für diese großartige, hilfreiche und ausführliche Antwort!

Das hat mir sehr geholfen :) vielen Dank nochmal :)

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Grundsätzlich reagieren verdünnte Säuren mit unedlen Metallen unter Bildung von Wasserstoff und dem Salz aus Säure und Metall. Wortgleichung:

Metall + verd. Säure reagieren zu Salz und Wasserstoff

Dabei wird immer das unedle Metall oxidiert und der/die Wasserstoff/e der Säure zu elementarem Wasserstoff(gas) reduziert. Die Alkalimetalle der ersten Hauptgruppe des PSE haben ein Valenzelektron, welches sie bei der Reaktion abgeben. Daher sieht die Oxidationsteilgleichung z.B. so aus:

Na --> Na⁺ + e⁻

Das metallische (elementare) Natrium hat wie auch alle Elementverbindungen per Definition die Oxidationszahl +/-0. Nach der Elektronenabgabe hat das Natriumion Na⁺ die OZ +I. Reagiert es nun mit verd. Schweflesäure, werden die Wasserstoffe der Säure reduziert. Für den Anfänger reicht es zu wissen, dass dem Wasserstoff in Verbindungen mit anderen Elementen fast immer die OZ +I zugeordnet wird. Das muss man einfach einmal so hinnehmen und lernen. Die Reduktionsreaktion wäre also:

H⁺ + e⁻ --> H

wobei das e⁻ vom Natrium stammt.

Nun hat die Schwefelsäure H2SO4 zwei acide Wasserstoffe im Molekül. Somit ist die Reduktion zweifach vorhanden:

2 H⁺ + 2 e⁻ --> H2

Da aber das Natrium nur ein Elektron beisteuert, müssen zum Ausgleich für die beiden H auch 2 Na oxidiert werden. Unterm Strich sieht es dann so aus:

2 Na + H2SO4 --> 2 Na⁺+ SO4²⁻+ H2

Jetzt kannst Du ja mal schauen, ob Du das mit Magnesium hinbekommt, wobei Magnesium zwei Valenzelektronen abgibt und zu Mg²⁺ oxidiert wird.

Dasnichts2 
Fragesteller
 29.09.2021, 21:16

Ersteinmal vielen Dank für die Antwort :)

Okay alles klar dann hab ich da schonmal einen Fehler drin! Ich schreibe Mal was ich als ursprüngliche Antwort hatte:

Oxi: Mg ---> Mg²+ + 2e-

Red: So4- + 4e- ---> 2SO²-

Und unterm Strich: 2Mg + SO4²- ----> 2Mg²+ + SO²-

Aber ich habe schon den Fehler gemacht dass ich Depp dass H vergessen habe! Also auf ein neues! Uff...

Aber könnten sie vielleicht grob sagen ob zumindest das Mg stimmt oder ob ich da auch noch einmal drüber schauen sollte?

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Picus48  29.09.2021, 21:22
@Dasnichts2

Die Oxidation des Mg ist korrekt. Das Sulfat wird hier nicht reduziert, nur der Säurewaserstoff. Der sprudelt dann auch recht munter bei der Reaktion. Und beim Pulver umso stärker, weil hier mehr Kontaktfläche durch die feine Verteilung vorhanden ist.

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