Rettungsdienst oder (Fach)Krankenpfleger?

4 Antworten

Hi,

Lohnt es sich für mich noch eine zweite Ausbildung als Notfallsanitäter abzuschließen ? Oder wäre es sinniger die Fachweiterbildung Intensiv/Anästhesie zu machen und mich mit dieser auf Stellen für Intensivtransporte zu bewerben ?

Die Fragestellung sollte man aus mehreren Blickwinkeln beleuchten...

Thema Gehalt

Gehaltstechnisch wirst Du dich definitiv verschlechtern - einfach, weil Du als "frischer" NFS wieder Berufseinsteiger bist und entsprechend eingruppiert wirst. Erfahrungsstufen als Pflegefachkraft werden nicht angerechnet.

In der Hinsicht wird sich die NFS-Ausbildung für dich schlichtweg nicht lohnen, gehaltstechnisch wirst Du zeitlebens "hinterherhinken" - und dann kommt eben noch die Ausbildungszeit mit deutlich niedrigeren Ausbildungsentgelt dazu.

Thema Abwechslung

Auch im Rettungsdienst ist ein erheblicher Teil der Arbeit Routine - Ausnahmesituationen sind auch hier Ausnahmesituationen, wobei diese dann tatsächlich etwas vielfältiger sind, als in der Klinik.

"Jeden Tag etwas neues" kann man also nur teilweise bestätigen.

Thema Arbeitsumfeld & Arbeitsbelastung

Die Arbeitsbelastung wird definitiv gänzlich anders sein als in der Pflege. Heißt: vor allem ungleichmäßiger und wesentlich stärker wechselnd. Stunden voller Langeweile, Minuten voller Stress und Sekunden voller Angst wechseln sich bisweilen fünf- bis sechsmal pro Schicht ab - das muss man wollen.

"Von Null auf Hundert auf Null" kann auf Dauer durchaus zermürbend sein, im Gegensatz zur Klinik ist man Wind und Wetter ausgeliefert und hat keinen wirklich planbaren Feierabend.

Einsatz im Intensivtransport

Die Besetzung der Rettungsmittel im Intensivtransport ist - wie sonst auch im Rettungsdienst - länderabhängig, wie Rollerfreake bereits gesagt hat.

In aller Regel werden NFS mit Zusatzqualifikation (z.B. DIVI-Intensivtransportkurs) eingesetzt, seltener begleiten auch Fachkrankenpfleger die Transporte.

Der Haken dabei: so etwas gibt es nicht als Vollzeitstelle. Entweder wird man in der übrigen Zeit normal im Rettungsdienst oder eben auf Station eingesetzt - "reine" ITW sind eher selten, oftmals sind es auch Dual-Use-ITW (so bei uns), die im Alltag als normaler RTW eingesetzt werden.

Und: niemand von denen, die regelmäßig Intensivtransporte fahren, mag diese Tätigkeit wirklich (Erfahrungsberichte). Quintessenz: aufwendig, im besten Fall langweilig, und wenn dann tatsächlich interessante Medizin betrieben wird, einfach nur anstrengend.

HEMS/Luftrettung

Einer der wenigen Bereiche, in denen selbst erfahrene und weit überdurchschnittliche NFS Schlange stehen. Als Berufseinsteiger ist die Chance hier gleich Null.

Hier kann man an realistische Chancen denken, wenn man neben dem NFS mal fünf Jahre Berufserfahrung, alle möglichen Buchstabenkurse und Zusatzqualifikationen hat - und selbst dann braucht man meist etwas Vitamin B. Und Glück.

Fazit

Unterm Strich wirst Du meines Erachtens - gerade auch langfristig und für's höhere Lebensalter gesehen - besser fahren, wenn Du hauptberuflich in der Pflege bleibst.

Die Chance, dort bis zur Rente arbeiten zu können, ist wesentlich höher; finanziell wirst Du als Fachpfleger auch besser dastehen als im Rettungsdienst.

Der Einsatzbereich gefällt dir nicht? Warum nicht wechseln? Anästhesie fand ich z.B. interessant, oder die Notaufnahme, oder in einen entsprechenden Funktionsbereich, wenn es kein Stationsalltag sein soll.

Und zur Abwechslung kannst Du immer noch ehrenamtlich hin und wieder mal im Rettungsdienst fahren.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent
MarcInbane 
Fragesteller
 31.01.2021, 16:24

Danke für die ausführliche Antwort :)

Ja ich denke ich werde in nächster Zeit erstmal eine Stelle in der Anästhesie anpeilen und dann mal schauen ob sich nebenberuflich noch was ergibt.

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Bist du sicher, dass du die NFS Ausbildung komplett durchlaufen musst, wenn du bereits ausgebildeter RS bist? Da gibt es doch bestimmt Weiterbildungsmöglichkeiten, die auf die Unterschiede der ansonsten weit überlappenden Berufe fokussieren. Oder?

MarcInbane 
Fragesteller
 28.01.2021, 14:27

Hey, ja leider schon. Das ging früher mal beim RA, jetzt für den NFS müsste in meinem Bundesland (NRW) sogar die vollen 3 Jahre machen, es wird leider nichts nennenswertes anerkannt. Einzig und alleine in Niedersachsen besteht eine geringe Möglichkeit nach Ermessen der zuständigen Behörde auf 2 Jahre verkürzen zu können.

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14905403  28.01.2021, 14:31

Der RS ist keine Ausbildung, sondern eine Qualifikation. Auch wenn jemand schon seit 20 Jahren RS ist muss er die gesamte Ausbildung durchlaufen.

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FloraFinia17  29.01.2021, 10:00

Nein da gibt es keine Weiterbildungsmöglichkeiten. Es gibt keine Zwischenstufe zwischen RS und NFS. Jeder RS muss die komplette NFS Ausbildung durchlaufen und häufig wird man gar nicht erst ausgebildet, wenn man nicht schon seit 1-2 Jahren als RS im Rettungsdienst fährt oder eventuell schon andere medizinische Qualifikationen wie der FS vorzuweisen hat.

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Ich kann dir leider kein Rat geben.

Aber ich möchte dir für deine Dienste an die Allgemeinheit danken. Passiert viel zu selten dass Menschen wie du den Respekt und die Anerkennung bekommen wie sie verdienen.

MarcInbane 
Fragesteller
 28.01.2021, 14:28

Viele Dank, sehr nett von dir :)

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Die Besatzung von Intensivtransportwagen, ist ja genauso wie die anderer Rettungsmittel durch Landesrecht geregelt, in manchen Bundesländern, sind es Notfallsanitäter (ehemals Rettungsassistenten), häufig mit einer zusätzlichen Schulung für Intensivtransporte, in anderen Bundesländern, ist wiederum explizit ein Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie für diese Aufgabe Vorschrift.

Ich gehe davon aus, dass eine reine Tätigkeit im Intensivtransport ausgeschlossen sein dürfte, bist du Notfallsanitäter oder Fachkrankenpfleger, so nimmst du diese Aufgabe zusätzlich zum "alltäglichen Dienst" wahr und bist ansonsten im Regel- Rettungsdienst bzw. in den klinischen Fachabteilungen beschäftigt. Wenn es der Notfallsanitäter sein soll, so kannst du eher nicht von einer Anerkennung ausgehen, vom Rettungssanitäter, wird weder die Qualifikation noch eine Berufserfahrung angerechnet, von Krankenpflegern weiß man, dass diese lediglich die 80 Stunden auf der allgemeinen Pflegestation nach Anlage 3 NotSanAPrV anerkannt bekommen haben, sonst aber nicht's und somit der bürografische Aufwand einer Anerkennung den zeitlichen Nutzen überschritten hat. Du müsstest dich also auf die volle, dreijährige Berufsausbildung zum Notfallsanitäter einstellen. Vereinzelt soll es aber Hilfsorganisationen geben, die während der Ausbildung RS- Gehalt bezahlen, erkundige dich mal zu den Voraussetzungen.

Luftrettung, geht nicht ohne NotSan zu sein, hier wird aber auch eine mehrjährige Berufserfahrung im bodengebundenen Rettungsdienst als NotSan vorausgesetzt, Rücktransporte aus dem Ausland, sind hingegen bei manchen Arbeitgebern als RS möglich, habe ich zum Beispiel auch mal gemacht, hat mir aber im Gegensatz zu dir überhaupt gar nicht gefallen aber es war mit der Qualifikation als RS möglich, allerdings, war der Lohn in diesem Unternehmen misserabel, da verdiene ich jetzt deutlich besser.

Mfg.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.
MarcInbane 
Fragesteller
 28.01.2021, 15:28

Danke dir schonmal für die Informationen.

Ja das mit der Anerkennung habe ich mir schon gedacht, habe letztlich nur von Niedersachsen gelesen, Dort könnte man ggf. mit dem Examen der Krankenpflege auf 2 Jahre verkürzen.

Bleibt mir noch die Frage ob sich der Schritt lohnt, nochmal 3 Jahre Ausbildung auf sich zu nehmen..

Habe halt Bedenken dass ich nachher schlechter darstehe als jetzt in der Pflege..

Wie würdest du denn die Situation im RD beschreiben ? Lohnt es sich deiner Meinung nach oder doch lieber in der Pflege bleiben ?

Gibt es überhaupt realistische Chancen in Nischenjobs wie Hems etc. reinzukommen oder ist das eher unrealistisch?

Mache mir echt viele Gedanken.

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Rollerfreake  28.01.2021, 21:06
@MarcInbane

Ob es sich lohnt, dass musst du alleine entscheiden, ganz für dich, diese Entscheidung, kann dir niemand abnehmen!. Die Pflegeausbildung geht dir ja nicht verloren, du könntest jederzeit wieder in die Pflege zurückkehren. HEMS erfordert halt eine mehrjährige Berufserfahrung im bodengebundenen Rettungsdienst, du bist 27 Jahre alt, Ausbildung drei Jahre, du wärst mit 30/31 Jahren damit fertig, dann kannst du mit fünf Jahren im bodengebundenen Rettungsdienst rechnen, bevor du eine realistische Chance hast, wärst also 35 Jahre alt und ob es überhaupt klappt, dass ist ungewiss. Wenn der bodengebundene Rettungsdienst also nicht mehr "dein Ding" ist, dann würde ich nicht den NotSan machen aber dass wäre meine ganz persönliche Entscheidung. Mfg.

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