Rettungsdienstler: Über welchen Weg seid Ihr in den Rettungsdienst eingestiegen?

3 Antworten

Von Experte iwaniwanowitsch bestätigt

Hi,

Wie seid Ihr in den Rettungsdienst eingestiegen?

In meinem Fall war es tatsächlich das FSJ als "klassisches Entrée" - rückblickend gesehen war das allerdings für mich nicht die beste Wahl aus dem Potpourri der Einstiegsmöglichkeiten.

Der kostenlose RS wird hier schlichtweg dann doch teuer bezahlt - indem man einfach die Arbeit eines hauptamtlichen RS für ein Fünftel bis ein Viertel des üblichen Gehalts verrichtet. Für ein Jahr.

Sofern man nicht den Freiwilligendienst "an sich" braucht, z.B. für den praktischen Teil der Fachhochschulreife oder zum "Punkte sammeln" für ein Medizinstudium bringt dieser relativ wenig Vorteile.

Wie erlangt man am besten die Qualifikation des RettSan, wenn nicht als Selbstzahler? Bildungsgutschein? Über den OV?

Über den Ortsverein ist eine prinzipiell gute Variante, wenn man bereits im Ehrenamt tätig ist - eine entsprechende Mitwirkung im Ehrenamt wird dann allerdings auch vorausgesetzt.

Über den Bildungsgutschein ist ebenfalls eine Variante, die man auch dann wählen kann, wenn man keine größeren Verpflichtungen eingehen möchte - unter der Voraussetzung, dass man ihn bekommt.

Teilweise gibt es auch die Möglichkeit, den RS direkt vom späteren Arbeitgeber finanziert zu bekommen - dann allerdings mit Rückzahlungsvereinbarung oder Verpflichtung. Vorteilhaft hierbei ist, dass man de facto eine Übernahmegarantie nach Bestehen hat und zügig in "Lohn und Brot" kommt. Nachteil ist: Bindung an den Arbeitgeber - und die Möglichkeit ist insgesamt eher rar gesät.

Wenn alles nicht infrage kommt: bleibt der Selbstzahler - die Möglichkeit setzt lediglich die notwendigen finanziellen Rücklagen für Lehrgang und Lebenshaltung für 3 - 4 Monate voraus.

Unterm Strich: jede der Möglichkeiten funktioniert - welche am besten passt, hängt letztendlich von dem vor Ort verfügbaren "Angebot" und den eigenen Wünschen und finanziellen Möglichkeiten ab.

Lohnt sich der RettSan überhaupt?

Die Frage ist: lohnen wofür?

Für den Einstieg in den Rettungsdienst? Auf jeden Fall - vergleichsweise einfach und schnell zu erwerben und perspektivisch eine auch langfristig sichere Beschäftigung.

Um irgendwann den NotSan zu machen? Durchaus - bei vielen Arbeitgebern sind "Qualifikation zum Rettungssanitäter" und "Einsatzerfahrung im Rettungsdienst" die maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; gerade dann, wenn kein "richtiges" Assessment-Center stattfindet.

Karrieretechnisch? Das muss man verneinen - auf dem Rettungssanitäter selbst kann man nur sehr eingeschränkt bis gar nicht aufbauen; "Aufstiegschance" an sich wäre dann die Ausbildung zum NFS.

Bringt es etwas, aus eigener Initiative den C1 Führerschein zu erwerben?

Der Führerschein im Rettungsdienst ist so eine Sache...

In den allermeisten Rettungsdienstbereichen sind nur noch "schwere" RTWs mit zGM > 3,5 t unterwegs (oder werden angeschafft). Hier benötigt man zwingend den Führerschein Klasse C1, um auch in der Notfallrettung eingesetzt werden zu können.

Da die Arbeitgeber auf eine möglichst breite Einsatzmöglichkeit Wert legen, ist er eine de facto-Voraussetzung.

Teilweise ist er eine Einstellungsvoraussetzung (und muss generell auf eigene Kosten vorher erworben werden), teilweise wird er von den Arbeitgebern finanziert und man muss ihn zu einem bestimmten Zeitpunkt vorweisen können - oft Ende der Probezeit. Hier lohnt sich eine Nachfrage!

Grundsatzüberlegung: Du bist Leiter Rettungsdienst, hast eine RS-Stelle zu besetzen und zwei gleichqualifizierte Bewerber - einer mit C1-Führerschein, einer ohne. Wen würdest Du wählen?

Denjenigen, der den Führerschein schon hat - oder denjenigen, dem Du den Führerschein erst noch bezahlen musst?

Gerade im Bereich der Rettungssanitäter mit weniger extremen Bedarf kann das das Zünglein an der Waage sein. Man sollte sich zumindest überlegen (wenn finanzierbar), den Führerschein Klasse C1 selbst vorab zu erwerben.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent
esketamin19 
Fragesteller
 27.06.2022, 14:19

Ich danke Dir sehr! Wirklich super ausführlich und meine Fragen sind alle beantwortet.

1

Kurz vorweg: Ich war erst im FSJ im Rettungsdienst, dann ehrenamtlich als RS, hauptsächlich KTW und NEF.

Also ich bin damals über das FSJ eingestiegen und so wie ich das beurteilen kann, waren da auch ausreichend Plätze verfügbar für die Bewerber (ist ja auch eine günstige Arbeitskraft).

Dort hab ich erst den RDH, dann darauf aufbauend den RS gemacht - beides wurde vom KV bezahlt.

Ob sich der RS wirklich lohnt, wenn du eh eine Ausbildung zum NfS machen willst, kann ich nicht sagen (beim RDH zum RS konnte man zumindest Teile wie die Theorie anrechnen lassen, da war das durchaus hilfreich).

Bringt es etwas, aus eigener Initiative den C1 Führerschein zu erwerben?

Der würde dich dann eben was kosten. In unserem KV wurde eine Fahrerlaubnis-Ausbildung angeboten, die dann nur zum Fahren eines RTW zu Arbeitszeiten gilt. Erkundige dich mal, evtl. gibt's das bei euch auch, dann sparst du dir Geld.

esketamin19 
Fragesteller
 27.06.2022, 14:23

Danke für Deine Antwort! :) Meinst Du den Feuerwehrführerschein? Wenn ja, es war sogar mal eine Überlegung aber ich mache dennoch lieber gleich den C1, der gilt so oder so auch für meine privaten Zwecke.

0

Hallo erstmal,

ja fangen wir mal an wie ich in den RD gekommen bin.
Ich hab damals als kleiner FSJler in einer Großstadt im Hausnotruf und Medizinischen Transportdienst angefangen. Innerhalb der ersten zwei Wochen haben wir alle den Rettungshelfer NRW bekommen. Während meines FSJ hab ich relativ schnell gemerkt das ich Spaß an der Blaulichtfamilie hab und auch weiter machen möchte. Nach dem FSJ hab ich erstmal bei einer privaten Firma im Krankentransport gearbeitet. Dort hatte es mir allerdings ziemlich schnell überhaupt nicht gefallen und bin dann als Hauptamtlicher wieder zurück in den Hausnotruf einer Hilfsorganisation gewechselt. Dort hab ich mich langsam hochgearbeitet und hab meinen RS und den C1 Führerschein bezahlt bekommen. Nach dieser Qualifikation bin ich innerhalb dieser HiOrg in die Leitstelle für den Hausnotruf und MTD gewechselt. Als man die Leitstelle irgendwann dicht gemacht hatte bin ich dann wieder zurück in den Krankentransport bzw. Auf den RTW gewechselt 50/50 Verhältnis.
Wenn man so meinen Weg liest sieht man ich musste für keine Qualifikation oder den Führerschein einen Euro aufwenden. Daher würde ich es an deiner Stelle tatsächlich doch mit einem FSJ versuchen den Einstieg zu wagen. Das ist ein super geiles Jahr und es zeigt dir auch ob du das wirklich möchtest. Wenn du Glück hast bekommst du deine erste Qualifikation auch noch gratis und ein FSJ macht sich immer super im Lebenslauf.

Noch viel Glück dir!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
esketamin19 
Fragesteller
 02.07.2022, 09:19

Danke, und danke für Deine Antwort! Dein Weg ist sehr interessant... Ich hatte mich bereits über ein FSJ informiert und auch Beratungsgespräche gehabt, doch im Endeffekt ist es wahrscheinlich die Tatsache, dass ich nicht nur positives gehört habe und die finanzielle Lage während dem FSJ ein wenig kritisch für mich sein würde. Dann mache ich lieber den RettSan auf eigene Faust, wahrscheinlich über einen Bildungsgutschein, den C1 mache ich so oder so auf eigene Faust, und arbeite dann im besten Fall relativ schnell, anstatt einem FSJ, wo die Bezahlung geringer ausfällt. Es wird sich alles zeigen, wie, wo, wann...

1